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Arbeit - Leben - Glueck

Arbeit - Leben - Glueck

Titel: Arbeit - Leben - Glueck
Autoren: Gina Schulze
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genannten Nachbarschaftshilfe. »Hilfst du mir, helfe ich dir«, lautet das Prinzip. Solche Formen der Tausch- und Naturalwirtschaft gehören zu unserem kulturellen Erbe, und auch der Wunsch, etwas selbst zu machen, statt es zu kaufen, ist offenbar nicht aus der Welt zu schaffen.
     
    Nach diesem Überblick über die verschiedenen Sektoren der Schattenwirtschaft geht es in den nächsten beiden Abschnitten nur noch um Schwarzarbeit, Nachbarschaftshilfe und Eigenarbeit. Sie stehen immer wieder in der Kritik, obwohl sie im Vergleich zum organisierten Verbrechen relativ harmlos sind.
    Schwarzarbeit: von ordnungswidrig bis kriminell
    Schattenwirtschaft als Ganzes ist eine Wachstumsbranche, aber auch die Schwarzarbeit als ein Teil davon. Gerade in Deutschland gewinnt sie immer mehr an Bedeutung. Reguläre Arbeitswelten stagnieren, nur die Schwarzarbeit wächst und wächst. Erst seit der neuen Mini-Job-Regelung ist ein leichter Rückgang zu beobachten. Nach Berechnungen des Tübinger Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) wurden im Jahr 2004 rund 15   Prozent des deutschen |224| Bruttoinlandsprodukts illegal erwirtschaftet, das waren ungefähr 364   Milliarden Euro. Der Journalist Gabor Steingart errechnete in seinem Buch
Deutschland, Abstieg eines Superstars,
dass mit dem völligen Verschwinden illegal geleisteter Arbeit rund 5,5   Millionen reguläre Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.
    Auf der Angebotsseite unterscheidet man zwei Arten von Schwarzarbeit: Da ist einmal die berüchtigte Arbeiterkolonne aus dem Osten, also die gewerbsmäßig organisierte Schwarzarbeit in großem Stil, und da ist zum anderen der nette Kerl von nebenan, der auf privater Basis arbeitet.
    Die Vermittlung von ausländischen Arbeitern ohne Arbeitsgenehmigung und unter Umgehung sämtlicher Bestimmungen ist eine Straftat. Gleich mehrere Gesetze werden übertreten: Arbeiten ohne Arbeitserlaubnis, Unterschreiten der ortsüblichen Löhne, Ausübung eines nicht angemeldeten Gewerbes, Betreiben eines Handwerks außerhalb der Handwerksordnung, Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen, Steuerhinterziehung.
    Wer aber nur gelegentlich für ein paar Euro eine Waschmaschine repariert, begeht allenfalls eine Ordnungswidrigkeit. Hier gibt es eine riesige Grauzone und der Gesetzgeber kann unmöglich jede Form der Schwarzarbeit unter Strafe stellen. Erstens würden ihm die Mittel fehlen, das zu kontrollieren: Umfragen zufolge haben über die Hälfte aller Erwerbspersonen schon einmal schwarzgearbeitet. Strengere Gesetze, die auch gelegentliche Schwarzarbeit unter Strafe stellen, würden große Teile der Bevölkerung zu Kleinverbrechern abstempeln. Also darf man auch weiterhin Waschmaschinen reparieren, Wohnungen renovieren oder auf kleine Kinder aufpassen, ohne sich großartig strafbar zu machen. Man begeht eine Ordnungswidrigkeit, mehr nicht. Jeder Aufwand, solche Bagatellvergehen zu ahnden, würde den geringen Nutzen, den man daraus ziehen könnte, sofort verschlingen. Erst, wenn ein Schwarzarbeiter regelmäßig seine |225| Dienste anbietet, mit Inseraten auf sich aufmerksam macht und mit seinen Aktivitäten eine deutliche Gewinnabsicht verfolgt, macht er sich strafbar. Er muss mit erheblichen Geldbußen rechnen und kann sogar mit Gefängnis bestraft werden.
     
    Die Arbeiterkolonne aus dem Osten hat kaum unsere Sympathie, aber der nette Kerl von nebenan, der sich nach Feierabend ein paar Mark dazuverdient, hat sie durchaus. Warum ist das so? Viele von uns kennen so einen netten Kerl persönlich. Er ist ein grundsolider Typ und abgesehen von dem bisschen Schwarzarbeit ein gesetzestreuer Bürger. Es ist einfach für uns, sich in seine Lage zu versetzen. Viele von uns denken: Ja, er hat Recht. Soll er doch machen, solange er sich nicht erwischen lässt. Wie kann er sonst sein Häuschen abbezahlen? Oder ein neues Auto kaufen? Soll er sich etwa kein Haus bauen und zu Fuß gehen? Ohne seinen Zusatzverdienst würden in der regulären Wirtschaft doch noch mehr Leute keine Geschäfte mehr machen. Schwarzarbeiter kaufen Autos, bauen Eigenheime und können ihre Zahnarztrechnung bezahlen. Normalverdiener können das oft nicht. Ein Schwarzarbeiter schafft etwas an, das er sich sonst nicht leisten kann. Und von dem ergaunerten Konsum haben doch schließlich alle etwas: die reguläre Wirtschaft, die weiterhin ihre Produkte loswird, die Arbeitnehmer, die ihre Jobs behalten, wenn die Geschäfte florieren, und der Staat, der weniger Arbeitslose zu
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