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Arbeit - Leben - Glueck

Arbeit - Leben - Glueck

Titel: Arbeit - Leben - Glueck
Autoren: Gina Schulze
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kleine Ausschnitte. Das ganze Ausmaß dieser Welt ist unbekannt. Die Informationen sind mager, alle Zahlen nur Schätzwerte. Auch in dieser Parallelwelt werden Gesetze übertreten. Von der einfachen Ordnungswidrigkeit bis hin zum schweren Rechtsbruch wird alles geboten.
    |221| Schattenwelt mit vielen Gesichtern   – ein Überblick
    Wer die Schattenwirtschaft untersucht, trifft zunächst auf ihre Schokoladenseite. Kaum verborgen tummeln sich dort fleißige Handwerker, die armen Rentnern günstig die Waschmaschine reparieren. Oder grundsolide Hausfrauen, die sich unter der Hand ein paar Mark verdienen, damit die Familie im nächsten Sommer mal in Urlaub fahren kann. Sie alle leisten Schwarzarbeit und das ist verboten. Der Rechtsbruch hat jedoch einen Hauch Romantik, gewürzt mit einer Prise Rebellentum. »Arbeit ist die letzte Kraft der Subversion«   – so brachte es einmal die Modeschöpferin Vivienne Westwood auf den Punkt.
    Tief im Dickicht dieser Welt begegnet man ganz anderen Leuten. Sie handeln mit Menschen, Kinderpornos, Sprengstoff, Waffen und Drogen. Sie liefern alles, sei es noch so gemein und unmenschlich. In diesem Teil der Schattenwirtschaft wird es dem friedliebenden Betrachter kotzübel. Romantik? Rebellentum? Nein. Hier beginnt eine grausame Welt, die weder Sympathie noch Rechtfertigung verdient. Je tiefer man vordringt, umso schmutziger wird das Geld, das hier verdient wird. Die Wirtschaftsexpertin Loretta Napoleoni schätzt in ihrem Buch
Die Ökonomie des Terrors,
dass 5   Prozent von allem, was die Weltbewohner gegenwärtig erwirtschaften, mit Terrorismus zu tun hat   – also mit Bombenanschlägen, Attentaten und den so genannten Befreiungsarmeen, die in Afrika und Südamerika ihrem Handwerk nachgehen. 5   Prozent des Weltbruttosozialprodukts   – das waren allein im Jahr 2004 rund 2000   Milliarden Dollar Blutgeld.
     
    Früher oder später wird jeder Ausflug in die Schattenwirtschaft zum Horrortrip. Man will sofort nach Hause. Dorthin, wo es mit rechten Dingen zugeht und wo man sich unter |222| anderem deshalb wohl fühlt, weil Frieden herrscht und die Gesetze respektiert werden. Weitgehend friedlich und ordnungsgemäß geht es seit vielen Jahren in Deutschland zu. Das heißt nicht, dass es hier kein organisiertes Verbrechen gäbe. Es heißt nur, dass das öffentliche Leben selten darunter leidet. Es gibt keine Freiheitskämpfer, die in Wahrheit nur Mord und Totschlag im Sinn haben, es gibt kaum Bandenkriege und auch das Drogenmilieu ist im Vergleich zu anderen Ländern wenig auffällig. Wir sind so friedliebend, dass wir sogar in dem zweifelhaften Ruf stehen, ein Ruheraum und Vorbereitungsland für Terroristen aus aller Welt zu sein.
    Weil bei uns die Welt einigermaßen in Ordnung ist, bleibt das organisierte Verbrechen außen vor, wenn Experten über das jährliche Wachstum unserer Schattenwirtschaft spekulieren. Ihre Zahlen basieren alle auf dem so genannten »Bargeldnachfrageansatz« und der lässt sich auf das organisierte Verbrechen gar nicht anwenden. Der Mafioso, der Drogendealer, der Terrorist spaziert nicht in eine Bank und hebt dort Geld ab, um seine Geschäfte abzuwickeln. Das tun nur Privatleute, die ihrem Schwarzarbeiter den Lohn bar auf die Hand auszahlen, damit das Finanzamt bei einer Kontenprüfung nicht dahinterkommt. Der organisierte Verbrecher würde die Bank entweder überfallen oder den bargeldlosen Zahlungsverkehr wählen. Oft besteht in der Welt des organisierten Verbrechens auch das umgekehrte Problem: Illegal verdientes Bargeld muss »gewaschen« werden, wie es in der Ganovensprache heißt, und fließt dann in den regulären Geldverkehr ein. Dieses Geld wird nicht nachgefragt, sondern »angeboten« und dann in legales Geld umgewandelt.
     
    Unsere Schattenwirtschaft hat sogar eine völlig legale Seite und das ist die so genannte »Eigenarbeit«. Wer sich eine Jacke näht, braucht sich keine zu kaufen. Wer seinen Garten pflegt, braucht keinen Gärtner. Wer selbst kocht, braucht nicht essen zu gehen. Auch wenn die industrielle Moderne |223| darauf abzielt, uns Tütensuppen, Einheitsmöbel und Kleider von der Stange anzudrehen   – viele Menschen wollen es offenbar anders. Und wer dazu noch Freunde und Verwandte hat, die ihm beim Umzug, beim Renovieren oder beim Hausbau zur Hand gehen, der macht noch mehr kommerzielle Dienstleistungen überflüssig. Vor allem Malerbetriebe, Raumgestalter, Umzugsfirmen, Maurer, Tapezierer und Fußbodenleger leiden unter der so
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