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0695 - Hexentod

0695 - Hexentod

Titel: 0695 - Hexentod
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Es war so einfach gewesen, fast zu einfach. Im aufgespannten Zustand konnte selbst Baba Yaga die Informationen des Teppichs lesen, wenngleich es ihr Probleme bereitete, die einzelnen Schicksalsfäden, aus denen der gesamte Teppich geknüpft war, auseinander zu halten und nicht versehendlich im Verlauf des Lesens zu einem falschen Faden zu wechseln.
    Doch jetzt… jetzt wusste sie, dass die Mühen der vergangenen Zeit sich gelohnt hatten, dass sie das Richtige getan hatte. Aber noch vieles lag vor ihr, das zu tun war, bis sie ihr Ziel endlich erreichte und ihre Tochter fand.
    Ihre andere Tochter - nicht jene Neugeborene, die sie in den Armen hielt und zärtlich umsorgte. Niemand, der russischen Hexe jemals begegnet war, hätte sich je vorstellen können, zu welch liebevoller Hingabe sie fähig war. Sie, die skrupellos wütete und zerstörte, was ihrer Hütte und ihrem mörderischen Reit-Ofen vor die Hühnerbeine kam.
    »So einfach«, flüsterte sie und starrte den Teppich an.
    Als er auf dem Boden lag, hatte sie nichts aus ihm heraus lesen können. Dazu musste er aufgespannt sein, musste hängen - schließlich war er ein Wandteppich und kein Bodenbelag. Aber in ihrer Hütte hatte Yaga keinen Platz dafür gefunden. Die Höhle der Thessalischen Hexen aber war groß genug…
    Zwei der Hexen sahen zu ihr herüber. »Du weißt jetzt, was zu tun ist, um deine Tochter zu finden und zu befreien ?«
    Yaga nickte langsam. Sie lächelte, aber es war ein Lächeln, das keine Erleichterung zeigte. Denn sie wusste, was sie am Ende dieses Weges erwartete: Der Tod.
    »Erstens benötigst du das Herz des Lachenden Todes, damit er gezwungen werden kann, uns zu Diensten zu sein«, sagte eine der Hexen.
    »Diese Aufgabe kann die Fürstin der Finsternis ausführen«, sagte die zweite.
    »Stygia?«, wunderte Yaga sich. »Warum ausgerechnet sie? Wer kann ihr trauen?«
    »Sie hat ihm schon einmal widerstanden. Sie kennt ihn«, sagte die dritte Hexe.
    »Er sie aber auch«, warnte Yaga. »Er wird sie kein zweites Mal ziehen lassen. Schon gar nicht, wenn sie sein Herz will! Immerhin will er ihres!«
    »Woher weißt du das, Schwester?«
    Yaga lachte kalt. »Ich weiß zwar nicht alles, aber sehr vieles. Und ich bin nicht sehr erbaut davon, mich ausgerechnet auf Stygias Hilfe verlassen zu müssen.«
    »Was bleibt dir anderes übrig? Willst du dich selbst dem Lachenden Tod stellen?«
    Langsam schüttelte die russische Märchenhexe den Kopf.
    Das Risiko war zu groß, angesichts des Kindes auf ihrem Arm. Schon die Puppenspielerin hatte ihr ihre Grenzen aufgezeigt. Ob sie dem Lachenden Tod widerstehen konnte, erschien ihr eher fraglich; immerhin war sie immer noch durch die Geburt ihres Kindes geschwächt. Ohne die Hilfe der Thessalischen Hexen wäre sie von der Puppenspielerin getötet worden. [1]
    »Dann ist es entschieden«, sagte die erste der Hexen. »Du weißt, was ebenfalls geschehen muss: Merlin muss gefunden und gefangen genommen werden. Wir helfen dir, Schwester, ihn hierher nach Kreta zu bringen. Was ansonsten mit ihm und überhaupt hier geschehen wird, weißt du, nachdem du die Bilder des Teppichs und die Schicksalsfäden gesehen hast.«
    Yaga nickte.
    Das Kind, dachte sie. Meine Tochter muss frei werden, aber dieses Kind ist ebenfalls meine Tochter - es ist noch zu früh… viel zu früh…
    »So werden wir denn Stygia hierher rufen«, beschlossen die Thessalischen Hexen.
    ***
    Zamorra in Paris verhaftet, keine Kaution… Nicole Duval war wie erschlagen. Der Anruf des Rechtsanwalts Raul Gaultier schockierte sie. Was zum Teufel war da passiert?
    Die Odinsson-Akt en!
    Natürlich, sie hatten damit rechnen müssen, dass es irgendwann, nach all den Jahren, noch einmal ein Echo dieser längst vergangenen Epoche geben würde. Der mittlerweile längst in der Hölle der Unsterblichen glühende Torre Gerret alias Odinsson hatte jahrelang versucht, Zamorra zu schaden, ihn auf juristischer Ebene zu vernichten, als Rache für den Tod seines Sohnes Balder Odinsson, für den er die Schuld Zamorra zuschob. Gerret hatte sich unter dem Namen Odinsson als Interpol-Agent legitimiert, hatte penibel alle »ungeklärten Fälle« gesammelt, mit denen Zamorra in Zusammenhang gebracht werden konnte.
    Natürlich war das alles Schnee von gestern, aber in irgendwelchen Provinznestern mochten die Odinsson-Akten, obgleich von Interpol längst zurückgezogen, immer noch offen sein. Aber ausgerechnet in Paris?
    »Eher in Süd-Nordostmaghrebinien«, murmelte Nicole
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