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Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera
Autoren: Hans Kneifel
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durchdrückten.
    »Junger Freund«, sagte er, »ich habe ein gutes Herz. Aber ich bin nur der vierte Mann an Bord, nach dem Kapitän. Dieser Kapitän hat ein Herz aus vergütetem Stahl. Er sagt, wenn wir auf jedes dieser Angebote bisher eingegangen wären, müßten wir einen Truppentransporter fliegen und keinen Handelsraumer. Es tut mit wirklich leid.«
    Mit letzter Beherrschung fragte Stapen:
    »Und wenn ich zum Kapitän ginge? Ist denn wirklich nichts mehr zu machen?«
    Kopfschüttelnd erwiderte der Navigator:
    »Nein. Sie sind nicht der erste, den wir zurückweisen. Und sicher nicht der letzte. Der Skipper ist habgierig – haben Sie vielleicht einen Ring, Edelmetall, Wertgegenstände?«
    »Säßen wir dann hier?« erwiderte Stapen voller Bitterkeit. »Nun, danke.«
    Der Navigator sah sich um und hielt dann Stapen am Gürtel fest, indem er einen Finger darum hakte.
    »Was brauchen Sie?« fragte er.
    »Das Geld für zwei Passagen bis Terra.«
    »Also unter ungünstigsten Umständen zweimal viertausend Credits. Ich könnte Ihnen eintausend borgen. Nicht mehr.«
    Stapen senkte den Kopf.
    »Danke«, sagte er. »Danke, wirklich. Aber dieses Schiff hat leider nicht sieben weitere Navigatoren.«
    »Wohl kaum. Warten Sie hier! Raucher?«
    Stapen nickte. Der Navigator rannte ins Schiff und kam wieder auf Stapen zugelaufen. Er drückte ihm eine Stange Zigaretten in die Hand, eine Flasche teuren Alkohols und hundertfünfzig Credits in zerknitterten Scheinen.
    »Hauen Sie ab! Wenn mich der Alte sieht, leiste ich Ihnen Gesellschaft. Vielleicht hilft es Ihnen weiter!«
    Stapen drückte die Hand des Mannes und schied voller Hochachtung und Dankbarkeit gegenüber dem Navigator der ANTARES NOVA. Aber das brachte sie nicht von Baudelaire fort. Das nicht, obwohl sie an diesem Abend an Bord ein kleines Festessen hielten, das aus teurem Wein und gegrilltem Fleisch und Alkohol bestand.
    Am zweiundzwanzigsten Tag holte sich Stapen die einundvierzigste Abfuhr. Die Händler schienen entweder mit solchen Passagieren die schlechtesten Erfahrungen gemacht zu haben – oder sie waren starrköpfig wie Roboter. Zu diesem Zeitpunkt besaßen sie noch fünfzehn Credits, einen leeren Koffer von Amaryl, einen letzten Hosenanzug mit Schuhen und Tasche, und ihre Papiere.
    Sie waren nunmehr endgültig bankrott.
    Gegen Abend stieß der Bug einer alten Barkasse an die Bordwand des Schiffes. Eine laute Stimme schrie:
    »Stapen! Sind Sie hier?«
    Stapen drückte die Hand des Mädchens und rief zur Luke hinaus:
    »Ja! Ich komme an Deck!«
    Er schlang einen Knoten in das Tau, das die Hose hielt und setzte sich neben den Pfosten der Reling.
    »Hier bin ich!« sagte er.
    Der Mann, der hochaufgerichtet im Heck der Motorbarkasse stand und sich am Flaggstock festhielt, sagte:
    »Wollen Sie eine halbe Million Credits verdienen?«
    Stapen schwieg. Nach einer Weile fragte er:
    »Sie kennen die Antwort. Aber ich töte niemanden. So heruntergekommen bin ich noch nicht.«
    »Das ist nicht nötig. Sie sind interessiert?«
    »Blöde Frage. Natürlich.«
    »Dann holen Sie das Mädchen und steigen Sie um. Ein Matrose kann diesen Schrott hier zurückbringen.«
    Amarylis hatte mitgehört; der Mann hatte laut genug gebrüllt. Sie stand schon an Deck. Im Badeanzug, den leichten Koffer in der Hand. Es war ein Bild, das Stapen den Hals abschnürte. Nacheinander kletterten sie die Strickleiter hinunter. Ein Matrose der Kriegsmarine Baudelaires enterte das Wrack und stieß die Barkasse ab, die mit den Hämmern eines uralten Explosionsmotors Kurs auf die wenigen Lichter am fernen Ufer nahm.
    Stapen schüttelte den Kopf und sagte:
    »Sie müssen verrückt sein. Warum tun Sie das? Was interessiert Sie heute noch Cythera Minor? «
    »Erstens geht Sie das nichts an. Und zweitens: je weniger Sie wissen, desto besser für Sie, Stapen Crau.«
    Der Mann, der Stapen gegenübersaß, schien aus einem Krankenhaus geflohen zu sein. Seine Haut war gelb und spannte sich wie dünngeschabtes Leder über den Knochen. Die ausgewaschene Uniform hing an ihm herunter wie an einer Stange. Er hatte große, brennende Augen und einen großen Schädel, auf dem eine Art weißer Schimmelpilz zu wachsen schien. Wenn er Luft holte, klang es, als blase jemand auf einer mißgestimmten Querflöte. Er sprach scharf abgehackt. Während der Mann in der Uniform der Raumpioniere Baudelaires zu Stapen redete, preßte er die Fingerspitzen beider Hände gegeneinander.
    »Gut. Das sehe ich ein. Was habe ich zu
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