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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe
Autoren: Michael Tietz
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trugen auch die drei Jungen dunkle Kleider, Rufus hätte sich nicht einmal umziehen müssen.
    Hasso lief mal unter dem Sarg, mal vornweg. Oder er blieb einfach am Wegrand stehen, schnüffelte und – weg mit der ganzen Etikette – hob ein Bein. Timi rannte dann zu seinem Hund, schämte sich ein ganz klein wenig für dessen Manieren und flüsterte ihm Befehle zu, die dieser ignorierte. Aber Hasso wusste inzwischen, dass Timi sein neues, wenn auch recht klein geratenes Herrchen sein musste, und lief der Form halber ein paar Schritte neben diesem her.
    Nachdem die Ruine die Kinder freigegeben hatte, war Alex zur nahen Straße gewankt. Das dritte Auto brachte ihn nach Wittlekofen. Die Retter hatten mithilfe einer langen Stange, an deren Ende eine Schlinge hing, Hasso von seinem Herrchen wegzerren können. Kasi und Timi lagen da noch immer im Gras und ein Arzt untersuchte die beiden gerade ein erstes Mal. Die Frage, was aus dem Hund des Alten werden sollte, hatte Timi auf seine Weise beantwortet. Er war zu dem Hund geschwankt, hatte sich, ehe einer der Erwachsenen eingreifen konnte, neben das Tier ins Gras gesetzt und es in den Arm genommen. Und zum Erstaunen aller hatte Hasso dies nicht nur geduldet, sondern dem Kind auch noch das Gesicht abgeleckt. Hasso lebte seither neben Timi und ersetzte den großen Bruder und Hasso beschützte sein neues Herrchen, wie es Max nicht besser hätte erledigen können. Doch zu beschützen gab es derzeit niemanden und auch Max’ Platz im Haus würde noch lange leer bleiben. Sie hatten den Jungen mit einer Seilwinde aus dem Berg gerettet, im Krankenhaus sein gebrochenes Bein und drei angeknackste Rippen versorgt und, nachdem Max ohne Nuancen in der Stimme wie eine Maschine dem Polizisten wieder und wieder und Wort für Wort dieselbe Geschichte der letzten Tage erzählt hatte, ihn in eine Spezialklinik an den Bodensee gebracht. Max hatte alles erzählt, angefangen von seinem Biss in Kasis Arm über die Spinnen bis hin zu seinem Stiefvater. In der Klinik, in der er jetzt lag, konnten sie sich um seine Verletzungen kümmern, Timi hoffte, auch um die Verletzungen im Kopf seines Bruders. Einmal in der Woche fuhren er und Mama und Hasso Max besuchen. Max fehlte dem Jungen, fast noch mehr als sein Vater. Max hatte der Polizei alles erzählt. Wirklich alles. Und drei Polizisten Max’ Vater kurz darauf abgeholt Mama sprach nicht viel von ihm und Timi wollte nicht über ihn reden, jedenfalls jetzt noch nicht. Später vielleicht einmal, heute aber ersetzte Hasso Bruder und Vater und Timis Mutter ließ es geschehen und ärgerte sich, dass sie ihrem Jüngsten diesen Wunsch nach einem Hund nicht schon längst erfüllt hatte.
    Seilers Sarg wanderte in ein mit grünem Kunstrasen ausgeschlagenes Loch und bevor es Erde regnete, fielen Blumen aus Seilers Himmel: Zuerst warf jedes der Kinder eine Rose in das Loch, danach einer nach dem anderen der Trauernden kleine Sträuße und Gebinde. Zuletzt, stellte Alex fest, war der ganze schöne Sarg verschwunden, als bestünde der Inhalt dieses Grabes nur aus Blumen.

    Hasso trottete vor den drei Jungen her Richtung Sportplatz. Sie ließen den Friedhof und die sich langsam zerstreuende Gemeinde hinter sich.
    » Wann wird Rufus beerdigt?«, fragte Timi. Alex und Kasi zuckten nur mit den Schultern. Rufus’ Vater hatte am Tag nach der Bergung seines Sohnes sein Haus abgeschlossen und war verschwunden. Vielleicht wusste die Polizei wohin, in Wittlekofen wusste es niemand, nicht einmal Marianne Probst und die wusste sonst eigentlich alles. Ob Rufus’ Vater seinen Sohn hier beerdigen wollte oder sonst wo – keiner ahnte etwas und die Polizei durfte nichts verraten.
    » Aber irgendwann werden wir es erfahren«, sagte Kasi, »kein Geheimnis bleibt für immer ein Geheimnis.« Alex nickte. Wie eigentlich immer, hatte Kasi auch damit wieder recht. Vor ein paar Wochen noch hätte er dem Mädchen für diese Bemerkung in den Hintern getreten und sich lustig gemacht, aber diese Zeiten waren endgültig vorbei. Nach einem Freund befragt, hätte er heute ohne langes Überlegen Kasimir gesagt und der umgekehrt Alex . Und Kasimirs Eltern, denen in den ersten Tagen Alex’ häufige Besuche bei Kasi alles andere als recht waren, freuten sich inzwischen über die Veränderungen ihres Sohnes: Kasi verbrachte die Tage seiner Genesung nicht etwa nur mit einem Buch im Bett, sondern folgte seinem neuen Freund hinaus ins wirkliche Leben.
    Hasso führte die Kinder über Seilers
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