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0470 - Mörder jagen einen Mörder

0470 - Mörder jagen einen Mörder

Titel: 0470 - Mörder jagen einen Mörder
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Als sie den vierten Transport abfingen und dabei Dicky Harvest erschossen, verlor Everett Garwin nicht nur unverzollten Whisky im Wert von dreißigtausend Dollar, sondern auch mit Harvest den letzten vertrauenswürdigen Mann seiner Gang.
    Die Kette der Bars, Nightclubs, Schnapsläden, die Garwin zum Verkauf seines steuerfreien und oft gepantschten Alkohols gezwungen hatte, zerbrach in über achtzig einzelne Glieder; jedes Glied ein aufsässiger, widerspenstiger Barbesitzer, Mixer oder Schnapsverkäufer, der die Furcht abgeschüttelt hatte und bereit war, Everett Garwin eine Flasche seines eigenen Spitzengetränkes »The Golden Drink« auf den Schädel zu schlagen, falls er es wagte, sich noch einmal bei ihm sehen zu lassen.
    Aber Garwin dachte nicht daran, sich mit den Besitzern seiner Verkaufsstellen herumzubeißen. Ihn quälte eine andere, viel größere Sorge. Er fürchtete für sein Leben.
    Um vier Uhr morgens erfuhr er, daß sein Whisky und Dicky Harvests Blut über den Beton des Parkplatzes 28 am Highway 4 flossen.
    Zehn Minuten später verließ er seine feudale Wohnung in der 2. Avenue. Er fuhr mit dem Lift in die Kellergarage. Auf Platz 37 stand sein Cadillac. Er ließ ihn stehen und steuerte einen bescheidenen Rambler an der vorher einem Vertreter gehört hatte.
    Garwin hatte dem Mann den Wagen für alle Fälle abgekaui't. Genauer gesagt, für den Fall, der jetzt eingetreten war.
    Er fuhr mit dem Rambler bis zur 33. Straße. Dort betrat er einen Drugstore, der Tag und Nacht geöffnet war. Von der Telefonzelle aus rief er Ethel Dean an.
    Es dauerte zehn Minuten oder länger, bis sie sich meldete. Garwin wartete voll zappelnder Ungeduld, aber er legte nicht auf.
    Obwohl Ethel Dean ihm nicht helfen konnte, wollte er sie sehen und sprechen. Er war jetzt einsam wie ein gejagtes Wild. Er sehnte sich nach jemandem, der bereit war, sein Schicksal zu teilen. Er hoffte auf Ethel.
    Voller Erleichterung vernahm er endlich ihre tiefe Stimme, die durch ihre Schlaftrunkenheit noch tiefer, noch rauher klang. Er flüsterte in den Apparat: »Dicky ist nicht durchgekommen, obwohl er eine völlig neue Route benutzt hat. Sie haben die Ladung abgefangen.«
    »Und Dicky?«
    »Tot, selbstverständlich. Sie kennen kein Erbarmen«, setzte er weinerlich hinzu und vergaß völlig, daß es Zeiten gegeben hatte, in denen auch er kein Erbarmen kannte. »Komm in den Drugstore 33. Straße. Ich muß dich sprechen.«
    Voller Angst wartete er auf ihre Antwort. Ethel war launisch. Es war durchaus nicht sicher, daß sie einwilligen würde.
    »Ja«, sagte sie, »ich komme.«
    Zwanzig Minuten vor sechs Uhr betrat sie den Drugstore. Eine Gruppe von Busfahrern und Schaffnern stand vor der Theke. Die Männer tranken Kaffee, bevor sie ihren Dienst antraten. Einige drehten die Köpfe und sahen der Frau nach.
    Ethel war dreißig Jahre alt. Sie hatte ein großflächiges Gesicht mit leicht schrägstehenden Augen. Auch der Mund war groß, und das ausgeprägte Kinn verlieh dem Gesicht einen energischen Ausdruck.
    Sie trug einen weiten Flauschmantel und als einzigen Schmuck einen 4000-Dollar-Brillantring, den Everett Garwin ihr vor drei Jahren geschenkt hatte.
    Mit großen Schritten durchquerte sie den Drugstore auf dem Wege zum Tisch in der äußersten Ecke, an dem Garwin saß. Sie setzte sich ihm gegenüber und legte die Hand mit dem Brillantring auf seine Hand. »Mach Schluß, Everett«, sagte sie leise. »Du bist machtlos gegen sie.«
    Mit der freien Hand nahm er die Zigarette vom Aschenbecherrand. Garwin sog heftig an der Zigarette und schluckte den Rauch. »Ich denke nicht daran«, stieß er heftig hervor. »Ich zahle es ihnen heim.«
    Fast mitleidig blickte Ethel auf den Mann, dessen Freundin sie seit fünf Jahren war. Garwin hatte die Vierzig längst überschritten. Von Natur aus besaß er ein scharfgeschnittenes Gesicht mit Raubvogelprofil.
    Inzwischen waren seine Wangen aufgedunsen, seine Augenlider zwinkerten nervös, seine Lippen zuckten, und oft stand eine Spur Speichel in seinen Mundwinkeln. Ethel sah, wie die Finger, die die Zigarette hielten, bebten, und sie spürte das gleiche Beben in der Hand des Mannes unter der ihren.
    Sie kannte den Grund für die Veränderung, die in den letzten zwei Jahren sich in Everett Garwin vollzogen hatte. Er handelte nicht nur mit Schnaps, er trank auch selbst.
    »Du hast niemanden, der bereit wäre, sich für dich mit ihnen herumzuschlagen«, sagte sie sanft.
    »Ich zahle es ihnen heim«, wiederholte er
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