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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille
Autoren: Petra Durst-Benning
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Pinselstrich an der Fassade ausführen. Danach wollten sie die Renovierung für abgeschlossen und das Hotel für eröffnet erklären. So war es vorgesehen. Anschließend würde im Speisesaal, der für diesen Tag ausgeräumt worden war, ein kaltes Buffet aufgebaut sein. Zum Essen konnten sich die Gäste an die Stehtische begeben. Nach einigen Überlegungen hatten sich Theo und Julie dafür entschieden, das Buffet vom Rombacher Metzger zusammenstellen zu lassen. Nicht, dass sie die Zubereitung ihrem jungen Koch nicht zugetraut hätten, aber so gelang ihnen gleich ein guter Einstand bei einem ihrer wichtigsten Lieferanten. Nach dem Essen wollte Julie dann eine Rede halten.
    Bei dem Gedanken begannen ihre Nerven wieder zu flattern. Was, wenn sie einen Black-out hatte? Was, wenn ihre Worte nicht ankamen? Eilig löffelte sie den warmen Milchschaum von ihrem Kaffee. Nach Schokolade war heiße Milch das zweitbeste Beruhigungsmittel, das sie kannte.
    Â»Was machst du denn schon hier?« Mit zwei riesigen Sträußen weißer Lilien im Arm stand Theo in der Küchentür.
    Â» Schon ist gut! Ich fürchtete bereits, allein auf einem fremden Planeten zu hausen!«, erwiderte Julie vorwurfsvoll. Sie machte eine ausladende Handbewegung. »Kein Mensch weit und breit!«
    Â»Wozu denn auch?«, erwiderte Theo sorglos. »Es ist alles vorbereitet. Lass sie doch ruhig ausschlafen, dann sind sie den Tag über wenigstens in Topform.«
    Julie warf ihrer Freundin einen skeptischen Blick zu. Ihr war nach Nörgeln zumute, aber sie riss sich zusammen. Theo konnte schließlich nichts für ihr Nervenflattern. Doch Theo hatte Julies Stimmung längst erfasst.
    Sie schaute vom Spülbecken, wo sie die Lilien anschnitt, zu Julie hinüber. »Weißt du was? Ich verteile jetzt schnell die Blumen im Speisesaal und dann frühstücken wir zusammen. Ich hab nämlich unten im Dorf beim Bäcker angehalten und Croissants gekauft. Die liegen allerdings noch im Auto. Wenn du sie holen magst …« Ihre Stimme klang so, als wolle sie ein Kleinkind aufmuntern.
    Unwillkürlich musste Julie lachen. »Ach Theo, wenn ich dich nicht hätte! Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich freu mich so auf den heutigen Tag! Trotzdem rast mein Puls, mein Herz springt fast aus dem Hals, und mir ist so schlecht, dass du deine Croissants wahrscheinlich allein essen musst. Dabei ist ja wirklich alles bestens organisiert.« Sie seufzte. »Vielleicht ist es gerade das. Vielleicht stecken mir einfach die letzten achtzehn Monate in den Knochen …«
    Manchmal, wenn sie über alles nachdachte, überkam sie immer noch ein Gefühl, als würde sie träumen.
    Doch ihr Traum hatte schon an einem kalten Januartag des vergangenen Jahres begonnen, Wirklichkeit zu werden: als Antonia und sie sich wegen der Überschreibung des Moritzhofes auf dem Rombacher Grundbuchamt trafen.
    Noch immer überfiel Julie ein seltsames Gefühl, wenn sie daran zurückdachte. Sie war sich vorgekommen wie eine Erbschleicherin, unmoralisch und habgierig. Die ganze Zeit hatte sie den Notar und seine beiden Gehilfinnen, die ständig insZimmer gekommen waren, beobachtet. Doch nichts an deren Gebaren hatte darauf hingewiesen, dass sie Julie insgeheim anklagten. Und Antonia war so glücklich gewesen!
    Â»Mir ist eine riesige Last von der Seele genommen. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich nun Ihnen diese Last aufbürde«, hatte sie zu Julie gesagt, als sie den Tag bei einem Essen im »Fuchsen« ausklingen ließen. Julie hatte peinlich berührt abgewinkt. Von wegen Last! Wo es hier doch um Werte in Millionenhöhe ging …
    Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie sich an den Gedanken gewöhnte, nun Großgrundbesitzerin zu sein, so wie es Rosanna vor hundert Jahren ebenfalls widerfahren war. Und immer wieder gab es Tage, an denen ihr die Verantwortung, der Stress, die vielen Dinge, die es zu koordinieren gab, zu viel zu werden drohten. Eine Last? Sicher. Aber eine angenehme Last.
    Kurz nach dem Notartermin war das Unternehmen »Arthotel Kuckucksnest« angelaufen. Zunächst etwas stotternd, denn erst die dritte Bank – Theos Sparkasse – war zu einem Darlehen bereit gewesen. Grundlage waren zum einen Theos und Julies Konzept für das Kreativhotel, zum anderen die Pläne für den Umbau und die Renovierung, die ein befreundeter Architekt
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