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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod
Autoren: Liza Marklund
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der Wahrheit (wie üblich, hätte er beinahe gedacht), denn Schwedens übelster Serienmörder war in Wirklichkeit ein 18-jähriger Zivildienstleistender aus Malmö, der Ende der 1970er Jahre 27 Greise in einem Pflegeheim um­gebracht hatte, indem er ihnen ätzende Putzmittel einflößte. Gustaf Holmerud hatte bisher lediglich fünf Morde gestanden, aber da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren, bestand Hoffnung, dass es noch mehr Morde wurden.
    Schyman blätterte die Zeitung durch.
    Die Seiten sechs und sieben, der Hauptnachrichtenteil, bestand aus Porträtfotos von fünf Männern unter der Überschrift ENTLASTET . Die fünf waren die Ehemänner oder Lebensgefährten der ermordeten Frauen gewesen, und auch diese Überschrift war in gewissem Sinne falsch. Oscar Andersson, einer der angeblich Entlasteten, hatte nie unter Verdacht gestanden.
    Die eigentliche Meldung war, dass die Staatsanwaltschaft nun gegen Gustaf Holmerud Anklage wegen fünffachen Mordes erhoben hatte, das bedeutete, der Verdacht gegen die übrigen Beteiligten im Ermittlungsverfahren wurde nicht weiter aufrechterhalten.
    Er schob die Zeitung weg und sah auf die Uhr.
    Annika Bengtzon kam zu spät, ungewöhnlich für sie. Schyman hatte sie immer für eine Pünktlichkeitsfanatikerin gehalten, eine ­hervorragende Eigenschaft für eine Nachrichtenreporterin. Es spielte keine Rolle, wie gut man schreiben konnte oder welche Nachrichten man an Land zog, wenn man unfähig war, die Dead­line einzuhalten …
    »Tut mir leid«, sagte Annika Bengtzon ganz außer Atem, als sie in sein Aquarium stürmte. »Die U-Bahn fährt nicht, und ich …«
    Der Chefredakteur unterbrach sie mit erhobener Hand. Die Reporterin schob die Tür zu, ließ Tasche und Steppjacke auf den Boden fallen und sank auf einen Besucherstuhl. Sie hatte rote Wangen von der Kälte, und ihre Nase war wund.
    »Wie geht’s Thomas?«, fragte Schyman.
    Annika Bengtzon holte Luft.
    »Die Infektion hat sich gebessert, und die Malaria ist fast weg«, sagte sie und legte die redaktionseigene Videokamera auf seinen Schreibtisch. »Soll ich mir quittieren lassen, dass ich sie zurückgebracht habe?«
    Schyman schüttelte den Kopf.
    »Wie verkraftet er die Situation?«
    »Welche denn? Dass er keine linke Hand mehr hat? Er hat noch nichts dazu gesagt, das ist im Moment wohl auch nicht so wichtig.«
    Er betrachtete die Reporterin, ihre Bewegungen waren fahrig, und ihr Atem rasselte. Sie war kein bisschen emotional, das schätzte er an ihr.
    »Sind Sie erkältet?«, erkundigte er sich.
    Sie sah ihn überrascht an.
    »Wieso?«
    »Könnten Sie sich vorstellen, eine Kolumne darüber zu schrei­ben?«
    »Über meine Erkältung?«
    »Über Thomas, die ganze Situation, Ihr Leben heute?«
    Sie lächelte leicht.
    »Sicher«, sagte sie. »Für drei Millionen.«
    Er erwiderte ihr Lächeln.
    »Ich habe gesehen, dass man den Ort gefunden hat, wo Thomas und die anderen gefangen gehalten wurden«, sagte er.
    Annika nickte.
    »Eine verlassene Manyatta dreiundzwanzig Kilometer südöstlich von Dadaab«, sagte sie. »Thomas meint, dass man sie im Kreis durch die Gegend gefahren haben muss, vielleicht weil die Entführer nicht wussten, was sie mit ihnen machen sollten. Das werden wir nie erfahren …«
    Die Amerikaner hatten triumphierend gemeldet, Grégoire Makuza sei am selben Tag in die Luft gesprengt worden, an dem man Thomas im Lager von Dadaab gefunden habe. Der Präsident hatte zu der Sache sogar eine kurze und markige Ansprache an die Nation gehalten, schließlich waren im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen.
    Schyman zögerte einen Moment, dann holte er Luft und sagte:
    »Haben Sie kürzlich mal auf die Seite von mediatime.se geschaut?«
    »Sie meinen ›Die schwarze Witwe‹? Ja.«
    »Ich finde, Sie sollten sich gar nicht darum kümmern«, sagte Schyman.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Anne Snapphane hat den Artikel geschrieben. Wir sind alte Bekannte, und alles, was da steht, stimmt. Ich habe ja tatsächlich meinen Freund getötet, und mein Mann ist von Entführern verstümmelt worden, einer meiner Informanten wurde ermordet, und mein Haus wurde von einer Berufskillerin in Brand gesteckt. Aber mich mit einer Spinne zu vergleichen, die jeden umbringt, der in ihre Nähe kommt, finde ich dann doch etwas übertrieben.«
    »Ich dachte, mediatime würde seinen Klatschbasar gründlich ausputzen, das hatten sie jedenfalls behauptet, als sie mit diesem neuen Format auf Sendung gingen, ›Ronja deckt
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