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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne
Autoren: Berte Bratt
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von der Stadt, Georg? Ich werde sie schon in alles einführen, in den Haushalt, in unser Leben - oh, es wird sicher gehen! Du, sie ist nicht dumm - im Gegenteil. Julie sagt, das Mädel habe einen glänzenden Verstand.«
    »Naja - vielleicht fängt sie an zu glänzen, wenn sie hier erst einmal warm geworden ist. Vorläufig hat sich’s noch mit dem Glanz. Hör mal zu, Gerda - im Ernst! Frag sie doch einmal freundlich und bestimmt, ob sie für uns nicht eine andere Anrede anwenden könnte, als ,Gerda’ und ,Georg’ und ,du’! Ich finde es doch eine Spur zu familiär.«
    Gerda Aspedal warf den Kopf zurück und lachte. »Also das ist es, was dich so an ihr ärgert!« Sie überlegte. »Die arme Anne! Sie hat sicher noch nie in ihrem Leben zu irgendeinem Menschen ,Sie’ gesagt! Aber hab Geduld, Georg. Du wirst ,Herr Direktor’ genannt werden, eh du dich’s versiehst - und an Anne werden wir schon noch unsere Freude haben!«

Jess und die Unterprima
    In den drei Tagen, bevor die Schule begann, lernte Anne mehr als in ihrem ganzen bisherigen Leben, was man alles tun oder nicht tun darf. Sie lernte ins Telefon sprechen, sie lernte, daß man nicht in den Hörer hineinzuschreien braucht, um verstanden zu werden. Sie lernte die Hausglocke von der Telefonklingel unterscheiden, und sie lernte, daß es nicht nötig war, gleich atemlos herbeizurennen, nur weil es klingelt. Sie lernte die Erwachsenen mit »Sie« anzureden und zu warten, bis der andere einem die Hand zur Begrüßung reichte. Sie lernte einen Fußboden bohnern, einen Tisch auch im Alltag mit weißem Tischtuch decken und mit Blumen schmücken. Ihr wurde gezeigt, wie man eine Serviette benutzt, wie man eine Dusche nimmt, wie man Messer und Gabel richtig handhabt. Sie lernte es, sich auszurechnen, daß man ruhig über eine Straße gehen kann, wenn die Straßenbahn noch hundert Meter weg ist, und sie lernte, daß man in vier verschiedene Läden gehen muß, wenn man Brot, Hackfleisch, Butter und Gemüse einkaufen will.
    Diese Tage brachten auch für Frau Aspedal mancherlei Überraschungen. Am ersten Tag hatte es Kotelettes zum Mittag gegeben, am nächsten Tag Kochfisch. Und als Anne am dritten Tag die Weisung bekam, Hackfleisch zu besorgen, konnte sie sich nicht enthalten, zu fragen, ob es denn hier jeden Tag frisches Essen gäbe. Sie kannte es von daheim nicht anders, als daß man den größten Teil des Jahres immer das gleiche bekam: gepökeltes Fleisch oder eingesalzenen Fisch.
    Da war die Sache mit den Kartoffeln. Anne hatte sie geschält und zurechtgemacht. Aber hinterher stellte es sich heraus, daß sie eine Portion aufgesetzt hatte, die für zehn Personen berechnet war. Als sie dann zum Frühstück Brot aufschnitt, fragte der Direktor - ja, jetzt wußte sie, daß man Herrn Aspedal so nannte, - ob sie die Absicht habe, die Fünftausend in der Wüste zu speisen. Anne machte große Augen. Es war das erstemal, daß sie jemand über Dinge scherzen hörte, die in der Bibel standen.
    In einem fühlte Anne sich ganz sicher. Das war, wenn sie mit den Kindern zu tun hatte. Der Älteste, der fünfjährige Per, war ein aufgeweckter kleiner Bursche. Aus seinem Geplapper schnappte Anne mancherlei auf, was ihr im täglichen Leben von Nutzen war. Der Jüngste, Hein, war noch nicht ganz aus dem Babyalter heraus. Er legte gern die drallen Ärmchen um Annes Hals und drückte sie herzhaft an sich. Anne war glücklich. Denn Liebkosungen gehörten zu den Dingen, die sie von zu Hause nicht gewöhnt war. Das Herz wurde ihr warm, wenn sie mit Hein und Per spielte, und sie hatte die beiden Jungen vom ersten Augenblick an lieb.
    Eins merkte Frau Aspedal schnell. Sie brauchte Anne nie öfter als einmal etwas zu sagen. Anne hörte mit einem aufmerksamen Ausdruck in den blauen Augen zu, antwortete mit ihrem stillen »Ja«
    - und wußte für immer Bescheid. Und das gefiel Frau Aspedal ganz besonders. Es würde bestimmt gut auslaufen mit der »Unschuld vom Lande«, wie ihr Mann immer noch leicht spöttisch sagte. Davon war sie überzeugt.
    Das Schulgebäude sah unvorstellbar geräumig aus. Anne war vor Schulbeginn schon einmal hingegangen, um sich den Weg einzuprägen. Sie hatte draußen auf der Straße gestanden und auf die lange Reihe von Fenstern geschaut, hatte hie und da einen Blick in sommerstille Klassenräume geworfen. In welchem würde sie wohl landen?
    Nun war der große Tag da. Sie hatte den Bescheid bekommen, sich auf dem Büro des Direktors zu melden. Ein seltsam feierliches
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