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Toedliche Intrige

Toedliche Intrige

Titel: Toedliche Intrige
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    I ch habe zwar immer noch nicht ganz durchschaut, was eigentlich geschehen ist, doch zumindest weiß ich jetzt, welche Rolle ich in in diesem Stück gespielt habe.
    Ich versuche die ganze Zeit, die Zusammenhänge zu begreifen, aber das ist alles andere als einfach. Mir ist beispielsweise nicht einmal klar, wann es seinen Anfang genommen hat. Ich weiß nur, wann ich eingestiegen bin. Ich weiß, dass mein Auftritt in dem Augenblick begann, als ich sie zum ersten Mal sah, aber vielleicht war meine Rolle in diesem merkwürdigen Komplott da schon längst beschlossene Sache gewesen. Lange bevor sie kam, um mich zu treffen.
    Hätte ich etwas vorhersehen können? Hätte ich das, was da ablief, durchschauen und die Flucht ergreifen können? Jetzt, nachdem sich herausgestellt hat, wie alles inszeniert war, sehe ich, dass ich im Grunde genommen tatsächlich hätte wissen können, worauf es hinauslief. Ich hätte die Gefahr sehen müssen. Ich hätte viel früher begreifen müssen, was sich abspielte. Ich hätte ... ich hätte ... ich hätte ...
    Seltsam, wie einfach es ist, Fehler zu machen, wenn man keinen Argwohn hegt. Und zu Fehlern werden sie eigentlich erst viel später, nämlich dann, wenn man die Zusammenhänge begreift: erst wenn man zurückblickt und sieht, wie alles vonstatten ging und weshalb und wozu. Ich habe Fehler gemacht. Ich bin in eine Falle nach der anderen getappt. In einige sogar wissentlich. Im Innersten wusste ich von ihnen und davon, wie gefährlich sie waren, aber ich wusste nicht alles.
    Manchmal denke ich, dass ich in manche von ihnen wieder hineintappen würde, wenn ich wieder die Gelegenheit dazu hätte.
    Man wird hier gut behandelt. Es gibt aber weder Zeitungen, Radio noch Fernseher, sodass ich keine Nachrichten erhalte. Und auch keinen Besuch. Mein Rechtsanwalt schaut ab und zu herein, in erster Linie, um mir klar zu machen, wie hoffnungslos mein Fall zu sein scheint. Ich kenne ihn nicht sehr gut. Er verfügt über große Erfahrung in Strafprozessen, gibt aber selber zu, dass er mit diesem Fall überfordert sein könnte. Er hat mit den Frauen gesprochen, die ich ausfindig gemacht habe, weil ich glaubte, dass mir das helfen würde, aber er bezweifelt es. Nur ein Bruchteil von dem, was sie unter Eid aussagen können, hat direkt mit der Sache zu tun.
    Ich habe um Papier und Stift gebeten. Das Schweigen, das hier herrscht, umgibt mich wie eine Mauer. Alles verläuft in geordneten Bahnen. Zu festgesetzten Zeiten bringen sie mir etwas zu essen. Ich dusche täglich.Und dann kommen die Verhöre. Abends wird das Licht ausgeschaltet. Im Finstern mit all diesen Gedanken geht es mir am schlimmsten. Ich werfe mir vor, dass ich mich habe ausnutzen lassen. Ich hätte es voraussehen müssen.
    Ich hätte es voraussehen müssen.
    Und nachts, in der Dunkelheit, bricht dieses starke, tiefe Verlangen nach ihr über mich herein. Wenn ich sie doch noch ein einziges Mal treffen könnte. Wenn wir doch noch einmal zusammen sein könnten.
    Trotz allem.
    *
    Ich kann mich nicht mehr erinnern, worum es bei dieser Konferenz in den Tagungsräumen der Universität genau ging. Ich erinnere mich nicht einmal an den Titel meines Vortrags, aber das spielt auch gar keine Rolle. Irgendetwas über die Verhandlungsposition der isländischen Fischereiwirtschaft in Brüssel, irgendwas über die EU und unseren Fisch. Ich verwendete Powerpoint und Säulendiagramme. Ich weiß, ich wäre auch eingeschlafen.
    Sie war dort. Sie kam etwas zu spät, und ich sah sofort, dass sie ... dass sie ganz einfach hinreißend war. Hinreißend von dem Augenblick an, wo sie den bereits verdunkelten Saal betrat. Von der Deckenbeleuchtung im Gang angestrahlt, glich ihr Auftritt dem einer Filmdiva. Sie scheute sich nicht, ihre Weiblichkeit hervorzukehren,im Gegensatz zu anderen Frauen; im Auditorium war beispielsweise eine Frau in einem gewöhnlichen Anorak, die ihre Beine über die Sitzlehne vor sich gelegt hatte. Die Frau am Eingang trug ein eng anliegendes Kleid mit schmalen Trägern, dichtes, dunkles Haar fiel auf ihre zierlichen Schultern, und in den tief liegenden braunen Augen funkelte ein winziger weißer Reflex. Und als sie lächelte ...
    Diese Feinheiten nahm ich erst wahr, als sie direkt nach meinem Vortrag zu mir auf das Podium kam. Ich versuchte, desinteressiert zu wirken, oder besser ausgedrückt, ich vermied es, so gut es ging, sie anzustarren. Sie hatte kleine Brüste, die sich deutlich unter dem Kleid abzeichneten. Sie war schlank, hatte
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