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Der Wettflug der Nationen

Der Wettflug der Nationen

Titel: Der Wettflug der Nationen
Autoren: Hans Dominik
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    Der große Saal im 32. Stockwerk des Reading-Hauses in New York war bis auf den letzten Platz gefüllt. Hier wurden gewöhnlich die Generalversammlungen der vielen zum Reading-Konzern gehörenden Gesellschaften abgehalten. Heute aber lag ein anderer Anlaß vor und anders war auch die Gesellschaft zusammengesetzt, die sich eingefunden hatte.
    Man bemerkte unter den Erschienenen die meisten führenden Männer des Konzerns. Da fiel in der vordersten Reihe der scharfgeschnittene durchgeistige Philosophenkopf Frank Kellys, des Generaldirektors der Reading-Flugzeugwerke, auf. In seiner Nähe saß Henrik Dahl Juve. Dessen vierschrötige Gestalt, sein breites, von Gesundheit strotzendes Gesicht hätten ganz gut zu einem Weizenfarmer aus den Weststaaten gepaßt und verrieten in keiner Weise, daß Henrik Juve sozusagen der Finanzminister des Reading-Konzerns und ein genialer Bankfachmann war. Man sah weiter Francis Flagg, der die Eisenbahninteressen des Konzerns verwaltete, und äußerlich wie ein Methodistenpfarrer wirkte. In einer Gruppe standen James Harrow, Jack Gibson und Theodor Addington zusammen, denen die Betreuung der Bodenwerte des Konzerns in den verschiedenen amerikanischen Großstädten oblag. Aber der Schöpfer und langjährige Leiter dieses riesenhaften Wirtschaftsgebildes, Morgan Reading, war nicht hier. Sein lebensgroßes Bild hing schwarz umflort an der Saalwand hinter dem Präsidententisch.
    Die überwiegende Mehrzahl der Versammelten gehörte der Presse an. Die Nachrichtenbüros aller Erdteile hatten ihre Korrespondenten entsandt. Alle Maßnahmen waren getroffen, um das, was sich hier ereignen sollte, schon wenige Minuten später in der ganzen Welt bekanntzugeben.
    Gesprächsfetzen flogen hier und da durch den Raum... Also doch ein Testament! ... Wem wird der alte Mann seine Millionen vermacht haben? ... Milden Stiftungen ... vielleicht der Heilsarmee? ... oder den Milchfonds?
    Gewaltig war die allgemeine Überraschung, als John Sharp, der Syndikus des Konzerns und mit dem Verstorbenen eng befreundet, die Weltpresse vor vierundzwanzig Stunden einlud, heute hierherzukommen und der Eröffnung des Testamentes von Morgan Reading beizuwohnen. In dicken Schlagzeilen hatten die amerikanischen Blätter ihren Lesern sofort die Tatsache mitgeteilt, daß ein Testament vorhanden war, aber des Rätselratens war darum nicht weniger geworden. Man wußte ja, daß der Verstorbene keine direkten Erben besaß und frei über seinen Reichtum verfügen konnte. So blieb auch jetzt noch die Frage offen, wem die vielen Dollarmillionen zufallen sollten.
    Langsam waren die Zeiger der Saaluhr weiter gerückt. Jetzt hob sie zum Schlage aus. Vier helle, zehn dunklere Schläge. Die Stunde, zu der die Eröffnung stattfinden sollte, war da. Noch zitterte der Klang des letzten Schlages durch den Raum, als John Sharp sich aus seinem Sessel am Präsidententisch erhob. Eine kurze, knappe Verbeugung der fast überlangen hageren Gestalt gegen die Versammlung. Mit einem kurzen Ruck schob er die scharfen Brillengläser dichter an die Augen. Seine Linke griff nach einem mit fünf schweren Siegeln verschlossenen Briefumschlag. Unmittelbar danach begann er zu sprechen: „Meine Herren, ich eröffne in Ihrer Gegenwart das Testament des verstorbenen Charles Francis Morgan Reading.“ Während er die Worte sagte, schnitt er den Umschlag auf, zog ein Dokument heraus und entfaltete es. Fuhr dann fort: „In Übereinstimmung mit dem Willen des Heimgegangenen gebe Ich den Inhalt seiner Letztwilligen Verfügung jetzt einer breiten Öffentlichkeit bekannt.“
    Hundert Bleistifte standen über den Notizblocks gezückt bereit, jedes Wort festzuhalten, das jetzt kommen mußte.
    „Ich habe“, las John Sharp, „immer die hochherzige Stiftung des schwedischen Ingenieurs Alfred Nobel bewundert, der die Erträgnisse seines Vermögens denen vermachte, die sich um die Fortschritte der Wissenschaft und die Verbrüderung der Völker besonderes Verdienst erwerben. Es ist meine Absicht, das von mir erworbene Vermögen in ähnlicher Weise in den Dienst der Menschheit zu stellen.
    Meine Lebensarbeit galt besonders der Entwicklung des Flugwesens. Meine letzten Pläne, in langjähriger Arbeit entwickelt, sind für die Ausführung reif. Der Berufenste soll sie nach meinem Tode verwirklichen. Ich bestimme deshalb folgendes: Mein Testamentsvollstrecker, John Sharp, wird eine Woche nach der Eröffnung meines Testamentes einen internationalen Wettbewerb, den Wettflug der
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