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Der Wettflug der Nationen

Der Wettflug der Nationen

Titel: Der Wettflug der Nationen
Autoren: Hans Dominik
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genug dafür sein. Nach dem Bekanntwerden von Readings Testament dürften sich mehr Leute für diese Dokumente interessieren als uns lieb ist.“
    Er legte das Paket in den Schrank zurück und drückte auf einen anderen Knopf. Die schwere Tür schloß sich. John Sharp drehte die drei Schlüssel herum, zog sie aus der Wand und schob die kleinen Bronzeplatten wieder über die Schlüssellöcher.
    „Ich will so verfahren, Kelly! Den einen Schlüssel hier bekommen Sie und nehmen ihn mit nach Bay City. Den anderen behalte ich. Der dritte wird in meinem Privatsafe in der First Saving Bank deponiert. Berücksichtigen wir die Zeitschlösser, die den Tresor nur die eine Stunde freigeben und außerdem gewisse andere kleine Überraschungen, die wir hier für ungebetene Gäste vorgesehen haben, so haben wir wohl alles menschenmögliche getan, um uns gegen einen Verlust der Pläne zu schützen.“
    Frank Kelly verbarg den feinen Stahlschlüssel sorgfältig in seiner Brieftasche.
    „Gut, ich nehme ihn mit nach Bay City. Da will ich ihn verwahren, bis die neuen Herren ihn übers Jahr von uns fordern werden. Wenn nicht ... Ja, Sharp, was hindert eigentlich die Reading-Werke in Bay City, sich an dem Wettflug zu beteiligen ...?“
    „Nichts, Kelly! Sie können es, und ich erwarte stark, daß sie es tun werden. Es wäre nicht die schlechteste Lösung, wenn der große Reading-Preis an die Reading-Werke fiele.“ Als Frank Kelly kurze Zeit darauf vor dem Haus in seinen Kraftwagen stieg, um nach Bay City zurückzufahren, verkauften die Zeitungsboys schon die neuesten Ausgaben mit allen Einzelheiten über das Testament Morgan Readings. Wie ein Lauffeuer flog die Kunde von dem Vermächtnis um den Erdball.
    Direktor Kelly hatte seinen Wagen glücklich aus dem Gewühl der Hudson-Metropole herausgebracht. Die letzten Häuser von Jersey City lagen hinter ihm. Jetzt, auf der neuen großen Autostraße nach Pittsburg, konnte er endlich Gas geben.
    Nach zweistündiger Fahrt kam Harriesburg in Sicht. Kelly warf einen Blick auf die Benzinuhr. Nur noch Betriebsstoff für eine Stunde. An der nächsten Tankstelle machte er halt. Während der Wärter mit dem Einfüllen begann, stieg Kelly aus dem Wagen. Er spürte das Bedürfnis, sich die Beine zu vertreten und eine Zigarette zu rauchen. Noch suchte er nach Feuer, als ein zweiter Wagen vor der Tankstelle anhielt. Einer der Insassen sprang heraus und hielt dem Direktor dienstbereit ein brennendes Streichholz hin.
    „Bitte, Mr. Kelly, bedienen Sie sich.“
    Mit tiefen Zügen sog der Direktor den Rauch ein. Dann erst kam ihm zu Bewußtsein, daß der andere ihn mit seinem Namen angesprochen halte
    „Sie kennen mich, Herr ... Her“?“
    „Tredjakoff ist mein Name. Wer sollte Sie nicht kennen, Herr Direktor? Das Bild des Leiters der Reading-Werke von Bay City war ja erst heute wieder in allen New Yorker Zeitungen zu sehen.“
    Frank Kelly lachte. „Also sozusagen über Nacht berühmt geworden- Ja ... ja, die Zeitungen machen jetzt viel mit uns her, Herr... Herr ... Verzeihung, wie war Ihr Name?“
    „Tredjakoff, russischer Emigrant. Ich hatte bereits die Ehre Ihrer Bekanntschaft, Mr. Kelly. Vielleicht erinnern Sie sich? Vor zwei Monaten bei einem Empfangsabend des französischen Generalkonsuls in New York!“
    Schattenhaft kam dem Direktor ein kurzes damaliges Zusammentreffen wieder ins Gedächtnis.
    „Ganz recht, ja. Jetzt erkenne ich Sie wieder, Mr. Tredjakoff, wir haben damals kurze Zeit gesprochen.“
    „Ja, damals, Herr Direktor. Wieviel hat sich seitdem geändert. Damals lebte Morgan Reading noch. Niemand konnte ahnen, daß sein Ende so nahe war.“ Während der Russe immer lebhafter sprach und Frank Kelly schnell in Rede und Gegenrede verwickelte, schlenderten sie ein Stück neben der Autostraße entlang. Nach einigen Minuten blieb Tredjakoff stehen und meinte scherzend: „Auf diese Weise laufen wir so langsam zu Fuß nach New York zurück, Mister Kelly. Wir wollen umkehren. Sie machen die lange Fahrt nach Bay City ganz allein, Mr. Kelly?“
    „Ja, Herr Tredjakoff, ich ziehe es vor, meinen Wagen selbst zu steuern.“ —
    Kurze Zeit danach sauste Kellys Wagen schon wieder auf der großen Straße nach Westen, Schnell war Harriesburg passiert. Danach wurde die Landschaft hügelig, die Straße hatte die letzten Ausläufer der Alleghanies zu überwinden. —
    Unruhig schaute Frank Kelly auf den Kilometerzeiger und horchte auf das Motorgeräusch. Irgend etwas schien da nicht in Ordnung zu sein.
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