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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code
Autoren: Uwe Schomburg
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Kapitel 1
    Osmanisches Reich
Distrikt Mesopotamien
1916
    Babylon.
    Welch ein Klang. Tausende von Jahren menschlichen Daseins hallen in diesen drei Silben wider. Größe, Macht, Eroberung und Zerstörung, mächtige Mauern und kriegerische Herrscher, Hammurapis Gesetze und der Turmbau zu Babel.
    Nichts davon war noch zu sehen. Nur noch Schutthügel.
    Die einstige Größe war zerfallen, Erde zu Erde, Staub zu Staub.
    Karl Steiner und Albert Krüger kauerten auf dem quadratischen Schutthügel namens
Babil
, der die nördliche Grenze des alten Babylons bildet.
    Allein der Name des Hügels erinnerte an die einstige Macht und Pracht Babylons.
Babil
ragte mit seinen steilen Böschungen turmhoch aus der Ebene heraus und zog sich über einen viertel Kilometer hin. Seine lehmige Oberfläche war zerklüftet, von Schächten und Stollen durchzogen wie ganz Babylon.
    Seit der Römerzeit hatten Diebe überall im Gelände Gräben ausgehoben, um die gebrannten Lehmziegel zu rauben. Sie waren längst wieder in Häusern, Kornkammern und Staudämmen verarbeitet worden, während die ungebrannten Lehmziegel ein Festschmaus für Hitze, Sonne und Wasser geworden waren. Zerstört. Schutt.
    Steiner roch seinen eigenen Schweiß. Es war kurz vor Sonnenuntergang, aber die Luft flimmerte immer noch vor Hitze,
    und der Euphrat, nur mehr ein Rinnsal, brachte keine Abkühlung.
    Seine dünne Kleidung aus Hose und langem Oberteil war zwar wüstentauglich, aber sie waren in brütender Hitze aus Bagdad kommend durch die Wüste gefahren. Sie hatten einen der wenigen fahrtüchtigen Laster requiriert, über die die 6. Osmanische Armee in Bagdad noch verfügte. Der 3-Tonner-Opel stand hinter dem Hügel, weit genug von den Ausgrabungen entfernt, um nicht bemerkt zu werden.
    Ein letztes Mal mit dem Wüstenwind den Hauch der einstigen Größe spüren, dachte Karl Steiner, vor dem geistigen Auge Paläste und Mauern wieder aufleben lassen… Er hatte dieser Vorstellung nicht widerstehen können.
    In ihrer kauernden Haltung verschmolzen sie mit den Spalten und Klüften des Hügels. Sie waren aus der Ferne nicht auszumachen und konnten doch selbst die Reste der ehemaligen Königsstadt überblicken, würden frühzeitig jede Bewegung bemerken.
    Nichts als graubraune Wüste erstreckte sich bis in die Ferne, die nur von einem grünen Gürtel aus Dattelpalmen an den Ufern des Euphrat unterbrochen wurde. Der Flusslauf lag einen knappen Kilometer westlich des Hügels; er näherte sich aus Nordwest kommend der Stadt, um dann in einem Knick leicht nach Westen einzuschwenken und entlang der Ruinen Richtung Süden zu fließen. Die Dattelpalmen wuchsen beiderseits des Flusses etwa einen halben Kilometer in das Land hinein, dann beendete die Wüste schlagartig die grüne Pracht.
    Die Palmen versperrten den Blick auf das kleine Dorf Kweiresch, wo der deutsche Ausgrabungsleiter Robert Koldewey das Expeditionshaus am nördlichen Dorfende eingerichtet hatte.
    Etwa zwei Kilometer südlich ihres Standortes lag mit dem
Schloss
der zweite markante Hügel des alten Babylons. Das
Kasr
ragte nicht so hoch auf wie
Babil
, war aber etwa vier Mal so groß und eben jener Ort, an dem die Ruinen der Königspaläste ausgegraben wurden. Dort lag das zerfallene Zentrum des einst so mächtigen Reiches. Dort befand sich
Irsit Babylon
, der Platz Babylon, oder das
Bab Ilani
, die Pforte der Götter mit dem Zugang zum größten und berühmtesten Heiligtum Babylons, dem Tempel des Gottes Marduk.
    Einen knappen Kilometer südlich des
Kasr
erhob sich mit etwa 25 Metern Höhe der Hügel
Amran
, benannt nach dem auf dem Hügel stehenden islamischen Grabheiligtum
Amran Ibn Ali
, des Sohnes Alis. Dieser Hügel war der höchste im ganzen ehemaligen Stadtgebiet Babylons und lag in der Ebene
Sachn,
wo auch die Reste des Etemenanki, des Turmbaus von Babel, zu finden waren.
    »So wandeln sich die Zeiten«, hatte Robert Koldewey, der kauzige deutsche Ausgrabungsleiter, Steiner bei einer früheren Begehung erklärt. »
Sachn
bedeutet nichts anderes als
Pfanne
und beschreibt den Charakter des Geländes als Ebene. Dabei war dies zu Babylons Blütezeit der heilige Tempelbezirk! Innerhalb der Ringmauern lagen der Turmbau zu Babel und der Tempel des Marduk. Und heute? Die Reste des Marduk-Tempels sind tief unter dem Schutt des
Amran-
Hügels begraben, vom Turmbau gibt es noch ein paar Fundamentgräben voller Grundwasser, und eine Straße zwischen zwei Dörfern führt durch das ehemals heilige Gebiet.«
    So ist das,
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