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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code
Autoren: Uwe Schomburg
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Wasser rann durch seine Kehle wie
    durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Er wartete, bis das Herzrasen nachließ.
    Noch fehlte ihm die Vertrautheit in den neuen Privaträumen im dritten Stock des Apostolischen Palastes, der unter Pius V. und Sixtus V. im 16. Jahrhundert von Domenico Fontana erbaut worden war.
    Der Papst ging in die kleine Privatkapelle, die zu den Privatgemächern gehörte und die immer noch so gestaltet war, wie sie sein Vorgänger hinterlassen hatte.
    In der Mitte des Raumes lag auf dem von intensiven Mustern durchzogenen Marmorboden ein Teppich, auf dem ein Stuhl mit eiserner Rückenlehne stand. Die Decke war mit ausdrucksstarken Glasmalereien ausgestaltet, die sich im Bereich des Altars in einem schmalen Band von der Decke zum Boden fortsetzten. An den Seitenwänden standen sechs Hocker aus dunklem Holz, die Sitzfläche mit hellem Stoff bespannt.
    Der Raum endete in einem Halbrund mit einem kleinen Altar, auf dem sechs Kerzen standen. Das Bildnis des leidenden Christi am Kreuz erstrahlte vor einem hellroten Hintergrund.
    Der Papst trat vor den Altar, kniete nieder und bekreuzigte sich. Dann erhob er sich und setzte sich an die linke Wand auf den Hocker, der dem Altar am nächsten stand. Erschöpft lehnte er den Kopf gegen die Wand.
    Sein Vorgänger hatte stets den direkten Rat des Herrn erfleht und immer wieder um dessen Hilfe gebeten, hatte geglaubt, dass der Unfassbare in die konkrete Welt eingreifen konnte.
    Heute verstand er seinen Vorgänger besser als noch vor Jahren. Er würde die mächtige Aufgabe nicht allein bewältigen. Auch er sehnte nichts mehr als den Rat des Herrn in
der einen Frage
herbei.
    Unvermittelt stand er auf und warf sich vor dem Bildnis des Herrn mit zur Seite ausgestreckten Armen auf den kalten Marmorboden.
    Er brauchte Rat.
    »Hilf!«, flehte er.
    Und Kraft.
    Schon bald.
    Die Träume kamen immer häufiger, immer heftiger.
    Und er war jetzt der Hirte.

Kapitel 3
    München
Mittwochabend
    Noch genau fünfzehn Minuten.
    Sein Handy klingelte.
    »So ungeduldig? Ich bin da, Ina«, sagte Chris in das Mikro des Headsets. Seine leicht raue Stimme klang spöttisch und zufrieden.
    Ihr Jubelschrei explodierte in seinem rechten Ohr. Sie war noch immer in der Firma, hatte gewartet, dass der Auftrag glatt über die Bühne ging.
    Chris verzog das Gesicht. Inas überbordende Fröhlichkeit nervte ihn, wenn er sie wie jetzt als aufgesetzt empfand. Aber so hat eben jeder seine Macken, dachte er grinsend. »Ina, es ist doch nur das Ende eines normalen Auftrags.«
    Ina war die Seele seines kleinen Unternehmens, jederzeit einsatzbereit, mit einer Telefonstimme, die jeden Anrufer um den Finger wickelte. Sie managte sein gesamtes Backoffice.
    »Ich habe auch eine gute Nachricht«, flötete sie. »Willst du sie hören?«
    So war sie. Er verlangte vollen Einsatz und bekam immer noch etwas mehr. Ina war knapp fünfzig, lebte allein und ging in ihrer Arbeit auf. Nach schweren Jahren an der Seite ihres alkoholsüchtigen Mannes suchte sie nach dessen Tod Abstand im Job. Chris wusste, dass sie ein Juwel war.
    »Gleich, wenn die Helden mich hier reingelassen haben. Kannst du so lange noch an dich halten?«
    »Wenn du wüsstest… aber gut… Doch platz mir nicht vor Neugier.« Sie legte auf.
    Sein Ziel lag nahe München, gut versteckt abseits der Hauptverkehrsadern und war mit einem hohen Metallzaun umgeben. Dahinter ragten mächtige Bäume in den Nachthimmel. Das Einfahrtstor war geschlossen, und zwei Jeeps einer Sicherheitsfirma standen davor.
    Vier Männer in dunklen Uniformen starrten ihn an, als er stoppte.
    Er ließ das Seitenfenster herunter.
    »Ich bin der Mann, auf den der Boss wartet«, sagte Chris zu dem Muskelprotz, der sich neben seinem Wagenfenster aufbaute. »Ich bringe das Wichtigste zum Gelingen des Abends.«
    Es folgten zwei Minuten Funkverkehr, dann öffnete sich das Tor. Er fuhr unter einem Blätterdach alter Kastanien, Linden und Eichen die Auffahrt hinauf, an deren Ende nach etwa einhundert Metern das Hauptgebäude lag.
    Das gut zwanzig Meter lange Gebäude war hell erleuchtet und protzte mit einer klassizistischen Fassade. Auf dem Parkplatz standen etwa dreißig Nobelkarossen. Chris parkte unter einer mächtigen Kastanie und rief Ina zurück.
    »Beeil dich, ich muss da rein, diesen Auftrag zu Ende bringen. Hast du einen neuen Job?«
    »Der Graf hat angerufen. Er hat den Auftrag ab morgen bestätigt.«
    »Was steht diesmal an? Seine Schmutzwäsche nach Hause bringen? Oder ein
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