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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht
Autoren: Jeanne C. Stein
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aus der ausgestreckten Hand. Es war nicht fair von mir, seine Affäre zu erwähnen – er hat eine Freundin, die sicher nichts von diesen gelegentlichen Treffen mit der Polizistin weiß. Aber was ist in letzter Zeit schon fair gelaufen? Er stapft ums Auto herum, setzt sich hinters Lenkrad und rast vom Parkplatz.
    Ich stoße die angestaute Spannung mit einem Seufzen aus. Na endlich. Die Nacht drängt sich um mich. Sie ist mondlos und totenstill. Und heiß – wir haben Mitte Juli. Dennoch beginne ich zu zittern. Wer auch immer – was auch immer – mich so fertigmacht, ist in der Bar.
    Diese plötzliche Erkenntnis verstärkt noch das Gefühl. Da ist etwas, knapp außer Sicht. Etwas Böses. Es zieht mich dorthin zurück. Falls das ein Zauber sein sollte, fühlt er sich nicht so an wie die, die ich bisher erlebt habe. Belinda Burke hat den Opfern ihrer schwarzen Magie alle Kraft geraubt und ihre Körper sterbenskrank zurückgelassen. Dieser Angriff zielt auf den urtümlichsten Teil meines Gehirns: eine Warnung, die abschreckend und magnetisch zugleich wirkt. Ich kann mich nicht einfach ohne Erklärung oder klare Antwort davon abwenden, ebenso wenig wie ich David dazu überreden konnte, mich allein vor einer Rocker-Bar stehen zu lassen – ich musste erst zu einer Erpressung greifen. Dafür werde ich mich später entschuldigen.
    Ein Wagen biegt auf den Parkplatz ab. Ein dunkler Ford, gefolgt von einem zweiten. Nichts schreit so laut »Polizei« wie zwei identische, dunkle Ford-Limousinen. Ich weiche in den Schatten zurück und beobachte sie. Als einer der Fahrer aussteigt, erkenne ich ihn sofort. Detective Harris vom Morddezernat des San Diego Police Department.
    Drei weitere Autos, sämtlich Streifenwagen, halten um den Parkplatz herum, womit er praktisch abgeriegelt ist. Harris dirigiert die Beamten per Handzeichen und postiert sie neben der Tür und um die Reihe Harley Davidsons vor der Bar. Einen schickt er hinters Haus, doch der Uniformierte kommt gleich wieder zurück. Wie David und ich vorhin schon festgestellt haben, gibt es keinen Hinterausgang, nur ein kleines Fenster dicht unter der Decke in der Damentoilette.
    Als Harris bereit ist, zieht er seine Waffe, hält sie unauffällig mit herabhängendem Arm an der Seite und verschwindet durch die Tür. Drinnen bricht die Hölle los. Schreie. Gefluche. Poltern und Trampeln. Rocker quellen zur Tür heraus und laufen schnurstracks in eine Reihe Polizisten, die sie mit gezückten Waffen erwarten.
    Zugleich höre ich ein Geräusch von der Rückseite des Gebäudes. Ein Fenster quietscht. Es ist so leise, dass die Polizisten vorne es nicht hören können, ein Vampir aber sehr wohl. Außerdem sind die Uniformierten vollauf damit beschäftigt, die panische Herde Rocker zusammenzutreiben. Ich husche unbemerkt zur Rückseite.
    Da versucht ein Mann, sich durch dieses winzige Fenster der Damentoilette zu schieben. Sein Kopf hängt draußen herab, die Hände suchen hektisch nach Halt an der Holzverkleidung. Er steckt fest. Er hebt den Kopf und entdeckt mich. »He, du da.« Er flüstert, und doch klingt seine Stimme barsch und herrisch. »Hilf mir hier raus.«
    Das scheußliche Gefühl in meinem Magen wird stärker. Ich starre in dieses Gesicht. Dunkle Haut, Augen voller Hass, der Mund zu einem verächtlichen Grinsen verzogen. Ich trete einen Schritt zurück. »Hast du nicht gehört, du Miststück?« Er versucht sich hochzustemmen.
    Als er diesmal den Kopf hebt, bin ich bereit. Ich wappne mich für die Woge von Übelkeit, die sein Blick in mir auslöst. Die Kopfschmerzen, das Gefühl, etwas Böses sei ganz nah, die üble Vorahnung, die mir den Magen umdreht – all das kommt von einem Arschloch, das wie eine fette Kröte in einem Klofenster feststeckt.
    Ich schlucke meinen Ekel herunter. »Was bist du?«
    Er unterbricht sein Gezappel, um mir einen teils erstaunten, teils wütenden Blick zuzuwerfen. »Was soll das heißen, was ich bin? Bist du irre?«
    All meine Vampirsinne sind erwacht. Ich versuche in seinen Kopf vorzudringen. Bist du ein Vampir? Ein Gestaltwandler? Ein... eine Hexe?
    Nichts. Ich empfange nur schwarze Leere, eine tiefe Grube aus Boshaftigkeit. Und die Gewissheit, dass er ein Mensch ist. Ein Mensch? Wie ist das möglich? Wie kann er meinen Sinnen so übel mitspielen, wenn er ein Mensch ist?
    Wir starren einander an. Er hält meinen Geist gefangen wie in einem Schraubstock. Mein Instinkt kreischt, ich solle ihm die Kehle herausreißen, schnell, ehe er sich
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