Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht
Autoren: Jeanne C. Stein
Vom Netzwerk:
befreit, ehe er entkommt und... Und was? Er ist ein Mensch.
    Er findet als Erster die Sprache wieder und läuft rot an. »Du dämliche Schlampe. Wenn ich hier raus bin, bringe ich dich um.« Er fängt wieder an, wild um sich zu schlagen und sich mit den Händen gegen die Wand zu stemmen, um seinen breiten Arsch durch eine Öffnung zu schieben, die kaum größer ist als sein Kopf.
    Ich habe zwei Möglichkeiten. Nach Harris rufen oder warten, bis der Kerl selbst anfängt zu brüllen, weil ihm klar wird, wie fest er in dem Fenster klemmt – dass er wahrscheinlich verhungern wird, wenn ihn niemand findet.
    Nein. Es gibt noch eine Möglichkeit. Eine Stimme in meinem Kopf. Töte ihn.
    Kapitel 3
    Ihn töten? Wo kam das denn auf einmal her? Ich spüre ein Kribbeln im Bauch. Mit diesem Gefühl steigt eine verblüffende Erkenntnis in mir auf. Welcher Instinkt mich auch dazu drängen mag, diesen Mann zu töten, er hat recht. Menschlich oder nicht, der Typ ist böse. Er stellt eine Bedrohung dar.
    Ich halte inne und wittere. Er riecht nach Boraxseife und Chlorbleiche. Nicht nach Straßenstaub und Schweiß, wie der Rest seiner RockerKumpel. Und unter der scharfen Seife – der durchdringende, vertraute Geruch von Blut. Nicht seines. Er hat heute Nacht Blut vergossen. Wessen Blut? Ist Harris seinetwegen hier? Egal. Das hier kann ich selbst erledigen. Augenblicklich ist mein Kopf klar. Die Kopfschmerzen sind wie weggeblasen, und eine eigenartige Ruhe überkommt mich.
    Etwas, das ich erledigen sollte. Ich mahle hinter fest zusammengekniffenen Lippen erwartungsvoll mit den Zähnen. Ein Knurren dringt aus meiner Kehle. Als er wieder aufblickt, sieht er mich – mein wahres Ich, die Vampirin.
    »Was ist mit deinen Augen los?« Diesmal klingt seine Stimme nicht bedrohlich, nur verwirrt und ängstlich. Ich weiß, warum. Ich weiß, wie die Augen eines Vampirs aussehen – gelb glühend mit schlitzförmigen Pupillen. Katzenaugen. Die menschliche Anna versucht einzugreifen. Sie flüstert: »Halt. Du darfst ihn nicht töten. Er ist ein Mensch. Er hat dir nichts getan.«
    Ist mir egal. Meine Hände sind zu Fäusten geballt, die Blutlust ist erwacht. Ich nähere mich leicht geduckt, langsam und bedacht wie ein Raubtier, das sich an seine Beute heranschleicht. Ich genieße seine Angst. Ich wittere sie im Wind und rieche sie in dem Schweiß, der ihm übers Gesicht rinnt.
    Er ist wie gebannt, kann den Blick nicht abwenden – eine Ratte vor einer Kobra.
    Ein Gefühl der Macht durchflutet mich und schwemmt Zögern und Bedenken fort. Stattdessen breiten sich Gier und eine eigenartige Klarheit in mir aus. Ich bin nur deshalb hier, um ihn zu töten. Ich habe David weggeschickt, um ihn zu töten.
    Kapitel 4
    »Na sieh mal an, wen haben wir denn da? Anna Strong.« Harris.
    Nein. Dreh dich nicht um. Halte dich nicht auf. Töte ihn. Er ist ein Mörder. Ich trete einen weiteren Schritt vor.
    »Anna? Was ist los mit Ihnen?«
    Der Typ im Fenster findet die Sprache wieder. »Helfen Sie mir. Das Miststück ist irre. Schauen Sie sich mal ihre Augen an.«
    Ich spüre, dass Harris näher kommt. Er darf nichts merken. Das lässt mich innehalten. Ich richte mich auf, schließe die Augen und beruhige mein wild schlagendes Herz. Mein Kiefer entspannt sich, die Fäuste werden locker. Als Harris mich am Arm berührt, hat die menschliche Anna die Kontrolle wiedergewonnen. »Was tun Sie hier?« Er weist mit dem Daumen auf den Kerl im Fenster. »Um den kann es nicht gehen. Er hat vor keinem Richter gestanden. Noch nicht.«
    »David und ich... « Ich lasse die Erklärung in der Luft hängen und wende den Blick wieder dem Fenster zu, wo die Kröte gerade von zwei Polizisten nach drinnen gezerrt wird. Er protestiert nicht.
    »Wer ist er? Was hat er getan?« Harris wartet, bis die Kollegen drinnen rufen, dass sie ihn haben, ehe er antwortet: »Sein Name ist Joe Black. Vor etwa zwei Stunden hat er seine Frau und ihren Liebhaber ermordet. Wir haben einen Tipp bekommen, dass er sich bei den Angels herumtreibt. War nur eine Vermutung, dass wir ihn hier finden könnten.«
    Er wendet sich ab und bedeutet mir, ihm zu folgen. Das tue ich, wenn auch widerstrebend. Zugleich suche ich nach einer Erklärung dafür, warum ich wusste, dass Black Blut vergossen hatte, ehe Harris es mir bestätigt hat.
    Als wir wieder vor der Bar stehen, frage ich: »Warum sind Sie eigentlich hier, Harris? Nicht Ihr Zuständigkeitsbereich, oder?«
    Er zuckt kommentarlos mit den Schultern und gibt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher