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Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ich die Straße für mich allein. Ein kurzer, einsamer Spaziergang an einem Dezemberabend. Überall lagen Glasscherben, ich musste sehr aufpassen, wohin ich mit den hohen Absätzen trat. Zwischen den Gebäuden verlief eine Gasse. Sie sah aus wie die natürliche Behausung der Spezies des gemeinen amerikanischen Straßenräubers. Ich spähte aufmerksam in die Dunkelheit. Nichts bewegte sich. Mit der Browning war ich nicht allzu beunruhigt, aber trotz dem ... Man braucht kein Genie zu sein, um jemanden von hinten zu erschießen.
    Als ich mich der Ecke und damit relativ sicherem Terrain näherte, wehte der Wind so kalt, dass es mir den Atem nahm. Im Winter trug ich häufig Pullover, aber heute wollte ich ein bisschen schicker sein, also fror ich mir den Hintern ab und hoffte, dass Richard die rote Bluse gefiel.
    An der Ecke gab es Lampen, Autos und einen Polizisten, der auf der Straße den Verkehr regelte. In diesem Teil von St. Louis sah man nie so viel Polizei, außer wenn im Fox etwas lief. Es kamen viele Reiche in Pelz, mit Diamanten und Rolex hierher. Wäre nicht zuträglich, wenn der Freund eines Stadtrats überfallen würde. Als Topol noch einmal seine Rolle im »Fiddler on the Roof« spielte, kam die Creme de la Creme ins Theater, und es wimmelte nur so von Polizisten. Heute Abend war alles ganz normal. Hauptsächlich standen sie vor dem Theater, regelten zumeist den Verkehr, sahen sich aber auch an den schäbigen Rückseiten der Gebäude um, für den Fall dass einer mit Geld sich aus dem Licht entfernte.
    Ich ging durch die Glastüren in den langen, schmalen Eingangsflur. Er war hell erleuchtet, geradezu strahlend. Rechts gibt es einen kleinen Raum, wo man seine Karten abholen kann. Dort strömten Leute heraus und eilten auf die innere Glastür zu. Ich war nicht so spät dran wie ich dachte, wenn noch so viele Leute ihre Karten holten. Oder sie hatten sich genauso verspätet wie ich.
    Ich entdeckte Richard in der hinteren rechten Ecke. Mit seinen Einsvierundachtzig ist er in einem überfüllten Raum leichter zu finden als ich mit meinen Einsechsundsechzig. Er stand vollkommen still, nur seine Augen verfolgten die Bewegungen der Menge. Er wirkte nicht gelangweilt oder ungeduldig. Es schien ihm Spaß zu machen, die Leute zu beobachten. Seine Augen folgten einem älteren Paar durch die Glastüren. Die Frau ging am Stock, sie kam nur quälend langsam vorwärts. Richard drehte den Kopf im selben Tempo mit. Ich schaute mir die übrigen Leute an. Alle anderen waren jünger und liefen mit sicherem oder eiligem Schritt. Hielt Richard nach Opfern Ausschau? Nach Beute? Schließlich war er ein Werwolf. Seit er eine verseuchte Impfstoffcharge erwischt hatte. Einer der Gründe, weshalb ich mich nie hatte impfen lasse. Wenn meine Grippeimpfung mal versagt, in Ordnung, aber einmal im Monat ein Fell zu bekommen, nein, danke.
    Merkte er nicht, dass er dastand und den Leuten hinterher sah wie ein Löwe einer Herde Gazellen? Vielleicht dachte er bei dem älteren Paar aber auch nur an seine Großeltern. Himmel, vielleicht unterstellte ich ihm Motive, die ausschließlich in meinem misstrauischen kleinen Gehirn existierten. Na hoffentlich.
    Seine Haare waren braun. Bei Sonnenschein schimmerten manche Strähnen golden bis kupferrot. Eigentlich war es schulterlang, fast so lang wie meins, aber er musste etwas damit gemacht haben, vielleicht hatte er's zusammengebunden, denn man hatte den Eindruck eines sehr kurzen Haarschnitts. Was bei seinen Locken nicht einfach war.
    Sein Anzug war von einem satten Grün. Die meisten Männer hätten darin ausgesehen wie Peter Pan, aber zu ihm schien er genau zu passen. Beim Näherkommen sah
    ich, dass sein Hemd einen hellen Goldton und die Krawatte ein dunkleres Grün als der Anzug hatte. Gemustert war sie mit kleinen roten Tannenbäumen. Ich hätte ja gern über die Krawatte gelästert, aber wo ich selbst in Rot und Grün ging und einen Weihnachtsengel am Revers trug, konnte ich mich kaum beklagen, oder?
    Er entdeckte mich und lächelte. Bei seiner braunen Haut wirkte das Lächeln sehr strahlend. Sein Nachname, Zeeman, war holländisch, aber unter seinen Vorfahren musste irgendwo ein Nichteuropäer gewesen sein, einer, der weder blond noch hellhäutig noch unterkühlt war. Seine Augen waren schön schokoladenbraun.
    Er nahm sanft meine Hände und zog mich zu sich heran. Drückte mir sacht die Lippen auf den Mund, ein kurzer, fast keuscher Kuss.
    Ich trat einen Schritt zurück, um Atem zu holen. Er
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