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Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten
Autoren: Laurell K. Hamilton
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war, die Karten zu bezahlen, darauf mochte ich wetten, aber er schwieg dazu. Kluger Mann.
    Der Vorhang hob sich, und man sah eine Szene auf offener Straße, in leuchtenden Farben, perfekt stilisiert und fröhlich, genau wie ich es brauchte. Die »Fugue for Tinhorns« füllte die erleuchtete Bühne und strömte in die beglückte Dunkelheit. Gute Musik, Komik, ein paar Tänzer, Richard dicht neben mir, die Pistole unterm Arm - was konnte sich eine Frau Besseres wünschen?

3
     
    Ein paar Leute waren vor dem Ende des Musicals hinausgeschlüpft, um der Masse zuvorzukommen. Ich blieb immer bis ganz zum Schluss sitzen. Es erschien mir unfair, sich fortzustehlen und nicht zu applaudieren. Außerdem konnte ich es nicht leiden, von einer Sache den Schluss zu verpassen. Ich glaubte dann immer, dass mir das Beste entgangen war.
    Es gab stehende Ovationen, und wir schlossen uns begeistert an. Ich bin noch in keiner Stadt gewesen, wo man so häufig stehend applaudiert. Zugegeben, manchmal war die Vorstellung wunderbar, so wie heute, aber ich hatte auch schon erlebt, dass die Leute beim Klatschen aufstanden, obwohl die Aufführung das nicht verdient hatte. Ich stehe nicht auf, wenn es mir damit nicht ernst ist.
    Richard setzte sich wieder hin, nachdem das Licht angegangen war. »Ich würde lieber warten, bis sich der Strom ausgedünnt hat. Wenn du nichts dagegen hast.« Seinem Blick sah ich an, dass er nicht damit rechnete.
    Ich hatte nichts dagegen. Wir waren jeder mit dem eigenen Wagen gekommen. Sobald wir das Fox verließen, würde der Abend zu Ende sein. Offenbar wollte keiner von uns schon gehen. Ich jedenfalls nicht.
    Ich stand an die Vorderreihe gelehnt und sah auf ihn hinunter. Er lächelte zu mir herauf, seine Augen leuchteten verlangend, vielleicht sogar liebend. Ich lächelte auch. Schien wohl nicht anders zu können.
    »Du weißt, dass dieses Musical sehr sexistisch ist«, sagte er. Ich dachte einen Moment lang darüber nach, dann nickte ich. » Ja.« »Aber es gefällt dir?« Ich nickte.
    Er blickte mich skeptisch an. »Ich dachte, es würde dich beleidigen.« »Es gibt Besseres, als sich darüber zu ärgern, dass >Guys and Dolls< keine ausgewogene Weltsicht widerspiegelt.«
    Er lachte auf - ein schöner Klang. »Prima. Für einen Augenblick hatte ich befürchtet, ich müsse meine Rodgers-Hammerstein-Sammlung abstoßen.«
    Ich musterte sein Gesicht und versuchte zu ergründen, ob er mich aufzog. Ich glaubte es nicht. »Du sammelst tatsächlich die Musik von Rodgers und Hammerstein?« Er nickte, und das Lachen leuchtete ihm aus den Augen.
    »Alles von Rodgers und Hammerstein oder alle Musicals?« »Ich habe nicht alle, aber ich hätte sie gern.« Ich schüttelte den Kopf. »Was ist?« »Du bist ein Romantiker.« »Bei dir klingt das wie etwas Schlimmes.«
    »Dieser ganze Glücklich-bis-an-ihr-Lebensende-Mist hat mit dem Leben nicht viel zu tun.«
    Nun musterte er mein Gesicht. Augenscheinlich gefiel ihm nicht, was er sah, denn er runzelte die Stirn. »Dieser Abend war dein Vorschlag. Wenn du von diesem glücklichen Zeug nichts hältst, warum hast du mich dann hierher gebracht?«
    Ich zuckte die Achseln. »Nachdem ich dich zu einem schicken Abend animiert hatte, wusste ich nicht, wohin. Ich wollte nicht das Übliche. Außerdem mag ich Musicals. Ich finde nur nicht, dass sie realistisch sind.«
    »Du bist gar nicht so hart, wie du vorgibst.« »Doch, bin ich.« »Das glaube ich nicht. Ich glaube, dir gefällt dieses Glücklich-bis-ans-Lebensende genauso wie mir. Du hast zu viel Angst, um daran zu glauben.«
    »Ich habe keine Angst, ich bin nur vorsichtig.« »Zu oft enttäuscht worden?«, fragte er. »Vielleicht.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Psychologe hätte jetzt gesagt, ich würde mich abriegeln, die Kommunikation verweigern. Zum Teufel damit.
    »Was denkst du?« Ich zuckte die Achseln. »Sag es mir, bitte.«
    Ich schaute in seine ernsten braunen Augen und wollte nach Hause und allein sein. Stattdessen. »Glücklich bis ans Lebensende, das ist eine Lüge, Richard, und das ist es gewesen, seit ich acht war.«
    »Der Tod deiner Mutter«, antwortete er.
    Ich sah ihn nur an. Ich war vierundzwanzig Jahre alt, und der Schmerz dieses allerersten Verlusts war noch immer nagelneu. Man konnte damit umgehen, ihn aushalten, aber nicht davon wegkommen. Glauben Sie niemals ernsthaft an den wunderbaren, schönen Platz im Leben. Glauben Sie niemals, dass das Schlimmste nicht auf Sie herabstürzt und Ihnen nicht
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