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Angstfalle

Angstfalle

Titel: Angstfalle
Autoren: Elke Schwab
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Holzschemeln. Verschiedene Kakteen bildeten eine angenehme Abwechslung im Raum, eine Klivie, die nur einmal im Jahr leuchtend rot blühte, Orchideen, deren Farbenpracht eine Augenweide war. Außerdem experimentierte sie mit Samen und es gelang ihr nicht selten aus verschiedenen Arten Kreuzungen zu züchten. Sie brachte selbst exotische Pflanzen zu jeder Jahreszeit zum Blühen. Während sie jedes Gewächs begutachtete, strich sie liebevoll über einzelne Blätter. Ihre Laune hatte sich gebessert. Sie würde sich von Roland Berkes das Leben nicht schwer machen lassen, nahm sie sich vor, während ihr Blick fest an dem blühenden Maiglöckchen haftete, eine Pflanze, die schön aber auch giftig ist. Sie verkörperte Eigenschaften, die Trixis Fantasie anregten.
    Sie sammelte vertrocknete Blätter ein und löschte das Licht.
    Nach diesem täglichen Ritual betrat sie ihr Schlafzimmer. Es war voll gestellt mit Schränken aus Kindertagen. Kommoden, Vitrinen, einem alten, breiten Bett, mehreren Nachttischschränkchen, Stehlampen und einem Ohrensessel, der einst ihrer Großmutter gehört hatte. Normalerweise empfand sie die Enge als gemütlich, aber heute spürte sie Beklemmung. Durch das Fenster ihres Schlafzimmers sah sie direkt auf den Berg, an den das Haus angebaut worden war. Von dort drang nur wenig Licht herein, weil der bewaldete Hügel das Sonnenlicht schluckte.
    Sie zog die Rollläden herunter und legte sich ins Bett. Leider war sie so aufgewühlt, dass sie Stunden brauchte, bis sie endlich einschlafen konnte. Deshalb wirkte sie am nächsten Morgen übernächtigt und gereizt. Ihre Kollegin und Freundin Käthe meinte ironisch: »Die Nacht ist zum Schlafen da. Auch für dich.«
    »Ich konnte nicht schlafen, weil ich Schreckliches erlebt habe!«
    »Machst du Witze?«, fragte Käthe verdutzt.
    »Seit Monaten werde ich von einem heimlichen Verehrer belästigt. Findest du das witzig?«
    Käthe starrte ihre Freundin nachdenklich an, schaute in den Spiegel und meinte resigniert: »Ich würde es witzig finden, überhaupt mal einen Verehrer zu haben.«
    Trixi stellte sich neben sie. Ihr blondes Haar legte sich in sanften Wellen um ihr ebenmäßiges Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den leicht schräg stehenden Augen. Ihre Figur war schlank, die Beine lang, ihre Taille schmal. Käthe dagegen wirkte blass mit vielen Pickeln. Ihre Haare waren trotz intensiver Pflege strähnig, die Figur durch die vielen Medikamente, die sie einnehmen musste, aufgeschwemmt. Den Kittel trug sie offen, weil sie ihn nicht mehr zuknöpfen konnte. Ihre Arme waren mit roten Pusteln bedeckt, eine Allergie gegen die Medikamente, auf die sie nicht verzichten konnte. Sie litt an Epilepsie, also hatte sie die Wahl zwischen Krämpfen oder äußerlichen Beeinträchtigungen.
    Schlagartig tat es Trixi leid, dass sie so heftig reagiert hatte. Ihr war es noch nie schwer gefallen, Männerbekanntschaften zu machen. Deshalb nahm sie sich auch das Recht heraus, einen Mann selbst auszusuchen und sich nicht aussuchen zu lassen. Aber dass es auch anders sein könnte, darüber hatte sie nicht nachgedacht.
    Entschuldigend nahm sie die junge Frau in den Arm, drückte sie an sich und schlug vor: »Ich färbe deine Haare blond und frisiere dich. Du wirst sehen, dass das viel ausmacht und du sofort besser aussiehst.«
    »Das muss ich mir noch überlegen.«
    »Überlege nicht zu lang. Wir sind schon dreißig, unsere biologische Uhr tickt.«
    Am Nachmittag traf Roland Berkes mit einer neuen Lieferung ein.
    Trixi fauchte ihn im Hinterzimmer böse an: »Ist es notwendig, mir mit deinen doofen Geschenken die Scheiben einzuwerfen?«
    Verständnislos stammelte er: »Nein! Was soll diese Frage?«
    »Dann hör auf mir nachzuspionieren! Ich lasse mich nicht unter Druck setzen!«
    »Das verstehst du völlig falsch«, wehrte Roland sich. Sein rundes Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Ich will dir doch nur eine Freude machen. Wenn dir mein Geschenk nicht gefällt, tut es mir leid. Sag mir, was ich dir schenken kann!«
    »Gar nichts! Nichts, nichts und wieder nichts!«
    »Aber, wie soll ich dir denn zeigen, was ich für dich empfinde?«
    »Ich will nicht, dass du überhaupt etwas für mich empfindest. Such dir eine andere Frau!«
    Geknickt und sichtlich ratlos verließ Roland das Hinterzimmer und den Salon. Trixi schaute ihm nach. Wie ein begossener Pudel wirkte er. War sie zu gemein zu ihm gewesen? Nein, schüttelte sie energisch den Kopf. Sie hatte sich richtig verhalten.
    Am Abend
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