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Angstfalle

Angstfalle

Titel: Angstfalle
Autoren: Elke Schwab
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regnete es. Außerdem wehte ein kalter Wind. Die Heimfahrt war eine Qual, weil der Regen ihr in die Augen geriet, sodass sie alles verschwommen sah. Außerdem fror sie entsetzlich. Durch das Zittern ihrer Beine fiel ihr das Strampeln noch schwerer.
    Endlich erreichte sie die Brücke. Plötzlich drang ein lautes Scheppern an ihr Ohr, das sogar das Rauschen des Regens und des Windes übertönte. Es hörte sich an, als seien mehrere Metallteile aufeinander geschlagen. Sie zuckte zusammen.
    Zitternd vor Angst und Kälte sperrte sie daheim hastig die Tür auf und schob ihr Fahrrad in den Flur, was sie sonst nie tat. Aber das Geräusch hatte sie so erschreckt, dass sie nicht den Mut aufbrachte, das Vehikel im dunklen Keller zu verstauen. Das Untergeschoss bestand aus Gewölben, wo Trixi hinter jedem Pfeiler das Schlimmste vermutete. Schon als Kind hatte sie sich davor gefürchtet, was ihre Mutter allerdings nicht interessierte. Beharrlich hatte sie das verängstigte Kind in den Keller geschickt, um Vorräte zu holen. Schlotternd vor Angst hatte sich Trixi gefügt, eine lästige Pflichterfüllung, die ihre Horrorfantasien beflügelt hatte. Heute lebte sie mit einer tief verwurzelten Angst. Das neu installierte elektrische Licht machte es nicht besser, im Gegenteil. Die dicken Pfeiler warfen lange Schatten, hinter denen sich leicht jemand verstecken konnte. Zum Glück konnte sie heute selbst entscheiden, ob und wann sie dieses finstere Gewölbe betrat.
    Im Flur tropfte das Regenwasser vom Fahrrad und hinterließ eine hässliche, braune Pfütze. Trixi wollte die schmutzige Lache wegwischen, aber es tropfte immer wieder nach. Das Wasser hatte sich in den Schutzblechen über den Reifen gesammelt.
    Enttäuscht machte sie sich auf den Weg ins Badezimmer, als sie meinte ein Klopfen am Wohnzimmerfenster zu hören. Aber wie konnte jemand an ein Fenster klopfen, das sich in drei Metern Höhe befand?
    Ängstlich betrat sie das große Zimmer, dessen Mobiliar zum größten Teil aus Antiquitäten bestand, ein Überbleibsel ihrer Eltern, die eine große Leidenschaft für alte Möbel hatten. Dazwischen standen ein elegant gestylter Sessel in gebrochenem Weiß und ein tiefes, bequemes Sofa mit Schonbezug, eine Errungenschaft, auf die sie sehr stolz war. Darunter lag ein teurer Perserteppich in einem kräftigen Blau, der ihre Schritte dämpfte. Ein Klappsekretär füllte die Ecke links vom Fenster aus, eine Vitrine, voll gestopft mit Porzellan und Kristallvasen die andere Ecke. Stehlampen in verschiedenen Stilrichtungen waren im ganzen Zimmer verteilt. Sie traute sich nicht eine dieser Lampen anzuschalten. Vorsichtig näherte sie sich in der Dunkelheit dem Fenster, um das Rollo herunterzulassen.
    Als sie sich ins Bett legte, hörte sie ein Geräusch am Schlafzimmerfenster. Der Rollladen war verschlossen, aber sie fühlte sich trotzdem nicht sicher. Nachts schreckte sie immer wieder hoch.
    Unausgeschlafen verließ sie am nächsten Morgen das Haus. Vor der Tür wäre sie beinahe über einen bunten Blumenstrauß gestolpert. Sie konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen und betrachtete widerwillig das wunderschöne Arrangement leuchtend bunter Blumen. Eine Karte hing daran, es war eine Standardkarte aus dem Blumenladen. Die Grüße lauteten einfach nur: »In Liebe.«
    Das reicht, dachte Trixi.
    Auch wenn es ihr um die schönen Blumen leidtat; es war der Hintergedanke, der damit verbunden war, weshalb sie den Strauß entnervt zwischen die verrosteten Autowracks schleuderte. Durch dieses Ereignis war sie so aufgewühlt, dass sie nicht auf direktem Weg zu ihrer Arbeit im Saarbasar am Fuße des Eschbergs fuhr, sondern einen Umweg über die Polizeiinspektion in der Saarbrücker Straße machte.
    Sie betrat ein kleines Büro und sah einen Polizeibeamten hinter einem Monitor sitzen.
    »Ich möchte eine Anzeige erstatten«, begann sie.
    »Gegen wen?«, fragte der Polizist und schaute sie prüfend an.
    Trixis blondes Haar war zerzaust, ihr Gesicht fleckig, die Augen umschattet. Normalerweise schminkte sie sich erst im Friseursalon. Dieser Polizist musste einen tollen Eindruck von ihr haben.
    »Gegen Roland Berkes.«
    »Was tut er denn?«
    »Er belästigt mich.«
    »Wie?«
    »Er schenkt mir Blumen, versucht immer wieder, mich zu einem Rendezvous zu überreden, legt mir Geschenke vor die Haustür, traktiert mich mit Anrufen.«
    »Warum beschweren Sie sich?«, fragte der Polizist sichtlich erstaunt. »Seien Sie froh, dass Sie die Aufmerksamkeit eines Mannes
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