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Angstfalle

Angstfalle

Titel: Angstfalle
Autoren: Elke Schwab
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konnte das sein?
    Sie ließ den Fensterschutz mit Schwung heruntersausen. Diese Prozedur wiederholte sie an jedem anderen Fenster. Hatte sie schlecht geträumt? Wie sollte ein Mann bis zu dieser Höhe gelangen. Das musste ein Hirngespinst gewesen sein.
    Müde legte sie sich ins Bett, lag aber den Rest der Nacht wach.
    In den nächsten Tagen war im Friseursalon so viel los, dass Trixi ihre Sorgen verdrängen konnte. Sie freute sich auf die Mittagspausen bei einer Tasse Kaffee in der angrenzenden Kammer, wo sie mit ihrer Freundin Käthe über die kommenden Weihnachtsfesttage plaudern konnte. Sie genoss es, mit ihr zu lachen und Pläne zu schmieden, von denen beide wussten, dass sie sie niemals umsetzen würden. In dieser Zeit herrschte angenehme Stille im Salon, die sie sich nicht gerne nehmen ließen.
    Als um die Mittagszeit ein Kunde vor der Tür stand und klopfte, stand Trixi nur widerwillig auf. Sie empfand es als dreist, während der Mittagspause zu stören. Doch der junge Mann, der vor ihr stand, ließ sie den Ärger vergessen.
    »Was darf es sein?«, fragte sie honigsüß.
    Er lachte mit perfekten, weißen Zähnen und antwortete: »Meine Haare sind zu lang. Können Sie etwas dagegen tun.«
    »Klar«, antwortete Trixi. Sie bot ihm einen Stuhl an und begann mit flinken Händen zu schneiden. Der junge Mann ließ sie dabei nicht aus den Augen.
    »Haben Sie kein Vertrauen?«, fragte Trixi deshalb neckend.
    »Oh doch«, versicherte er. »Ich schaue Sie einfach nur gern an.«
    Diese Antwort brachte sie ein wenig aus dem Konzept, aber sie riss sich zusammen.
    »Das ging aber schnell«, bemerkte er hinterher.
    Leider, dachte Trixi und machte die Rechnung fertig.
    »Ich werde mir Ihren Salon merken.«
    »Wie soll ich das verstehen? Positiv oder negativ?«
    »Positiv natürlich.«
    »Dann möchte ich gern Ihren Namen notieren«, reagierte Trixi prompt. »Ich lege eine Kundenkarteikarte für Sie an.«
    »Ob das eine gute Idee ist? Mein Name klingt nicht gut.«
    »Meiner auch nicht. Ich heiße Trixi, hört sich albern an.«
    »Nein, das klingt schön. Ich heiße Fritz.«
    »Ist doch ein interessanter Name. Da kann sich alles Mögliche dahinter verbergen.«
    »Sie haben viel Fantasie, wenn Ihnen dazu etwas einfällt.«
    »Wie heißen Sie noch?«
    »Lörsch«, gab er an und ging grüßend davon.
    Käthe kam aus dem Kämmerchen und lachte: »Mann oh Mann, du kennst wirklich alle Tricks. Welche Kundenkartei soll das denn sein?«
    Der Tag verflog. Die Menschen waren trotz der Einkaufshektik gut gelaunt, wärmten sich unter den Trockenhauben auf, bevor sie sich wieder hinaus in die Kälte begaben, um ihrer Kauflust zu frönen. Trixi sah in diesen Tagen zum ersten Mal einen Vorteil darin, an Weihnachten allein zu sein. Sie musste sich nicht in das Gewühl der Einkaufshäuser stürzen, denn sie hatte niemanden zu beschenken.
    Nach Feierabend sperrte sie den Salon ab und merkte erst jetzt, dass Roland Berkes an diesem Tag nicht gekommen war.
    Aber leider sollte ihre gute Laune ein schnelles Ende finden. Neben ihrer Haustür hing ein großer Nikolaus, eine Dekoration, wie sie sie an vielen Häusern in der Stadt gesehen hatte. Normalerweise gefiel ihr dieses weihnachtliche Beiwerk. Allerdings nicht, wenn es ohne ihre Zustimmung angebracht wurde. Es gab keinen Zweifel, wem sie das zu verdanken hatte.
    Es war ein schöner Nikolaus, der von einer Lichterkette angeleuchtet wurde. Eine Weile überlegte Trixi, was sie tun sollte. Die Figur machte sich gut an ihrem Haus, was ihre Wut über die Unverfrorenheit dämpfte. Gegen jede Vernunft beschloss sie, alles so zu lassen wie es war, und ging hinein.
    Als das Telefon klingelte, hob sie nicht ab. Sie ahnte, was Roland Berkes wissen wollte. Da sie nicht die geringste Lust verspürte, ihm das Gefühl zu geben, er hätte ihr einen Gefallen getan, ließ sie es einfach klingeln. Der Anrufer bewies Geduld, denn das Telefon läutete in regelmäßigen Abständen. Aber Trixi blieb eisern.
    Am nächsten Morgen war Roland Berkes der erste Besucher.
    »Ich habe mehrmals versucht, dich anzurufen«, begrüßte er sie. »Ich dachte schon, es sei etwas passiert!«
    »Was soll schon passieren?«
    »Wie gefällt dir der Weihnachtsschmuck an deiner Tür?«
    Trixi überlegte sich die Antwort gut. Ein Lob könnte ihn ermuntern. Deshalb war ihr Ton schärfer als beabsichtigt. »Hast du nichts Besseres zu tun, als fremde Häuser zu schmücken?«
    Wie ein begossener Pudel stand Roland vor Trixi, schaute sie eine
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