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Silvermind (German Edition)

Silvermind (German Edition)

Titel: Silvermind (German Edition)
Autoren: T.S. Nightsoul
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Prolog

    Ray hielt den Kopf zwischen den Händen. Immer wieder und wieder spielte er geistig die Akkorde durch. Gedanken wurden zu Worten, die über seine Lippen flossen wie ein Fluss aus lauter Fetzen, die nacheinander Bilder formten. Geflüstert, gehaucht, nur für ihn hörbar. Mit geschlossenen Augen ging er die Lyrics und Melodien durch, verbesserte, formulierte um, probierte aus.

    Lieder waren wie der Wind. Sie umspielten, schmeichelten, kamen sanft, und wenn er nicht aufpasste verwehte die Inspiration wie Staub. Nichts würde mehr übrig bleiben. Keine Spuren, die daran erinnerten, wie der Song hätte sein können. Die Texte leitete er von Gefühlen ab. Ohne Emotionen keine Musik. Ohne Musik kein Leben.

    Für Ray war es das. Seine Leidenschaft hielt ihn aufrecht, wenn er aufgeben, in den Abgrund stürzen wollte. Melodien im Zusammenspiel mit Worten waren sein Elixier. Ray brauchte eine tägliche Dosis.

    Er lehnte sich zurück, starrte an die Decke, die Augen auf keinen bestimmten Punkt gerichtet. Ray sah nichts. Nahm kaum die Umrisse des Zimmers wahr. Für ihn zählte in diesem Moment die Musik, in der er sich treiben ließ.

    Langsam glitten ihm die Lyrics flüssiger über die Lippen. Im Kopf unterstützte er instrumental die Zeilen, die von seinem Leid erzählten. Dass Schatten an der Wand wie Monster wirkten und Gedanken ein endloser Strom im Geist waren. Dunkelheit um ihn lag, wie eine Hülle, und er selbst in der Schwärze unsichtbar blieb. Befreiende Wege schienen gebrochen und seine Seele verbrannte unter den Einflüssen von außen mehr und mehr zu Staub. Ständig war er auf der Suche nach einer Lösung, von der er wusste, dass er sie nie finden würde.

    In letzter Zeit hatte er oft solche Gedanken, die ihn wünschen ließen, der Welt emotionslos entgegen treten zu können. Manchmal war es besser, einfach nichts zu fühlen, als ständigem Schmerz ausgesetzt zu sein. Nur für einen Menschen nahm er all die Qual in Kauf, weil er wusste, wie es war, völlig alleine und auf sich gestellt zu sein. Gäbe es diese Person nicht, wäre Ray nicht mehr an diesem Ort. Er wäre längst aus dem Gefängnis ausgebrochen, das für ihn nicht mehr als Marter bereithielt.

    Für Lora erduldete er die trostlose Schwärze. Er konnte seine kleine Schwester nicht im Stich lassen. Nicht ihrem gemeinsamen Vater ausgeliefert. Es war eine Notwendigkeit, dass Ray die Last auf seinen Schultern trug, damit Lora ein halbwegs normales Leben führen konnte. Sie hatte es in der Vergangenheit schwer genug gehabt. Schon als sie zu ihm und dem gemeinsamen Vater gestoßen war, hatte Ray gewusst, dass er für seine Schwester alles tun würde. Sie konnte nichts dafür, dass das Leben unfair spielte.

    Rays Sicht klärte sich. Der Song war gespielt, das Outro verklungen. Er nahm den Raum mit all den Einrichtungsgegenständen wahr, ließ den Blick schweifen. An der Tür blieb er hängen. Eine kleine Gestalt lehnte im Türrahmen, die Arme verschränkt, ein Lächeln auf den Lippen. Lora. Das Mädchen, das ihm verdammt ans Herz gewachsen war. Für sie hätte er sogar seine Leidenschaft zur Musik aufgegeben.

Kapitel 1 – Nero

    Gelangweilt hörte Nero dem Agenten zu. Seine Aufmerksamkeit gebührte längst nicht mehr dem Typen, der ihm irgendwelche Werbeverträge andrehen wollte. Er wusste Besseres mit seiner Zeit anzufangen. Zudem hatte er ohnehin einen straffen Terminplan und konnte diese Unterbrechung nicht gebrauchen.

    „Nein“, wiederholte Nero wie ein Mantra, sobald der Kerl eine Zustimmung haben wollte. Es war ätzend. Ein Türklinkenputzer, mit dem er sich bereits zehn Minuten herumärgerte. Normalerweise kümmerte sich Neo um solche Angelegenheiten, nicht er. Aber sein Bruder war derzeit mal wieder wie vom Erdboden verschluckt.

    „Wären wir dann endlich fertig?“, fauchte er, als der Agent Anstalten machte, zu einer neuen ausgiebigen Rede anzusetzen.

    „Äh ...“

    „Ja, das freut mich. Schönen Tag noch.“ Damit erhob sich Nero, der Frontsänger von ´Silvermind`. Eine Band, die sich ganz dem Dark-Rock gewidmet hatte und seit jeher durch die Clubs tingelte. Mit einer fahrigen Handbewegung strich er das lange, blonde Haar aus der Stirn und marschierte zu den anderen Bandmitgliedern, die gerade Vorbereitungen für den Abend trafen.

    „Wo ist Neo?“, fragte er in die Runde, zog aus der Manteltasche eine Zigarettenpackung und steckte eine Kippe an. Das ´Rauchen verboten` Schild ignorierte er dabei geflissentlich.

    „Keine
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