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Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)

Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)

Titel: Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
Autoren: Rene Fried
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geschlossen hatte, setzte er sich in einen schweren Lehnsessel nahe dem Kamin und löste die Schleife des silbernen Bandes, das um die Pergamentrolle gewickelt war. Neugierig huschten seine Augen über die geschwungenen Linien, die, so vermutete er, von einer Frau geschrieben sein mussten.

    23. April Lieber Jesta,

    die Zeit des Abschieds ist gekommen. Ich werde zu den Gajorabergen gehen, um dort die Heilige Stätte aufzusuchen, wo ich das Erbe der Schicksalsweber antreten werde. Es wäre mir daher eine große Ehre und eine noch viel größere Freude, wenn Du und unsere Freunde mich ein Stück des Weges begleiten würden.
    Ich erwarte Dich im Morgengrauen des nächsten Tages an der großen Eiche, die sich ein Stück südlich des großen Tores befindet.

    Inoel

    PS: Ich würde mich sehr freuen, wenn Du Taykoo mitbringen würdest!

    Das Pergament glitt Jesta aus den Händen und fiel zu Boden. Also doch, dachte er, sie geht und wird nie wieder kommen. Er hob das Pergament wieder auf, faltete es mehrmals sorgfältig zusammen und steckte es in die Tasche zu all den anderen Dingen, die sich während seiner langen Reise in ihr angesammelt hatten.
    Ob Crydeol es bereits wusste, fragte er sich leise und starrte gedankenversunken in die lodernden Flammen des Kaminfeuers.
    Eine lange Zeit saß er noch da, bis die Holzscheite beinahe vollständig heruntergebrannt waren. Dann nahm er eine Kerze, entzündete ihren Docht an der letzten kleinen Flamme und stieg die Treppe hinauf zu seinem Bett.
    Es war ein ruhe- und traumloser Schlaf, indem er sich immer wieder in den Laken herumwälzte und undeutliche Worte murmelte, denen Taykoo, der auf einem der Bettpfosten ruhte, neugierig lauschte.

    Am nächsten Morgen wurde Jesta durch ein dumpfes Geräusch geweckt, das aus der hinteren Ecke des Raumes in seine Ohren drang und als er sich schlaftrunken erhob und dem Geräusch entgegen schlurfte, sah er Avakas, der vor dem Fenster unruhig mit den Flügeln schlug. Einige Minuten später betrat Jesta die Straße vor seinem Haus und Avakas segelte von dem Fenstersims herab und setzte sich lautlos auf seine Schulter.
    Jesta flüsterte ihm ein kurzes „Guten Morgen“ zu und gemeinsam gingen sie in Richtung der Pferdeställe, um Nevur abzuholen. Die Sonne war noch nicht am Horizont zu sehen, als Jesta auf dem Rücken des Esels durch das Stadttor ritt, und als er zum grauen Himmel hinauf blickte, sah er die verblassenden Sterne und den fahlen Mond, der an diesem Morgen viel weiter als sonst von der Stadt entfernt zu sein schien.
    Nachdem sie ein Stück des Weges zurückgelegt hatten, erhob sich Avakas plötzlich von Jestas Schulter und flog auf die Krone eines großen Baumes zu, der sich am linken Wegesrand aus dem trüben Morgennebel schälte.
    Kurz darauf vernahm Jesta leise Stimmen, die irgendwo aus dem Nebel zu ihm drangen, bis er schließlich eine kleine Gruppe von Personen entdeckte, die auf Pferden unter dem Baum saßen. Es waren Crydeol, Inoel, Candol und eine weitere Frau, die Jesta nie zuvor gesehen hatte. Anhand ihres weiten Gewandes vermute er jedoch, dass sie eine der Schwestern sein musste, die ebenfalls bei der Trauung in Velendors Halle anwesend waren.
    Jesta gab Nevur nun einen leichten Stups mit der Hacke und der Esel trottete auf die Gruppe der Wartenden zu. Erst jetzt bemerkte er zwei weitere Gestalten, die hinter Inoel auf zwei Ponys saßen. Es waren Leeni und Cale.
    „Guten Morgen“, riefen sie ihm gemeinsam zu und Inoel nickte lächelnd.
    „Du hast auf dich warten lassen, weshalb ich sicherheitshalber Avakas losgeschickt habe. Bist wohl spät ins Bett gekommen letzte Nacht, hm?“
    „Guten Morgen, Candol“, erwiderte Jesta und hielt Nevur an den Zügeln an. „Und euch anderen ebenfalls einen guten Morgen, wenn man davon überhaupt sprechen kann.“ Den letzten Teil des Satzes hatte er nur gemurmelt, und doch warf ihm Inoel einen tröstenden Blick zu, stieg von ihrem Pferd ab und strich ihm sanft über die Wange.
    „Schön, dass du gekommen bist, Jesta! Und wie ich sehe“, sie lugte in Richtung Tasche, „hast du auch Taykoo mitgebracht.“
    Jesta nickte und öffnete den Verschluss der Tasche, worauf das Wullom ihr augenblicklich entgegen sprang.
    „Da wir nun vollständig sind“, sagte Crydeol, „sollten wir aufbrechen. Ich möchte nur ungern gesehen werden und vermeiden, dass man uns folgt.“
    Jesta betrachtete besorgt das Gesicht des ehemaligen Generals. Unter seinen traurigen Augen hatten sich dunkle Ränder
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