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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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bewahren, vergaßen Dich. Du warst schließlich ein „beeinträchtigtes Objekt“.
     
    War fast fünf, als ich das nächste Mal ihre Aufmerksamkeit erregte. Verdroß „Liebe und Verständnis“ etwas, indem ich aufblickte und die Wohnzimmerwand mit den Worten kommentierte: „… sieht schrecklich heiß aus.“ War sie auch – aufgrund eines Fehlers in der elektrischen Leitung. Hätte das Haus in kurzer Zeit niedergebrannt.
    Kann mich an das Ereignis gut erinnern. Nicht, daß irgendein besonderes, sofortiges Getue begann, aber Daddy verbrachte den Rest des Abends damit, sich nicht anmerken zu lassen, daß er mich anstarrte.
     
    Der Doktor hatte in den vorangegangenen Jahren viel Zeit damit verbracht, Kinder zu beobachten, deren visuelle Wahrnehmung bis in den Bereich des Infraroten und Ultravioletten reichte, und so bald wie möglich nach diesem Abend ließ er Dich – ohne es Mrs. Foster wissen zu lassen – untersuchen und testen.
     
    Aha! Endlich eine Erklärung, was Daddys Reaktion an diesem Abend verursacht hatte und was es mit der unerklärlichen Nachtblindheit von Freunden auf sich hatte – selbst im Sommer. Konnte natürlich verstehen, daß es schwierig war, im Winter nachts zu sehen; es ist dunkel in einer kalten Nacht. Einzige wahrnehmbare Schimmer kommen von Gesichtern und Händen, und wenn diese kurze Zeit der Kälte ausgesetzt waren, werden Wangen und Nasen merklich dunkler.
    Erinnere mich auch an die Testsitzung. Vorherrschender Eindruck waren die Mienen der anderen Mitarbeiter, als sie die Tests wiederholten, die sie bei früherer Gelegenheit (die verschwörerisch ungenannt blieb) bereits vorgenommen hatten – eine blöde Situation.
     
    Es war kurz nach dem Test (diesmal ganz durchgeführt), der Dich als Homo post hominem identifizierte; anschließend hatte der Doktor diese Tatsache schüchtern Mrs. Foster beigebracht und sie, hilflos kichernd, beichtete ihm, und schließlich gestanden wir anderen die weiteren Tests, die ergeben hatten, daß Du in Deiner intellektuellen Entwicklung wesentlich weiter vorangeschritten warst, als Du es nach der Statistik, die wir aufgrund unserer Studie entwickelt hatten, für Dein Alter sein solltest.
     
    Wie nett. Kann selbst als Superkind nicht normal sein, war trotzdem noch ein Genie. Wie ungerecht.
     
    Genaue Analysen dieses Phänomens erbrachten zwei unabwägbare Faktoren: Erstens, Du hattest zehn Monate nicht überwachter BB-Erziehung hinter Dir, und zweitens, Deine darauffolgende Erziehung war AA von Deiner Mutter und BB von Deinem Vater gewesen. Da wir den ersten Faktor weder analysieren noch beeinflussen konnten, beschlossen wir, auch mit dem zweiten Faktor unverändert fortzufahren, Dich genau zu beobachten und zu hoffen, daß in irgendeiner noch unbekannten Weise die seltsame Mischung aus nachgiebigem Verwöhnen und beschleunigter, motivierender Erziehung, die Du bis dahin genossen hattest, weiterhin diese außergewöhnlichen Resultate bringen würde.
     
    Mamas Tod beendete das Experiment, aber bevor sie starb, versprach Lehrer, daß er die Handhabung meiner Ausbildung übernehmen, mich so hart vorwärts treiben würde, wie ich es akzeptierte, während Daddy (scheinbar) seine klassische BB-Vaterrolle weiterspielte. Mama spürte, daß der Hunger nach Wissen bereits in mir keimte, unterstützt von Daddys vorsichtig-negativer Psychologie, die Umgebung mit ausgewählten Büchern zu versehen. (Ha! Hatte schon immer den Verdacht, daß es seltsam zuging, daß ich stets in meiner Umgebung das von mir gewünschte und benötigte Arbeitsmaterial fand, immer genau zum richtigen Zeitpunkt, wenn ich gerade den vorhergehenden Band ausgelesen hatte – will mich nicht beklagen, wünschte nur, das Lernen wäre schneller gegangen.) Wußte daß die Zwischenzeit ohne Zeitverluste überbrückt wurde. Hatte recht – aber weiß jetzt, wie sich eine Marionette fühlen muß, deren Schnüre so dünn sind, daß sie sie nicht erkennen kann.
    Phase zwei des Planes hatte jedoch einen Haken; es war nicht vorauszusehen, daß es vier Jahre dauern würde, bis Lehrer sich von den Verpflichtungen befreien konnte, die seine Berufe mit sich brachten, sich „zur Ruhe setzen“ konnte.
     
    Glücklicherweise schien die Verzögerung keine Folgen nach sich zu ziehen. Mrs. Fosters Meinung von Dir wurde bestätigt. Dr. Foster berichtete, daß Du jedes Buch fandest, das er für dich auslegte – und dazu etliche, bei denen er das nicht getan hatte. Er sagte, es sei kaum nötig, Dich zu
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