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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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nach oben und hinaus auf die Veranda. War Lehrers Lieblingsmeditationsplatz.
    Setzte mich in die Schaukel und ließ die Beine in den Lotus hinabbaumeln.
    Terry verstand, wanderte von meiner Schulter zu meinem Schoß, drückte sich an mich und fing an, wahllos sein Vokabular aufzusagen, in einer kaum hörbaren Kleinkind-Stimme. Hielt Zwilling eng umschlungen, als der Schmerz sich ausbreitete, die Tränen zu lautlosen, schmerzlichen Schluchzern wurden. Die unkritische Kameradschaft meines Bruders, seine bedingungslose Liebe, all das stand zwischen mir und der alles verschlingenden Schwärze, dem frischen Bewußtsein des Ausmaßes der Verluste, die meine Seele zu überwältigen drohten.
    Zusammen sahen wir zu, wie sich die frühnachmittäglichen Kumuluswolken formten, wie sich Gewitterwolken auftürmten, es rumpelte und krachte und schließlich zuckende Blitze durch die Dunkelheit jagten, wie dunkle Regenstreifen am westlichen Horizont niedergingen, wir sahen zu, bis das abnehmende Tageslicht mich daran erinnerte, wie lange wir hier schon saßen. Im Osten waren schon die helleren Sterne zu sehen.
    Nahm meinen Zustand mit wachsender Überraschung wahr: Augen trocken, Schmerz aus Kehle und Herz verschwunden, Schwärze, die über meiner Seele lag, nur noch Erinnerung. Hatte anscheinend unbewußt meditiert, meinen Kummer überwunden. Alles, was zurückblieb, war eine süße Traurigkeit, wenn ich an Daddy, Mama, Lehrer dachte, sie waren mit allem anderen verschwunden, mit jedem anderen, und hatten nur Erinnerungen zurückgelassen. Merkte plötzlich, daß ich dankbar dafür war, diese behalten zu dürfen.
    Bewegte vorsichtig einen Muskel zur Probe, den ersten seit Stunden. Terry zuckte, reckte sich, wachte auf und fing an zu protestieren – zu Recht –, weil er Hunger hatte. Erhob mich, schob Zwilling auf die Schulter, ging hinein und die Treppe hinunter.
    Nahm „Akte Tarzan“ und Brief vom Lehrer und ging zurück in Daddys Haus. Fütterte Vogelhirn, mich selbst, setzte mich und überflog den Inhalt der Akte.
    Kurz darauf entschied ich, daß Lehrer recht hatte (war ordentlicher Schock): Peter Bell war zweifellos bester zukünftiger Kamerad von allen. Sehr lebhaft, sehr interessiert, sehr bewußt: Ausbildungsberichte klingen fast wie Schwindel (niemand, der so jung ist, kann schon so viel gelernt haben, außer, äh … vielleicht mir – okay); sehr stark, schnell, sehr fortgeschritten in Selbstverteidigung (Achter Grad!), sowie (in Worten des Lehrers): „Erfreulich unbekümmert um seine eigenen Fähigkeiten, ist hauptsächlich daran interessiert, was er als nächstes tun wird.“ Und „… besitzt einen etwas seltsamen Sinn für Humor“. Klingt ganz angenehm. Hoffe, ich werde ihn leiden können.
    Saß einige Minuten da und beruhigte meine Nerven. Dann nahm ich das Telefon, wählte sorgfältig Vorwahl, Anschlußnummer. Nach einigem Klicken und Zischen ertönte das Besetztzeichen, als irgendwo da draußen ein Relais ansprang. Versuchte es noch einmal. Hatte jetzt eine besetzte Leitung (anders als besetzter Anschluß – Unterschied hörbar, wird auch verursacht durch klemmendes Relais). Versuchte es wieder und brummte vor mich hin. Wieder besetzt. Versuchte es noch einmal. Wieder nichts.
    „Das ist aber schlimm“, meinte Terry begeistert und wackelte fröhlich mit dem Kopf.
    Holte tief Luft, sagte ein sehr schlimmes Wort, versuchte es noch mal.
    Hörte es klingeln! Einmal, zweimal, dreimal, dann Klick. „Hallo, Candy, bist du das? Hat ja auch lang genug gedauert. Hier ist Peter Bell. Ich kann im Moment nicht ans Telefon kommen, ich bin draußen beim Vieh. Aber deswegen habe ich diesen Anrufbeantworter gebaut. Er gibt ein Signal, so daß ich weiß, daß du angerufen hast und ich das Band abhören kann.
    Wenn du den Ton am Schluß meiner Nachricht hörst, gib mir deine Telefonnummer, falls du nicht zu Hause bist – vergiß nicht die Vorwahl, falls sie anders ist als deine frühere –, und ich rufe dich sofort an, wenn ich zurück bin und deine Nachricht finde. Junge, bin ich froh, daß es dir gutgeht.
    Biep!“
    Lauschte mit offenem Mund. Konnte mich kaum rechtzeitig zusammennehmen, um zu stottern, daß ich zu Hause sein würde, und wenn nicht, daß ich auf der Farm sei, nannte die Nummer, gerade bevor die Maschine einhängte und das Freizeichen ertönte.
    Wiederholte das schlimme Wort. Fügte noch einiges besonders auf Anrufbeantworter Zugeschnittene hinzu.
    Spülte Geschirr und stellte es weg, füllte Terrys
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