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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel
Autoren: Sebastian Fitzek
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ich die Bestätigung, alles in Ihrer Macht Stehende für mich getan zu haben. Durch Sie gehe ich mit der wohltuenden Erkenntnis von dieser Welt, doch kein völlig nutzloses Subjekt gewesen zu sein.
    Dir, Kitty, hinterlasse ich den Trost, dass ich nie wirklich böse auf Dich gewesen bin. Man darf niemals im Streit gehen, und ich werde es daher auch nicht tun. Ich liebe Dich, Schwesterherz. Und Dir, Mama, vermache ich die Gewissheit, überhaupt keine Schuld an meinem Tod zu tragen. In Deiner Liebe hast Du alles für mich getan. Auch wenn ich Deine Therapieangebote ausgeschlagen habe, brachten sie mich letztlich doch dazu, in die Praxis von Dr. May zu gehen. Vielleicht werde ich Dich noch einmal kurz anrufen, bevor ich meine letzte Reise antrete, damit Du hörst, wie sehr ich Dich jetzt schon vermisse.
    Allerdings knüpfe ich mein Vermächtnis an Dich an eine letzte Auflage: Bitte grübele nicht mehr nach dem >Warum<.
    Warum wurde ich so, wie ich bin? Warum habe ich
    ein Glioblastom? Warum zerstören diese Bastarde ausgerechnet mein Gehirn? Warum sah ich keinen anderen Ausweg?
    Du kannst immer weiter fragen, Mama. Tu das nicht. Es wird Dich irgendwann zerstören. Wenn Du damit nicht aufhörst, wird es Dich von innen auflösen. So wie mich. Ich liebe Dich unendlich. Bis bald.
    Sara Samin, im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte Sie schwiegen eine halbe Stunde. Vielleicht sogar länger. Keiner von beiden sah auf die Uhr. Keiner wollte mit einer billigen Floskel die Stille unterbrechen. »Wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tun kann«, dachte Ira, ist wohl die am häufigsten gebrauchte und zugleich sinnloseste Phrase, die es gibt. Man sagt sie meistens nach Todesfällen, auf Beerdigungen oder nach der Diagnose einer unheilbaren Krankheit auf. Also immer dann, wenn es eben überhaupt nichts mehr gibt, was irgendjemand noch für einen tun könnte. Die leeren Worte rangierten für Ira knapp vor: »Ich bin immer für dich da.« Sie war froh, dass Diesel auch diese barmherzige Lüge nicht benutzte. Stattdessen wechselte er schließlich einfach das Thema: »Ich hab die ganzen Flaschen gesehen, Ira.« Sie putzte sich geräuschvoll die Nase und verzog dann ihre hübschen Mundwinkel zu einem absichtlich künstlichen Grinsen.
    »Du weißt doch, dass ich davon abhängig bin.«
    »Aber gleich den ganzen Kühlschrank voll?«
    »Hol mir eine.«
    »Na klar, ich hab ja sonst nichts zu tun.«
    »Du hast dich selbst eingeladen. Ich wollte nicht, dass du vorbeikommst. Aber wenn du nun schon mal da bist, kannst du dich wenigstens nützlich machen.« Diesel winkte ab und schlurfte schon längst wieder Richtung Küche.
    »Gieß deinen Kindersekt in den Ausguss, und bring dir auch was Anständiges mit«, rief sie ihm hinterher. »Dann trinken wir gemeinsam.«
    »Du kannst dich ruhig alleine mit dem Teufelszeug zugrunde richten«, kam es abfällig aus der Küche zurück. Die Kühlschranktür ging auf, und mehrere Flaschen klirrten gegeneinander.
    »Das Gift hier wird dich noch irgendwann ins Grab bringen.« Er kam mit einer Literflasche aus der Küche zurück zum Esstisch.
    »Was ist übrigens das hier?« Er legte einen Frischhaltebeutel neben die Flasche auf den Tisch. Ira öffnete den Schraubverschluss und nahm den ersten Schluck. »Lag im Gefrierfach. Brauchst du die Dinger etwa noch?«, hakte er nach. Sie sah nicht auf das Tütchen mit den Kapseln.
    »Vielleicht.«
    Ira wollte nicht mit ihm streiten und war froh über die Ablenkung von der Haustür. Es klopfte. Erst zaghaft. Dann etwas lauter.
    »Wer war das übrigens vorhin am Telefon?«, erinnerte sie sich, während sie aufstand.
    »Die gleiche Person, die vermutlich jetzt vor deiner Tür steht. Ich hab ihr gesagt, sie soll vorbeikommen.«
    »Von wem sprichst du?«
    »Das kannst du dir bestimmt denken.«
    Sie drehte sich ruckartig zu ihm um und zeigte mit dem Zeigefinger auf seinen Oberkörper. »Also, pass mal auf, Diesel. Wenn wir uns noch mal wiedersehen wollen, dann musst du dich bei mir an bestimmte Regeln halten, kapiert?«
    »Oh, jetzt weiß ich auch, warum dich Götz so gerne hatte«, entgegnete er grinsend.
    »Regel Nummer eins: Lade niemals jemanden ohne mein Wissen in meine Wohnung ein.«
    »Und Nummer zwei?«
    »Lüg mich nicht an. Ich dachte, du kannst Cola light Lemon nicht ausstehen.«
    »Tue ich auch nicht.«
    »Dann hör auf, hinter meinem Rücken aus meiner Flasche zu trinken. Im Kühlschrank stehen genügend andere für dich.«
    Sie konnte sich ein Lächeln nicht
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