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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel
Autoren: Sebastian Fitzek
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verfielen unbewusst dabei in einen Gleichschritt.
    »Wie geht es ihr denn?« Steuer fragte nur aus Höflichkeit. Aus den Akten kannte er bereits die wichtigsten Informationen. Der Täter hatte Kitty zuerst ein Beruhigungsmittel gegeben und spritzte ihr danach ein Narkotikum. Das Gift, die zweite Spritze, kam nicht mehr zum Einsatz, nachdem Götz den Killer auf Kittys Handy angerufen hatte.
    »Wenn Sie sich mir anvertraut hätten, wäre uns der Auftragsmörder übrigens nicht entwischt.« Sie erreichten die Tür zum Vorraum des Verhörzimmers. Eine hochgewachsene Polizistin, die eben noch in einem Magazin geblättert hatte, stand auf, grüßte den SEK-Chef verlegen und öffnete den beiden die Tür. Steuer ließ Ira den Vortritt. Nachdem sie wortlos eingetreten waren, stellten sie sich gemeinsam, aber in einigem Abstand nebeneinander vor die einseitig verspiegelte Glasscheibe, die ihnen einen Blick in das dahinterlie-gende Zimmer ermöglichte.
    Jan May sah gut aus. Nicht nur den Umständen entsprechend. Wenn Steuer es nicht besser gewusst hätte, würde er ihn glatt für einen Anwalt gehalten haben, der hier in seinem dunklen Anzug auf seinen Mandanten wartete. Steuer sah zu Ira herüber, doch die konnte ihren Blick nicht von der schönen Frau an Jans Seite wenden, die mit der einen Hand ihrem Verlobten durch das Haar fuhr. Mit der anderen hielt sie ihr Baby fest, damit es nicht versehentlich von dem quadratischen Metalltisch fallen konnte.
    Die altersschwache Klimaanlage im Neubautrakt der Justizvollzugsanstalt schaffte es noch nicht einmal, den kleinen Verhörraum abzukühlen. Sie betätigte sich allenfalls als Bakterienquirl. Wie zum Beweis nahm Jan May ein Taschentuch aus gestärktem Leinen vor den Mund und hustete einmal hinein. Dann putzte er sich die Nase. »Sind Sie jetzt zufrieden?«, brach Ira das Schweigen, das den Raum füllte, seitdem sie eingetreten war. Sie stützte sich mit beiden Ellenbogen auf den Verhörtisch, an dem sie sich gegenübersaßen.
    »Ich bin glücklich, dass Leoni und mein Kind noch leben, ja«, antwortete er ihr lächelnd. »Dafür danke ich Ihnen sehr.«
    »O nein.« Ira winkte ab und deutete mit dem Daumen auf die Spiegelscheibe hinter ihr. »Ihr Lob geht an die falsche Adresse. Dafür ist Steuer verantwortlich.« Der Coup des SEK-Chefs hatte in den letzten Tagen die Medien beherrscht.
    Zuerst hatte Steuer geplant, Leoni durch ein Double zu ersetzen. Doch niemand konnte absehen, wie gefährlich Jan wirklich war und ob er endgültig Amok laufen würde, wenn er das Täuschungsmanöver auf dem Dach entdecken würde. Also wurde Leoni mit einer kugelsicheren Weste der Klasse IV ausgestattet, die ihr letztlich das Leben rettete. Was auf dem Dach wie eine Herz-RhythmusMassage ausgesehen hatte, war die vergebliche Bemühung des Pflegers gewesen, die Quelle der inneren Blutung zu finden, dabei hatte sich Leoni nur vor Schreck ein Stück ihrer Zunge abgebissen. Als Steuer von Götz schließlich genötigt wurde, die kaum verletzte Frau wieder in den Hubschrauber zurückzubringen, wussten seine Männer, was zu tun war. Leoni wurde noch im Treppenhaus durch einen der zwei Plastik-Dummies ausgetauscht, die man vorbereitet hatte, um Verwirrung zu stiften. Unten am MCB-Gebäude warteten drei Rettungswagen, die mit den Attrappen in jeweils verschiedene Richtungen hätten fahren sollten, damit die Killer nicht wussten, in welchem Fahrzeug die echte Leoni lag.
    Nicht nur, dass Götz am Ende bei Schuwalow mit einer Schaufensterpuppe angeflogen kam - in ihr befand sich auch noch ein GPS-Transmitter, der die Polizei schließlich zu der Mafia führte.
    »Worüber haben Sie sich gerade mit Ihrer Verlobten unterhalten?«, wollte Ira wissen. Kurz nachdem sie eingetreten war, hatte Leoni Ira sanft die Hand gegeben und danach wortlos den Raum mit ihrem Baby auf dem Arm verlassen.
    »Ich berichtete ihr von den tollen Neuigkeiten, die ich von meinem Anwalt erfahren habe. Dass ich mit etwas Glück den dritten Geburtstag meiner Tochter wieder in Freiheit feiern kann«, antwortete Jan. »Mit sehr viel Glück bekomme ich eine elektronische Fußfessel und darf meine Strafe im Hausarrest absitzen.«
    »Im Zeugenschutz?«
    »Bei meiner Familie, ja.«
    »Fein. Und von mir wollen Sie jetzt auch noch etwas Schönes hören, um die Sache perfekt abzurunden, oder?« Er sah sie reglos an.
    »Sie wollen doch bestimmt anerkennende Worte dafür, dass Sie eine groß angelegte Verschwörung aufgedeckt haben?«
    Jan sollte am Ende
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