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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition)
Autoren: Rainer Kempas
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Grund konnten hier auch Spiele der
Europaliga stattfinden, zu der sich 20 Vereine zählen durften.
       Steff passierte die Waffenkontrolle und den luftanalytisch
voll-automatischen Alkoholtest vor dem Stadion. Wegschilder wiesen ihn an seinen
Platz. Der der Gesäßform angepasste Sitz mit Rücken- und Armlehnen schmiegte
sich um seinen Körper. Sokuks Organisation hatte nicht beim Kauf eines teuren
Tribünenplatzes gegeizt.
       Er maß dem Anliegen dieser Leute jetzt immer mehr Bedeutung
bei. Vor 65 Millionen Jahren hatte die Erde diese Positronen ausgesandt. Die
heute zur Enttäuschung der Santoganer nicht mehr aufzufinden waren. Wo aber
waren diese zur Entwicklung der Fremden so lebenswichtigen Elementarteilchen geblieben?
Die Eindringlichkeit dieser Frage hatten die AI immer wieder betont. Denn ihre
gesamte Evolution stagnierte.
       Steff versuchte, sich die Fremden vorzustellen. Sie waren zum
Erstaunen der Fachwelt nicht organisch, sondern bestanden aus den Kristallsilikaten
des Ikositetraeders. Ihr Leben entstand, grob gesagt, durch eine Verschiebung
des molekularen Ionengitters. Das heißt, durch die Vorbeugung auf der
Gittergeraden um eine Molekularzelle wurden weitere Ionen gebunden, die das
Raumgitter auffüllten, bis eine Art Gedächtnisqualität erhalten wurde, die den
Sprung zu einem Bewussten und einem denkenden Leben bedeutete. Eine jede
weitere Auffüllung ermöglichte eine höhere Stufe der Geisteskapazität und der
Entwicklung. Und eben an dieser Stelle ging es nicht mehr weiter. Die
Santoganer stagnierten und, was genauso schlimm war, es vermochten keine
weiteren entstehen. Allein die Positronen hatten die Fähigkeit, die
Gittergeraden wieder mit Ionen aufzufüllen. Wenn sie gefunden werden konnten.
       Steff hatte kaum beachtet, dass das Spiel inzwischen
angepfiffen worden war. Er steckte zu sehr in Gedanken, dass ihn selbst das
Raunen und Schreien der Leute herum nicht störte. ‚Hatte es so was wirklich auf
der Erde schon einmal gegeben? Bi-3 Positronen?’ Zudem verwunderte ihn der
Umstand, dass die AI vollkommen überzeugt waren, dass eine Pflanze diese
Teilchen damals bei ihnen erzeugt haben musste.
       Mit beiden Händen wischte er sich über seine etwas dicke
Nase. Deswegen fuhr er nach Santoga. Um der Vermutung nachzugehen und die Gegend
ausfindig zu machen, in der sich das Gewächs entwickelt hatte. Es musste mit
allen Mitteln gefunden werden. Sonst waren die AI eine Rasse, die auszusterben
drohte!
       Plötzlich sprangen die Leute um ihn herum auf. Dabei veranstalteten
sie einen derartigen Lärm, dass Steff völlig verschreckt zusammenzuckte und die
Augen aufriss. Er war so sehr in Gedanken gewesen, dass er glatt das erste Tor
versäumt hatte.
       Er sah nur noch, wie der Schiedsrichter zu einem der acht
Monitore, die um das Spielfeld herum angeordnet waren, ging und sich die Zeitlupe
der von den Seiten - und Torlinienkameras aufgenommenen Spielszenen anguckte.
Anscheinend handelte er auf Protest der einen Mannschaft. Dann unterhielt er
sich mit einem der beiden Torrichter, die schon vor 50 Jahren anstelle der
Linienrichter getreten waren und zeigte unmissverständlich auf den Mittelpunkt.
Tor.
       Mit einem Pfeifton, der aus den Lautsprechern kam, wurde die
Partie wieder eröffnet, und die inzwischen angehaltene Zeit lief weiter. Steff
konzentrierte sich jetzt mehr auf das Spiel. Noch ein Tor wollte er nicht
versäumen. Schon wieder waren zwei, drei Stürmer der einheimischen Elf in der
gegnerischen Hälfte aufgetaucht, und einer von ihnen kam sogar frei zum Schuss.
Die Menge kreischte bereits, doch bevor er den Fuß am Ball hatte, grätschte ihm
ein Abwehrspieler von hinten in die Beine. Steff sah, dass der Berliner vom
Platz getragen werden mußte.
       Die Leute waren fast alle aufgestanden, um sich den fälligen
Elfmeter nicht entgehen zu lassen. Einjeder redete auf jeden ein. Die Erregung
wuchs mit dem Anlauf des Spielers, den er gerade rückwärts abschritt. Die Zuschauer
hatten Augen und Münder weit aufgerissen, bereit zu einem Freuden- oder
Entsetzensschrei. Das lag jetzt alles in der Macht des Einen. Die Leute griffen
sich gegenseitig an die Hände, als er zum Ball lief.
       Auch Steff fühlte, wie ihn jemand anfasste. Er drehte sich um
und schaute in das Gesicht eines Fremden. Es war grobflächig und rund und unrasiert.
Sokuk grinste ihn an. Als er den Mund aufmachte, stellte Steff fest, dass ihm
zwei Zähne fehlten. Das, was er dann sagen wollte, ging
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