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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition)
Autoren: Rainer Kempas
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oder zu unterwerfen. Nein - sie kamen, um
zu bitten. Sie kamen, weil sie Hilfe brauchten.
       Steff griff erneut zum Hörer. Er wählte die Nummer der
Lufttaxigesellschaft und tippte Anzahl und Bestellzeit in die Tastatur. Er
würde nicht lange warten brauchen, denn automatisch gab der Computer in der
Zentrale, der auch mit dieser Telefonzelle verbunden war, den Auftrag an das
nächste freifliegende Lufttaxi weiter. In seinen Chips waren das gesamte
Verkehrsnetz und die Bewegungsabläufe aller Taxen gespeichert. So konnte der
Standort des einzelnen Fahrers immer verfolgt und je nach Lage und Bedarf abgerufen
werden.
       Steff nahm seine Geldkarte und trat aus der Zelle. Schon sah
er das gelbe Luftschiff zur Landung auf dem Dach anfliegen. Auf allen größeren
Häusern gab es diese Llslp, das heißt die Leichtluftschifflandeplätze. Sie
waren kaum mehr wegzudenken, denn auf den Straßen war Privatverkehr schon
längst verboten  worden. ‚Llslp’, dachte Steff, ‚manchmal haben Abkürzungen
doch ihren Sinn.’ Er machte einen Schritt zur Seite. Das leise Surren des
Elektromotors verharrte neben ihm.
       Der Fahrer lehnte sich über den Beisitz und öffnete ihm die
Tür. »Hallo«, sagte Steff und nickte mit dem Kopf, »fahren Sie mich bitte zum 
neuen Olympiastadion?«
       »Na klar doch, liecht jenau in meener Richtung.« Den Zoten
der Berliner Taxifahrer sollte man lieber nichts entgegensetzen.
       Das kleine Luftschiff hob senkrecht ab, wendete in einem
Halbkreis und durchflog einen vorgeschriebenen Korridor, der sich wie ein
Straßenverkehrsnetz mit anderen kreuzte, kombinierte und durch die Superelektronik
des Fahrzeuges schnell zu errechnen war.
       Unter ihm flossen die engen Straßenzüge Kreuzbergs ineinander
und zogen sich durch Häusertrakte und Parkanlagen. Direkt vor ihm schlich eine
Magnetkontaktbahn wie in Zeitlupe dahin. Sie verband die alte City mit den äußeren
Wohngebieten. Ihre Endhaltstelle war das ehemalige Amerikahaus, heute das
Gebäude für exterrestrischen Tourismus.
       ‚Die Außerirdischen. Wieweit konnte man ihnen wirklich
vertrauen?’ Steff stellte sich diese Frage nicht zum ersten Mal. Bisher hatten
diese eine außerordentliche Sorgfalt in der Annäherung zu den Menschen gezeigt.
Sie wollten sie nicht überraschen, zumindest soweit das möglich war. Sie hatten
ihre ersten Kontaktversuche gründlich vorbereitet und waren danach auch nur
zögernd bereit gewesen, auf der Erde zu landen. ‚Gewiss hatten sie ebenso viel
Angst vor uns wie wir vor ihnen’, dachte Steff. ‚Sie konnten ja nicht
vollkommen nach den vorangegangenen Ermittlungen und Auskundschaftungen davon
ausgehen, dass wir ihnen auf allen Gebieten der Technik und der Abwehr
unterlegen waren. Und was unsere Aggressionsbereitschaft und überhaupt
menschliche Natur betrifft, sind wir ihnen bestimmt immer noch fremd und
undurchsichtig geblieben. Und umgekehrt genauso.’
       Er biss sich auf die Lippe und konzentrierte sich auf die
leuchtende Warze im Nacken des Fahrers. ‚Zumindest haben sie sich in der Hilfsbereitschaft
der Menschen nicht geirrt. Wenn die betreffenden Elementarteilchen, die sie so
dringend brauchen, überhaupt gefunden werden können. Schließlich hatten die AI
die Erde gesehen, wie sie vor rund 65 Millionen Jahren war!’ Er versuchte sich
diesen Umstand erneut zu vergegenwärtigen. ‚Vor 65 Millionen Jahren! Was konnte
das erst einem Paläontologen wie ihm eröffnen. Und er - er hatte diese
Möglichkeit erhalten. Er war nicht älter als 35, aber in einer Woche flog er
nach Santoga, um die Erde zu sehen, wie sie einst gewesen war.’
       Er mußte an die Geschwindigkeit denken, die nötig war, um
eine solche Distanz ohne Zeitverlust zu überwinden. Nur mittels eines
gewaltigen Hypersprungs konnten die 646 Trillionen Km innerhalb von 14 Tagen zurückgelegt
werden. Eine Entfernung, für die das Licht 70 Millionen Jahre brauchte!
       »Junger Mann, nu sind wa da.« Das war der Taxifahrer. Steff
hatte ihn ganz vergessen und hätte fast gefragt: wo, auf Santoga? Er verschluckte
sich jedoch nur, zahlte zehn Units und stieg aus. Vor ihm wand sich bereits ein
Strom von Leuten zu den Eingangstoren der riesigen Halle.
       Das Berliner Stadion war erst 2064 zur Olympiade gebaut
worden und gehörte deshalb schon zu den neueren Fußballarenen Europas. Es hatte
ein Dach vollkommen aus Kunststoffglas, einen echten Rasen mit stets vorschriftsmäßiger
Länge und rundherum nur Sitze. Aus diesem
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