Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
schwächer werdenden
Hilferufe seiner Großmutter.
    Ein Blitzbündel überstrahlte den Strand – und er sah zwei
kleine Gestalten direkt auf sich zukommen. Er wußte, wer sie
waren.
Fremde.
    Sie hatten seine Großeltern getötet, und er hatte hilflos
zusehen müssen.
Zuerst wollte er weglaufen wie damals, sich irgendwo
verbergen … Doch das ging heute nicht. Etwas schien ihn hier
festzuhalten. Er wandte den Kopf zur Seite und sah, was es
war. Neben ihm stand eine dunkle Gestalt mit fein
gezeichneten Zügen und dunkel lodernden Augen.
Während der Regen ihm ins Gesicht peitschte und der Wind
ihn bis ins Mark erstarren ließ, hörte er ihr eindringliches
Flüstern, das von der donnernden Brandung zurückgeworfen
wurde.
Lauf nicht weg! Räche! Räche!
Und er lief nicht weg. Gleich mußten sie vor ihm stehen. Nur
noch wenige Augenblicke, dann konnte er all das Unrecht
sühnen, das einst den Klickashaw und dieser alten Frau angetan
worden war, seiner Großmutter…
Sehr viel weiter unten am Strand kämpfte sich der kleine
Suchtrupp durch den Sturm; die Taschenlampen in den Händen
der Männer erwiesen sich wegen des heftigen Regens als so gut
wie nutzlos.
»So finden wir sie nie«, schrie Brad den beiden andern zu,
»nicht, wenn wir zusammenbleiben – wir sollten uns über den
Strand verteilen!«
»Ja, gut!« schrie Chip zurück, »Sie gehen direkt am Wasser
entlang, Glen bleibt in der Mitte, und ich gehe hoch zu den
Bäumen! Und wir sollten ihre Namen rufen, dann wissen wir
auch immer, wo wir sind! Auf keinen Fall dürfen wir uns zu
weit voneinander entfernen!«
Gleich darauf sah man drei schwache Lichtpunkte sich über
den Strand verteilen und hörte, wie abwechselnd die Namen
der beiden Kinder gerufen wurden.
    Robby sah nicht, was seine kleine Schwester sah:
überlebensgroße Schattengestalten, die sie mit drohenden
Gebärden umtanzten; mal näher, mal weiter entfernt streckten
sie ihre langen Arme nach ihnen aus. Missy ließ sich trotzdem
von ihm weiterschleppen und schluchzte nur noch ergeben vor
sich hin. Plötzlich meinte sie, noch etwas anderes als den
Sturm zu hören – ein ferner Schrei, dann noch einer…
    Missy zwang den Bruder zum Stehenbleiben. »Ich höre
etwas, jemand ruft uns, hörst du?«
Robby warf seiner Schwester einen fast drohenden Blick zu.
»Ja, kann schon sein. Laß uns unter die Bäume gehen, dort sind
wir sicher!« zischte er.
Wieder drang es, nun schon etwas näher, durch das Tosen:
»Missy… Robby!«
Die Kinder waren unschlüssig, was sie tun sollten.
Angestrengt lauschten sie in die Nacht. Der Sturm schien noch
mehr aufzufrischen und trug den Salzgeruch der See weit ins
Land hinein.
Schließlich begannen sie übers Treibholz zu klettern.
    Auch Harney Whalen hörte die rufenden Stimmen. Aber sie
kamen nicht gegen das eindringliche Flüstern seiner
Großmutter an.
Wir sind bei dir! Wir helfen dir! Du bist wie wir ein Kind
des Sturms! Du gehörst zu uns!
    Hoch richtete er sich auf. Eine Art haßerfüllte Freude und
Entschlossenheit durchflutete ihn, während die alte Indianerin
ihm zurief:
    Räche! Räche!
Über ihm zerriß ein Blitz den Himmel, und die gleißende
Helle schien eine kleine Ewigkeit anzuhalten, während sich die
drei erstarrten Gestalten über das Treibholz hinweg anstarrten.
Missy erkannte ihn sofort wieder.
»Er ist es!« schrie sie verzweifelt, »das ist er, Robby, er will
uns töten!«
Harney Whalen zuckte beim Klang ihrer Stimme zusammen.
Er blickte nicht in zwei angsterfüllte Kindergesichter, sondern
in bösartige Fratzen der Vergangenheit, die seine Großeltern
umtanzten und verhöhnten; seine hilflos im Sand
eingegrabenen todgeweihten Großeltern…
Er mußte sie rächen!
Mit einem großen Schritt trat er über das Treibholz.
Die beiden Kinder wichen erschrocken zurück und begannen
dann über den Sand um ihr Leben zu laufen.
Jetzt erst schloß sich wieder der Riß am Himmel, und der
Donner grollte über das Wäldchen hinweg.
»Ich kann sie sehen!« schrie Brad mit ausgestreckter Hand,
»dort, nördlich, direkt vor dem Wäldchen!«
Er lief auf die beiden andern zu, und zu dritt rannten sie in
Richtung der verzweifelten Schreie von Missy.
    Hinter sich hörten sie die dumpfen, raschen Schritte ihres
Verfolgers. Robby wandte ängstlich den Kopf und schlug in
den Sand; Missy fiel über ihn.
    Schwer atmend holte Harney Whalen die beiden ein und
stand dann drohend über ihnen.
Missys Augen traten vor Angst fast aus den Höhlen, und ihr
Schrei übertönte das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher