Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
einem immer
davon. Ihr habt Goralsky festgenommen; bald wird’s die ganze Stadt wissen.»
    «Also gut – treffen wir uns bei Goddard … okay? Wenn Sie
wollen, können Sie zuhören bei der Besprechung – das heißt, wenn es Ihnen
nichts ausmacht, am Sabbat zu fahren.»
    «Das ist kein Problem, ich werde eine Ausnahme machen. Aber
ich möchte Miriam in ihrem Zustand nicht allein zu Hause lassen.»
    «Dann bringen Sie Ihre Frau eben auch mit, in Gottes Namen.»
    «Gut, dann kommen wir beide … Bis gleich.»
    Er legte auf und rief Miriam, sie solle sich bereitmachen.
«Wir treffen Lanigan draußen bei Goddard.»
     
    «Glaubst du, dass er tatsächlich was gegen Goralsky in der Hand
hat?», fragte Miriam, während sie über die Fernstraße 128 fuhren.
    «Keine Ahnung. Ich hab seit einer Woche nichts mehr von ihm
gehört; vielleicht haben sie inzwischen etwas entdeckt. Aber dann hätten sie
ihn vermutlich sofort verhaftet und nicht bloß zum Verhör ins Revier
mitgenommen … Sie werden sich schon irgendein plausibles Motiv einfallen lassen
– wie Lanigan den Fall sieht, können sie jedem ein plausibles Motiv anhängen.»
    «Wie sieht er ihn denn?»
    «Er ist davon überzeugt, dass der Mord nicht vorausgeplant
war. Der Mörder brauchte so gut wie nichts zu tun – bloß wegzugehen. Und das
tut man – immer nach Lanigan – auch ohne starkes Motiv. Die ‹Waffe› war
allgemein zugänglich: das Garagentor. Und was die Gelegenheit zur Tat angeht – Goralsky
war nicht in der Synagoge, und er kann Auto fahren – folglich kommt er infrage.
Das trifft zwar auf zig andere Leute auch zu, aber Lanigan hat sicher noch
irgendeine Karte im Ärmel, und … Nein, das war unfair; ich meine, er kann eine
Festnahme sicher rechtfertigen.»
    «Aber am Ende müssen sie ihn doch wieder laufen lassen, oder?»
    Er zuckte die Achseln. «Na und? Wäre damit alles aus und vorbei?
Selbst wenn es nicht einmal zum Prozess kommt, wenn sie ihn einfach freilassen
– ganz Barnard’s Crossing weiß, dass er in Haft war. Natürlich kann die Polizei
der Presse eine Erklärung übergeben, aber … Ich bitte dich! Das ist schlimmer
als ein Freispruch mangels Beweises. Daraus schließt kein Mensch, dass Goralsky
unschuldig ist; alle Welt wird glauben, dass er einfach zu gerissen war, dass
sie ihn nicht überführen konnten und darum auf Anklageerhebung verzichtet
haben. Nein, er wird erst dann wieder sauber dastehen, wenn sie den wirklichen
Mörder fassen. Und wie oft kommt es vor, dass man ihn nie findet …»
    Der Wagen verlangsamte plötzlich die Fahrt.
    «Warum hältst du hier an?»
    «Ich? Ich halte ja gar nicht. Der Wagen hält …» Er trat mit
aller Kraft aufs Gas, doch es geschah nichts. Der Motor stand und wollte nicht
mehr anspringen. Rabbi Small rollte mit dem letzten Schwung am Straßenrand aus.
Der Anlasser surrte brav, aber erfolglos.
    «Was ist los, David?»
    «Keine Ahnung.» Er lächelte hilflos.
    «Na fein … Was tun wir jetzt?»
    «Ich hebe am besten die Motorhaube hoch, dann sieht man
gleich, dass wir eine Panne haben. Hier kommen doch viele Streifenwagen vorbei,
und … Miriam! Was hast du denn?»
    Sie hatte die Fäuste geballt und biss sich auf die Lippen; auf
ihrer Stirn stand plötzlich Schweiß. Nach einer Weile lächelte sie schwach. «Schau
auf die Uhr, David, wann die nächste Wehe kommt … Ich glaube, du wirst Vater.»
    «Bist du sicher? Das hat uns noch gefehlt! Ausgerechnet jetzt
… Reg dich nur nicht auf. Bleib du schön ruhig hier sitzen, und ich halte einen
Wagen an.»
    «Sei vorsichtig, David!», rief sie ihm nach.
    Noch vor ein paar Minuten hatte auf der Straße dichter Verkehr
geherrscht, doch jetzt lag sie wie ausgestorben. Er zog sein Taschentuch heraus
und baute sich mitten auf der Fahrbahn auf. In der Ferne tauchte ein Wagen auf;
der Rabbi begann zu winken. Zu seiner Erleichterung verlangsamte der Wagen die
Fahrt, lenkte an den Rand der Fahrbahn und hielt. Der Fahrer stieg aus; es war Dr.
Sykes.
    «Rabbi Small! Haben Sie eine Panne?»
    «Nein … Oder doch, ja. Aber …»
    «Kein Benzin mehr?»
    «Nein, es muss was anderes sein. Es ist nicht so wichtig. Ich
muss aber gleich …»
    «Wissen Sie was? Ich ruf vom Labor aus eine Werkstatt an; ich
bin dort mit Lanigan verabredet, und …»
    «Meine Frau ist in den Wehen!», schrie der Rabbi
verzweifelt.
    «In was? In … Ach so.» Sykes sah erschrocken zum Wagen der
Smalls hinüber. «Ja, dann … Halt mal! Nehmen Sie doch meinen Wagen; die paar
Schritte zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher