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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab
Autoren: Harry Kemelman
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falls du hier bliebst.»
    «Ich weiß», sagte er bekümmert. «Eine Art von Wunschtraum. Das widerfährt wohl jedem von Zeit zu Zeit, dessen Arbeit Verantwortung für andere mit sich bringt. Aber es ist nur ein Wunschtraum, und früher oder später muss man in die Wirklichkeit zurückkehren und da wieder anfangen, wo man aufgehört hat.»
    «War es die Sache mit Roy …»
    «Vermutlich hat das meine Entscheidung mit ausgelöst, aber ich glaube, ich bin schon vor längerer Zeit zu dem Entschluss gekommen. Ich habe mich einige Zeit mit dem Problem rumgeschlagen, noch vor unserer Reise hierher.»
    «Aber als du mit mir darüber gesprochen hast …»
    «Da hoffte ich halb, du würdest Einwände erheben. Das hätte es so viel leichter gemacht. Aber ich bin froh, dass du es nicht getan hast, denn natürlich ist das etwas, das ich selber entscheiden musste.»
    Es klopfte, und sie öffnete Gittel und Jonathan die Tür.
    «Ich hab Fußball gespielt», schrie Jonathan aufgeregt. «Nicht wahr, Gittel? Erzähl’s ihnen. Da waren ein paar Kinder, die haben angefangen zu spielen, und ich hab mitgespielt.»
    «Na, das ist ja großartig», sagte sein Vater.
    «Er ist ein toller Kicker», erklärte Gittel.
    Der Rabbi sah auf die Uhr. «Oh, es ist später, als ich dachte. Zeit, zur Hawdala in die Synagoge zu gehen. Willst du mitkommen, Jonathan? Dann musst du dich aber noch umziehen.»
    «Klar. Das dauert nicht lang. Du wartest doch auf mich, ja? Hilfst du mir, Gittel?»
    «Freilich. Komm, Jonathan.»
    Der Rabbi blätterte in seinem Taschenkalender und sagte zu Miriam: «Wenn wir Montag in einer Woche fliegen, sind wir auf den Tag drei Monate weggewesen. Wär mir sehr lieb, so pünktlich zurückzukommen. Vielleicht könntest du morgen im Reisebüro anrufen und feststellen, ob wir einen Flug buchen können.»
    Als der Rabbi und sein Sohn gegangen waren, sagte Gittel: «Ich hatte noch keine Zeit, es dir zu erzählen, Miriam, und wollte es auch nicht in seiner Gegenwart tun, aber Abner Adoumi ist sehr beeindruckt von deinem David und … und ich auch. Was er für die beiden Stedmans getan hat, war großartig, und für Israel war es auch sehr gut.»
    «Für Dr. Ben Ami allerdings weniger», meinte Miriam. «Er tut mir Leid. Als du mich das eine Mal zu ihm gebracht hast, war ich in einer ziemlich scheußlichen Verfassung, und er hat sich freundlich, geduldig und hilfsbereit gezeigt. Was wird ihm nun passieren?»
    «Dr. Ben Ami? Gar nichts wird ihm passieren.»
    «Gar nichts?»
    «Selbstverständlich nicht. Adoumi ist nicht bei der Polizei und hat auch nichts mit ihr zu tun. Der Shin Bet arbeitet weitgehend auf eigene Verantwortung, glaube ich. Und wenn er einem Vorgesetzten Bericht erstatten muss, würde er wahrscheinlich nur erwähnen, dass Roy seines Erachtens nach keine Verbindung mit den Terroristen gehabt hat, und damit ist der Fall erledigt.»
    «Aber er kann doch nicht einfach ignorieren, was Ben Ami getan hat.»
    «Was hat er denn so Schreckliches getan? Die Sache in Russland? Dafür gibt es keinen Beweis, nur Memavets Behauptung. Immer wenn du eine administrative Entscheidung fällst, denkt der Betroffene, du hast auf ihn persönlich eine Wut und kannst ihn nicht leiden. Jedenfalls geht das, was vor Jahren in Russland passiert ist, Adoumi nichts an.»
    «Aber er hat Memavet getötet», protestierte Miriam.
    «Ja, aber dein David hat bewiesen, dass es ein Unglücksfall war und dass Ben Ami in Notwehr handelte. Es muss sich ungefähr so abgespielt haben, denn Ben Ami hätte einen ehemaligen Häftling aus den Tausenden, mit denen er zu tun gehabt hatte, nie wiedererkannt, Memavet aber würde sich an ihn erinnern. Und was sonst noch? Er hat nicht gemeldet, dass er die Bombe fand? Stimmt nicht. Er entschärfte sie und rief Adoumi an, in der Absicht, ihm davon zu berichten.»
    «Aber dann machte er sie wieder scharf und ließ sie hochgehen.»
    «Richtig, aber es ist kein nennenswerter Schaden dabei entstanden, denn Memavet war bereits tot. Natürlich hat das Haus was abbekommen, aber es gehört seinem Bruder. Ich bezweifle, ob der Klage einreichen würde, selbst wenn er Wind davon bekäme. Nein, ich bin überzeugt davon, bis Ben Ami zurückkommt, wird Adoumi zu genau derselben Auffassung gelangt sein und nichts gegen ihn unternehmen oder ihm auch nur etwas sagen. Du wirst sehen, wenn Ben Ami wieder da ist, wird er Sarah wahrscheinlich weiterbehandeln.»
    «Leider werde ich das nicht mehr miterleben, Gittel. Wir gehen in ungefähr
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