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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab
Autoren: Harry Kemelman
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hätte? Und wenn er nichts unternahm, würde die Leiche gefunden, wahrscheinlich am folgenden Tag, und Roy würde sich melden und aussagen, er habe den Doktor gesehen, wie er die Wohnung verließ und hinter sich die Tür zumachte. Und da fiel ihm die Bombe ein; wenn es ihm gelang, das Ganze als Akt der Terroristen erscheinen zu lassen … Die Leute würden bestimmt prompt die Verantwortung für die Tat auf sich nehmen, das machten sie immer. Und außerdem hatten sie die Bombe ja ursprünglich auch gelegt. Also machte er sie wieder scharf und deponierte sie vor dem entsprechenden Fenster von Memavets Wohnung.»
    «Aber Sarah … dann brachte er Sarah doch in Gefahr», wandte Gittel ein.
    «Tat er das, Mr. Adoumi?», fragte der Rabbi. «In den Darstellungen der Zeitungen hieß es, die Bombe sei von begrenzter Reichweite und Durchschlagskraft gewesen.»
    «Stimmt», bestätigte Adoumi. «Der Krach und der Schock selbstverständlich … aber er gab ihr eine Schlaftablette. Sie wachte auf, schlief jedoch gleich wieder ein. Armer Teufel – ich kann mir nicht helfen, er tut mir Leid.» Er stand auf und begann im Zimmer umherzulaufen. Die anderen beobachteten ihn schweigend. «Vielleicht sind wir mit Abdul nicht weitergekommen, weil wir dauernd auf der Verbindung zu Memavet rumgeritten waren», sinnierte er; offenbar hatte er seine Gäste völlig vergessen. «Vielleicht sollten wir beim Verhör eine andere Taktik …» Er brach ab und wandte sich an Stedman. «Es … es tut mir Leid, entschuldigen Sie», sagte er unbeholfen. «Manchmal macht man eben Fehler … Sie verstehen schon … die Sicherheit des Staates …»
    «Ich verstehe», erwiderte Stedman. «Ich bin Ihnen nicht böse.»
    «Vielen Dank.» Adoumi lächelte verlegen. «Und außerdem war er ja wirklich verantwortlich für den Anschlag – weil er an Ort und Stelle gewesen war.» Er sah unsicher von einem zum anderen. «Rabbi, ich möchte Ihnen danken, und dir auch, Gittel, weil du sie hergebracht hast … ich …»
    «Du hättest das wissen sollen, Abner», schalt sie, «dass der Sohn eines Mannes wie Mr. Stedman, der wiederum ein Freund meines Neffen ist, sich nicht mit den Terroristen einlässt.»
    «Ja, ich … das hätte ich wissen müssen.»
    Sie sah ihn scharf an und dann von ihrem Neffen zu Stedman, die beide grinsten. «Männer!», empörte sie sich und ging zur Tür. «Na, was ist, wollen wir hier den ganzen Nachmittag rumsitzen? Miriam macht sich bestimmt schon Sorgen, was mit uns passiert sein könnte.»
    Lammfromm folgten Stedman und der Rabbi ihr zum Wagen.

50
    «Sie haben einen Flug für Montag bekommen», sagte der Rabbi. «Dan will versuchen, morgen nochmal hereinzuschauen, um sich zu verabschieden.»
    «Warum kann denn Roy das Jahr nicht zu Ende machen?», erkundigte sich Miriam.
    Sie waren allein in der Wohnung; Gittel war mit Jonathan im Park. Der Rabbi zuckte die Achseln und antwortete nicht gleich. Er ging zum Herd, schenkte sich eine Tasse Tee ein, sah sie fragend an und goss ihr ebenfalls eine ein.
    Er brachte beide Tassen zum Tisch. «Wahrscheinlich am besten so. Der Junge hat das Ganze von vornherein falsch angepackt. Und dann diese wirklich traumatische Erfahrung. Ich glaube nicht, dass er für den Rest des Jahres viel Sinn fürs Studium hätte. Außerdem könnte auch Gefahr bestehen – durch Abduls arabische Freunde. Sie wissen ja nicht, was passiert ist, außer dass die beiden zusammen losgefahren sind und Roy frei, Abdul dagegen in Haft ist.»
    «Und Dan?»
    «Unter den gegebenen Umständen wollte er ihn nicht allein nach Hause verfrachten.»
    «Aber sein Buch …»
    «Er wird später wieder zurückkommen. Vielleicht hat er auch genug Material und kann mit dem Schreiben anfangen.» Er leerte seine Tasse. «Ende nächster Woche sind wir drei Monate hier. Wir sollten uns allmählich überlegen …»
    «Gittel hat erzählt, sie hätte Mrs. Klopchuk gesehen, die nichts dagegen hätte, wenn wir noch eine Weile blieben.»
    «Nein, ich meinte nicht die Wohnung», entgegnete der Rabbi. «Ich meinte, wir sollten allmählich daran denken, in die Staaten zurückzukehren.»
    «Oh?» Sie ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken und wartete, dass er weiterredete.
    Er war verlegen. «Das Letzte, was sie hier in Israel brauchen, ist noch ein weiterer Rabbi. Die braucht man draußen. Verstehst du? Ein Arzt geht dorthin, wo Krankheit herrscht, und auch ein Rabbi muss dahin, wo er gebraucht wird.»
    «Aber du wolltest doch das Rabbinat aufgeben,
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