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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit
Autoren: Jorge Molist
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Schwert im Gürtel. Ihn begleitete eine Handvoll Soldaten, doch die meisten waren Angehörige der Bürgerwehr, Freiwillige aus dem Ort, die sich mit Spießen, Armbrüsten, Bogen und Schwertern bewaffnet hatten.
    »Sie haben viele unserer Frauen und Kinder gefangen!«, rief ihnen Joan aufgeregt zu. »Wir müssen sie sofort befreien. Sie werden sie sonst fortbringen!«
    Der Administrator bat Joan, sich zu beruhigen und alles der Reihe nach zu erzählen. Das tat Joan in aller Eile, wobei er sich mehrmals verhaspelte.
    »Eine Arkebuse«, meinte der Geistliche, als der Junge geendet hatte. »Auf deinen Vater haben sie mit einer Arkebuse geschossen. Das ist wie eine Kanone, aber im Kleinen.«
    »So etwas haben wir noch nie gesehen«, kommentierte Tomás.
    Der Administrator erkundigte sich nach dem Aussehen der Galeere und wie die Sarazenen gekleidet und bewaffnet waren.
    »Sie schleppen sie fort, bitte!«, flehte Joan erschöpft. »Wir müssen sie retten!«
    »Ich bin für diese Männer verantwortlich. Wir werden uns vorsichtig bewegen. Ich will nicht in einen Hinterhalt geraten und noch mehr Tote haben.«
    Schließlich gab Bruder Dionís Anweisungen, und die Truppe rückte vor, ohne sich zu beeilen. Er ritt der Gruppe voran, zusammen mit einem Dutzend Reitern, die zum Kleinadel und zum reichen Bürgertum gehörten, während die Übrigen, das einfache Volk und die Bauern, hinterherliefen. Joan kam vor Ungeduld fast um und betete weiter. Kurz danach befahl der Mönch anzuhalten, um auf Nachrichten von den Kundschaftern zu warten.
    »Sie verschwinden mit unseren Familien!«, fuhr ihn Tomás an.
    »Du verstehst nichts vom Krieg«, entgegnete der Geistliche. »Halt den Mund!«
    Tomás lief drohend auf ihn zu, und Joan dachte schon, dass er ihn schlagen würde, doch zwei Soldaten gingen dazwischen und stießen ihn zurück.
    »Feigling!«, schrie ihn Tomás an. »Ihr macht keine Pause, wenn Ihr in unser Dorf kommt, um Steuern einzutreiben, nicht wahr?«
    Die Soldaten stießen ihn abermals fort. Ohnmächtig vor Verzweiflung blickte er Joan an und brachte wütend hervor: »Lass uns gehen. Nur du und ich.«
    Er lief los, und Joan folgte ihm. Die Glocke im Sebastiansturm erklang wieder, bat gebieterisch und drängend um Hilfe. Der Junge empfand es wie eine unheilvolle Vorhersage. Als sie keuchend zu der Stelle kamen, wo Daniel auf sie wartete, sah er, dass die Piraten ihre Gefangenen bereits ins Meer stießen und auf Strickleitern zur Galeere hinaufsteigen ließen.
    Eulalia, die sich weigerte, ihr Baby loszulassen, stieß in diesem Augenblick einen der Mauren fort, und das nutzten María, Elisenda und zwei weitere Mädchen, um sich von den Stricken zu befreien, mit denen sie am Hals festgebunden waren, und davonzurennen.
    »Los, Daniel, lass uns eingreifen!«, rief Tomás.
    »Wir können nichts für sie tun.«
    »Sie schleppen meine Frau und meine Tochter fort!«
    »Meine Schwester auch. Aber ich werde nicht zulassen, dass sie mich umbringen. Meine übrige Familie braucht mich.«
    Tomás antwortete nicht. Er verließ die Deckung zwischen den Bäumen, nahm seine Armbrust und wandte sich zum Strand.
    »Geh nicht, Tomás!«
    Als Daniel ihn zurückhalten wollte, riss sich Tomás mit einer heftigen Handbewegung los. Joan wollte ihm folgen, aber Daniel hielt ihn fest.
    Der Junge sah, wie zwei Piraten seine Mutter wütend schlugen, während ein anderer sie fortschleppte und ihr mit dem Strick die Luft abschnürte. Sie musste Isabel loslassen. Am eigenen Leib spürte er die Schläge, die man seiner Mutter versetzte, und in seinem Innern drückte ihm eine unsichtbare Faust das Herz ab.
    Die Sarazenen fingen inzwischen die Mädchen wieder ein, was sie zu einem lauten Vergnügen machten und mit Gelächter feierten. Abermals legten sie ihnen die Stricke um den Hals und schleppten sie zum Schiff. Die Brise trug wieder den heftigen Gestank nach Fäulnis, Exkrementen und menschlichem Elend her, den die Galeere ausströmte, und Joan drehte sich der Magen um. Er sagte sich, das müsse der Geruch der Hölle sein.
    »Sieh mal, dort ist die Bürgerwehr.« Daniel deutete mit den Fingern darauf. »Sie haben gesehen, dass die Mädchen fliehen wollten, aber sie haben nichts getan.«
    Die Truppe befand sich an der anderen Seite des Dorfes und beobachtete das Geschehen.
    »Worauf warten sie? Mein Gott, sie sollen sie retten!«, murmelte Joan.
    Da erhob sich am Bug der Galeere eine Wolke, der ein Donnerschlag folgte. Eine Säule aus Staub und Splittern stieg
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