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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben
Autoren: Katja B.
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das schon in St. Peter-Ording fragen. Neulich, als wir in dieser grässlichen Ferienwohnung gelandet sind.«
    »Und du dir den Fuß verknackst hast.«
    »Ja, da ging einfach alles schief.«
    Im nächsten Moment verschwand er im Schlafzimmer und kam nach einer Weile in Jogginghose und Kapuzenpulli zurück. Ich saß auf dem Sofa und wusste nicht, wie mir geschah, als er sich plötzlich vor mich hinkniete.
    »Meine Liebste, möchtest du meine Frau werden?«
    »Was? Ja! Ja, ich will!«
    »Das freut mich sehr. Danke. Nun kannst du dir denken, warum ich meinen schicken Anzug anbehalten wollte. Schon an der Nordsee wollte ich dich fragen, ob du mich heiraten willst, aber da funkte immer etwas dazwischen. Aber es geht auch im Jogginganzug, wie man sieht.«
    Ich lachte und fiel ihm um den Hals.
    »Und wo wollen wir heiraten?«, fragte er mich.
    »Wo du willst.«
    »Wo du willst.«
    Ende September heirateten wir standesamtlich und feierten im kleinen Familienkreis. Endlich wurde ich meinen ungeliebten Familiennamen los, den ich noch von Cay hatte. Dieser Name war eine Last gewesen, insbesondere wenn ich denselben Namen auf den Briefköpfen sah, die der Rechtsanwalt von Hannah an mich weiterleitete. Aus Kostengründen hatte ich ihn behalten und war überglücklich, dass diese Zeit nun vorbei war. Es fühlte sich großartig an, von nun an Roberts Familiennamen zu tragen, und kam einem Aufatmen gleich. Nie wieder wollte ich etwas mit Cays Namen zu tun haben. Er gehörte in eine andere Zeit und in ein anderes Leben.
    Unter meinem Kleid wölbte sich am Tag unserer Hochzeit bereits ein enormer Babybauch. Immer wieder wurde ich gefragt, ob wir uns sicher seien, keine Zwillinge zu bekommen. Nach einer Schwangeren im sechsten Monat sah ich wirklich nicht aus. Ich konnte an nichts anderes denken als an die neue Familie, die Robert und ich gründeten. Bald würde es ein kleines Wesen geben, das meine Mutterliebe und Hilfe brauchte. Ich fühlte dieses Wesen schon in meinen Armen liegen und konnte die Zeit kaum erwarten. Mit Robert an der Seite war es ganz sicher wunderbar.
    Robert und ich achteten auf unser beider Wohlbefinden, so gut es eben ging, und versuchten immer wieder, Zeit für uns allein zu finden. Alle paar Wochen fuhren wir nach Hamburg, um einen Abend fernab unserer Normalität zu verleben. Manchmal fuhren wir auch ans Meer und verbrachten einen Tag am Strand. Dabei war uns das Wetter egal. Selbst an stürmischen Herbsttagen machten wir Spaziergänge und genossen die Stunden für uns allein.
    Die Zeit und das Leben liefen nun wieder im gewohnten schnellenRhythmus. Anstatt mir die Decke über den Kopf zu ziehen und vor mich hinzugrübeln, auf die Uhr zu schauen, auf das Vergehen der Zeit zu warten und dabei das Leben mehr als Last denn als Lust zu empfinden, waren die Tage mir eher zu kurz als zu lang. Kurz vor Weihnachten hatte ich meine letzte Therapiesitzung. Vierzehn Monate nach dem ersten Gespräch mit meiner Therapeutin Frau Precht war ich hochschwanger und überglücklich.
    Wir thematisierten meine bevorstehende Mutterschaft, und Frau Precht gab mir einige Hinweise, die ich beherzigen wollte. Vor allem aber bot sie mir an, die Therapie nach der Geburt meines Kindes fortzuführen, wenn ich es für notwendig hielte.
    Sie gab mir den Rat, in meinem Baby, besonders wenn es eine Tochter würde, nicht meine Sarah zu sehen. Es sei ein ganz anderes, ein neues Leben, und so solle ich es auch empfangen.
    Ich hatte mir selbst schon viele Gedanken darüber gemacht und konnte mir beim besten Willen nicht ausmalen, wie sich eine erneute Mutterschaft in Gedanken an Sarah wohl anfühlen würde.
    Als ich mich von Frau Precht nach dem Ende meiner letzten Therapiestunde verabschiedete, konnte ich aus Überzeugung sagen: Ich habe mein Trauma überwunden.
    Im neuen Jahr kam unsere Tochter Charlotte auf die Welt. Die Geburt war überwältigend. Mein Leben hätte kaum schöner sein können.
    Unser Mädchen sah Sarah unglaublich ähnlich, aber ich versuchte, sie mit neutralen Augen anzuschauen. Sie war ein neues Wesen, ein ganz anderer Mensch, gezeugt von einem anderen Mann.
    »Guck mal, Robert, unsere Kleine hat ein winziges Mal am Ohr, hier fehlt ein Stückchen, als hätte ein Mäuschen daran geknabbert. Ganz süß!«, sagte ich.
    Robert war begeistert von seiner neuen Rolle als Vater. Er ließ sich alles von mir zeigen und scheute sich weder vor dem nächtlichen Aufstehen noch vorm Windelnwechseln. Genau wie ich schien er in unserer
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