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Am Anfang war der Tod

Am Anfang war der Tod

Titel: Am Anfang war der Tod
Autoren: Heather Graham
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früh am Morgen‘ zu kommen.“
    Der Mann war ziemlich sauer. Einer von Nicks Freunden vermutlich. Sie trat noch einen Schritt zurück und musterte ihn stirnrunzelnd von oben bis unten. Sie hatte ihn schon einmal gesehen. Aber er war nicht oft hier gewesen. Er gehörte nicht zu den Typen, die die Bar bevölkerten und jeden Sonntag die Footballübertragungen im Fernsehen verfolgten. Er war ruhiger. Eigentlich hatte er immer sehr nachdenklich gewirkt – jedenfalls die wenigen Male, die sie ihn überhaupt bemerkt hatte. Entsprechend gekleidet, hätte er Heathcliff aus Emily Brontës „Sturmhöhe“ sein können, der gedankenverloren übers Moor lief. Bisher hatte er immer gesessen, wenn sie ihn wahrgenommen hatte. Jetzt bemerkte sie, dass er ziemlich groß war – fast einsneunzig. Er hatte dunkles Haar, dunkle Augen, markante Gesichtszüge und war irgendwo zwischen Ende zwanzig und Mitte dreißig. Er machte den Eindruck, als würde er viel Zeit im Freien verbringen. Allerdings sahen viele Leute rund um den Yachthafen so aus: tief gebräunt und durchtrainiert. Was nicht zu übersehen war bei seinen abgeschnittenen Jeans und dem offen stehenden Hemd. Wahrscheinlich hatte er es nur hastig übergestreift, um den Gesetzen von Florida Genüge zu tun. Die verlangten nämlich von den Besuchern einer Bar oder eines Restaurants, Hemd und Schuhe zu tragen. Dabei stand er gar nicht vor dem Eingang des Lokals, sondern war zur Hintertür gekommen, die zu den Privaträumen führte.
    „Sie hätten anklopfen sollen“, sagte sie und ärgerte sich darüber, dass sie so klang, als ob sie sich verteidigte. Schließlich wohnte sie doch hier.
    „Na ja, das wollte ich ja gerade tun. Aber dann rann mir schon der Kaffee übers Hemd.“
    Damit wollte er natürlich andeuten, dass sie sich entschuldigen sollte. Was natürlich überhaupt nicht in Frage kam. Sie hatte sich wirklich erschreckt, und das machte sie wütend. Das war ihr Haus, und es gab für sie überhaupt keinen Grund, damit zu rechnen, dass ein Mann vor ihrer Tür stand. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Hälfte des Kaffees auf ihr gelandet war. Sie dachte also nicht im Traum an eine Entschuldigung.
    „Verdammt“, sagte sie, als sie feststellte, dass die Hälfte der Kekse auf die Erde gefallen und bereits von den Möwen entdeckt worden war. Wieder funkelte sie ihn an. „Meine Plätzchen kann ich vergessen. Das ist Ihre Schuld.“
    „Bin ich etwa für Ihre Plätzchen verantwortlich?“ erwiderte er. Sein Tonfall gefiel ihr ganz und gar nicht. Und auch nicht sein herablassender Gesichtsausdruck, der zu sagen schien: Was habe ich mit deinen blöden Plätzchen zu tun? Er sah sie so ungläubig an, als wären ihre Kekse die unwichtigste Sache der Welt.
    Was ganz und gar nicht der Fall war. Sie waren ein Geschenk. Sharon hatte die Dose auf die Theke gestellt und ihr ein wunderschönes Wochenende gewünscht.
    „Eine Schande. Die Plätzchen sind selbst gebacken und schmecken fantastisch. Sie waren ein Geschenk.“ Sie verstummte, denn sie hatte das Gefühl, dass sie sich wegen ihrer Plätzchen lächerlich machte. „Und jetzt kann ich auch noch meine Schlüssel suchen. Außerdem muss ich mich umziehen. Dabei bin ich ohnehin schon so spät dran. Wir öffnen erst um elf – wenn Sie sich das bitte für die Zukunft merken wollen. Nick ist allerdings schon auf. Ich sage ihm, dass Sie hier sind.“
    „Bei Ihrer Schadensbestandsaufnahme haben Sie noch was vergessen.“
    „Was denn?“
    „Ihr Kaffee hat mir meine Haut verbrüht. Ich könnte Sie verklagen.“
    „Ich würde sagen, Ihr Versuch, in mein Haus einzudringen, hat dazu geführt, dass ich mir meine Bluse ruiniert habe.“
    „Und natürlich auch Ihre Plätzchen.“
    „Und meine Plätzchen. Also bitte, verklagen Sie mich. Tun Sie sich keinen Zwang an.“
    Sie drehte sich zum und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. „Nick!“ rief sie ihrem Onkel zu. „Hier ist Besuch für dich.“ Und leise setzte sie hinzu: „Und es ist ein ziemlich arroganter Idiot.“
    Sie wartete nicht auf Nicks Antwort. Schnell eilte sie durch das Haus, dessen Räume an die Bar anschlossen, in ihr Schlafzimmer, zog sich rasch um und lief wieder hinaus. Offenbar hatte Nick sie gehört und den Mann in die Küche geführt. Nick schien ihn gut zu kennen, denn die beiden unterhielten sich angeregt, während sie Kaffee tranken. Als sie an ihnen vorbeikam, unterbrachen sie ihr Gespräch. Der dunkelhaarige Mann musterte sie kühl von oben bis unten.
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