Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Althars Wolkenhort

Althars Wolkenhort

Titel: Althars Wolkenhort
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
Raserei.
    »Sprich zu uns!« schrie er in den Raum. Bevor Sadagar ihn zurückhalten konnte, rannte er auf den Tisch zu, trommelte mit beiden Fäusten auf das massive, kostbar verzierte Holz und ließ sich hart in den Stuhl fallen, auf dem Mythor gesessen hatte.
    »Nottr, nicht!« rief Sadagar. Im gleichen Augenblick zuckte er zusammen, als habe der Klang der eigenen Stimme ihn erschreckt. Was Nottr tat, war schon schlimm genug. Sie waren hier in einem Heiligtum. Sie entweihten es. Nottr entweihte es.
    Mythors Schritte waren noch zu hören, als gehe er direkt über den Zurückgelassenen suchend auf und ab. Dann wurden sie leiser. Wieder herrschte völlige Stille in der Halle. Nottr, der zur Decke emporgesehen hatte, schrie wieder auf: »Sprich zu mir, wie du zu ihm gesprochen hast! Zeige dich! Sage uns, wer du bist!«
    Er umklammerte die Lehnen mit den Fingern, so fest, als wolle er sie zerbrechen. Nichts geschah. Keine Wolke bildete sich über Nottr. Keine dunkle Stimme erklang.
    Nottr fuhr herum. Sadagar und Kalathee erschraken heftig, als sie diesen wilden Blick in seinen Augen sahen. In diesen Momenten war er wieder der Barbar, der Wildländer, der mit seinen Horden brandschatzend und mordend durch die Lande gezogen war.
    »Wir werden nicht warten, bis wir hier vermodern«, knurrte er. »Wenn Mythor nach drei Tagen und drei Nächten nicht zurück ist, gehen wir nach oben.«
    »Nein!« widersprach Sadagar, und selten hatte man ihn mit solcher Entschlossenheit reden hören. Nichts an ihm erinnerte in diesem Augenblick noch an den Zauderer, der froh war, wenn er nicht zu nahe an den jeweiligen Brennpunkten sein musste. »Unser Versprechen gilt. Wenn Mythor nicht zurückkehrt, werden wir ihn nicht lebend finden.« Grimmig fügte er hinzu: »Ich glaube, dass er es schafft. Es ist eine Kraft in ihm, die sich uns noch nicht offenbart hat.«
    »Ich glaube es auch«, wiederholte Kalathee Sadagars Worte.
    Doch Nottr widersprach: »Erzählt mir nichts über Mythors Kraft! Er mag anders sein als wir, aber auch er hat nur einen Arm, um ein Schwert zu führen.«
    »Ich glaube nicht, dass er mit dem Schwert kämpfen muss, um an sein Ziel zu gelangen«, sagte Kalathee. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und aus dem Gesicht. »Ich weiß, dass er nur diese andere Frau lieben kann, aber ich wünsche ihm, dass sie ihm die Kraft geben möge, das zu ertragen, was ihn erwartet.«
    Nottr starrte sie betroffen an. »Auch mein Herz ist groß und voller Liebe«, sagte er. Sofort schalt er sich einen Narren. Dies war ganz gewiss nicht der rechte Augenblick, um einen neuen Vorstoß zu wagen. Er stand auf.
    Plötzlich waren wieder Geräusche aus dem oberen Teil des Wolkenhorts zu hören, Geräusche, wie sie nie zuvor an die Ohren der drei gedrungen waren. Sie ließen ihnen das Blut in den Adern stocken.
    »Was geht dort vor?« fragte Sadagar kaum hörbar.
    Niemand wusste eine Antwort darauf zu geben. Irgend etwas Unvorstellbares. Dort, wo Mythor nun allein seinen Weg erkämpfen musste, hatte er es mit Gewalten zu tun, die nicht von dieser Welt waren.
    Nottrs Muskeln waren gespannt. Die rechte Hand umklammerte den Griff des Krummschwerts so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Er weiß, was er tut«, flüsterte Kalathee. »Er wird mit dem Helm der Gerechten zu uns zurückkehren. Und er wird stärker sein als jemals zuvor.«
    Unausgesprochen schwang die bange Frage in ihren Worten mit: Aber wird er noch so sein wie der Mythor, den wir kannten?
    »Was ich jetzt brauchen könnte«, knurrte der Lorvaner halblaut, »wäre ein halbes Dutzend dieser verdammten Caer, denen ich die Hälse umdrehen könnte!«
    Noch lauschten die drei Zurückgebliebenen den Lauten des Schreckens, die von oben kamen, und bei jedem Ächzen, das wie aus dem Mund eines gerade vom Tode Auferstandenen klang, bei jedem Poltern, bei jedem Wimmern wie von Tausenden gepeinigter Seelen schraken sie zusammen.
    Kalathees Beine gaben nach. Nottr führte sie zu einem der sieben Stühle.
    Plötzlich fuhr Sadagars Kopf herum. »Achtung! Nottr, hörst du es nicht?«
    »Was soll ich.?«
    Der Rest ging in einer Reihe von Flüchen unter.
    In die von oben kommenden Laute mischte sich jetzt Lärm von draußen. Irgend jemand näherte sich schnell dem Turm.
    Und wer immer es war, hatte offenbar keinen Grund zur Vorsicht. Die Fremden kamen mit Kampfgeschrei.
    »Caer!« schrie Nottr. »Sadagar, wir werden kämpfen bis zum letzten Atemzug! Deine Messer!«
    Es war zu spät. Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher