Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Althars Wolkenhort

Althars Wolkenhort

Titel: Althars Wolkenhort
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
einzustechen.
    Es war ein Bild des Grauens. Wie leblose Statuen standen die Krieger und ihr Anführer im Raum. O'Marns Blick war immer noch auf Kalathee gerichtet, deren Finger wie von Geisterhand geführt über die Öffnungen des Instruments glitten. Und der Blick des Ritters war ebenso starr und gebrochen wie der seiner Männer.
    »Das ist Zauberei«, flüsterte Nottr. »Steinmann, ist das ein Traum, oder sehe ich es wirklich?«
    »Kein Traum«, sagte Sadagar so leise, als befürchte er, durch zu lautes Reden schlafende Dämonen zu wecken. »Wir beide und Kalathee sind die einzigen, die von dem Zauber nicht befallen sind. Lass uns keine Fragen stellen, Nottr. Wir würden nichts von dem verstehen, was hier vorgeht. Wir können fliehen!«
    »Aber wie kommt Kalathee dazu.?« Nottr fand keine Worte. »Sie spielt die Flöte doch nicht selbst!«
    »Vielleicht. Ach, es hat keinen Sinn, Nottr! Wir verstehen nicht, was geschieht. Aber die Caer sind im Augenblick wie tot. Und ich will nicht länger an diesem Ort bleiben. Nimm Kalathee, aber pass auf, dass du sie nicht aufweckst!«
    »Aufweckst?«
    »Sie muss weiterspielen!«
    Sadagar war bereits dabei, seine zwölf Messer zurückzuholen. Zehn steckten in den Gürteln von Caer, die anderen beiden musste er Kriegern fast aus den Fingern brechen.
    Endlich begriff Nottr, welche Gelegenheit sich ihnen hier bot. Sie hätten die Caer jetzt töten können, einen nach dem andern, aber das wäre schlimmer als Mord gewesen. Mythor hätte ein solches Handeln niemals geduldet. Aber sie konnten zu fliehen versuchen, um sich irgendwo in der Nähe des Wolkenhorts zu verstecken und auf eine Gelegenheit zu warten, Mythor zu Hilfe zu kommen oder ihn zu befreien.
    Nottr holte sich sein Krummschwert zurück, steckte es in den Gürtel und hob Kalathee vorsichtig aus dem Stuhl. Sie schien es nicht wahrzunehmen und blies weiter.
    Sadagar wartete bereits auf sie. Er lief aus der Halle. Im Eingang, hinter der halboffenen Tür, blieb er stehen und lugte nach draußen.
    Mehrere Caer-Krieger, bis zu den Zähnen bewaffnet, standen in einem Kreis um den Wolkenhort herum. Sie alle waren erstarrt.
    Sadagar winkte Nottr zu. Hintereinander traten sie ins Freie. Der Steinmann trat so vorsichtig auf, als könne jedes Geräusch die Caer wieder zum Leben erwecken. Dabei bewegte ihn nur eine Frage: Wieso waren sie nicht von der Lähmung ergriffen worden? Und Mythor? Galt für ihn das gleiche, oder lag er nun irgendwo in den oberen Teilen des Turmes, hilflos, dem ausgeliefert, was dort oben auf ihn gelauert hatte und was vielleicht nicht von der Lähmung befallen war?
    Weil es Teil der Magie war, die in Althars Wolkenhort wohnte?
    Die Panflöte hatte Baumer beim Wolkenhort gefunden. Sie war ein magisches Werkzeug.
    Sadagar zwang sich dazu, diese Fragen und andere zu verscheuchen, wie etwa die, warum das Hornissengift bei ihm, Mythor und Nottr keine Wirkung gezeigt hatte. Sie mussten fort von hier, außer Sichtweite der Caer. Jeden Augenblick konnte die Melodie verstummen, konnte Kalathee erwachen.
    Der Steinmann lief auf die Felsen zu, bei denen er und die anderen den Berg erklommen hatten. Plötzlich blieb Nottr wie vom Blitz getroffen stehen.
    »Drundyr!« knurrte er. »Der Kerl, der an allem schuld ist!«
    Sadagar sah ihn. Der Priester stand einen Pfeilschuss vom Wolkenhort entfernt fast am Rand des Berges und starrte sie aus hasserfüllten Augen an. Im Gegensatz zu Nyala, die erstarrt neben ihm stand, hatte er Leben in sich. Drundyrs Lippen bewegten sich. Seine dürren schwarzen Finger bewegten sich leicht. Es war offensichtlich, dass der Priester selbst genau wie die Caer unter dem Bann der Zaubermelodie stand. Sein Dämon aber war wach und versuchte, Drundyr auf die Flüchtenden zu hetzen. Er schaffte es nicht. Beim zweiten Hinsehen war es kein Hass, der aus Drundyrs Augen loderte, sondern abgrundtiefe Qual, die dieser Mann empfinden musste .
    Die Weiße Magie des Wolkenhorts gegen die Schwarze Magie der Caer, dachte Sadagar. Die Panflöte gehörte zum Wolkenhort. Deshalb waren nur die Caer gelähmt, die direkt oder indirekt immer unter dem Einfluss Schwarzer Magie standen. Und der Steinmann verstand nun auch, warum Drundyr so weit vom Turm entfernt wartete und ihn nicht selbst betreten hatte.
    »Lass ihn!« rief er Nottr zu. »Komm weiter!«
    »Wenn wir erst in Sicherheit sind, knöpfe ich ihn mir vor!« schwor der Lorvaner. »Er soll seinen Verrat bezahlen!«
    »Von seinem Standpunkt aus war es kein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher