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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht
Autoren: Jerry Cotton
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furchtlos in den Weg stellte. Denn seit die Medien über den sogenannten »Häuserkampf in Harlem« berichteten, war Pedro Gonzales in seinem Viertel zu einem Helden geworden, eine Art moderner Robin Hood, der sich bedingungslos für die Rechte der kleinen Leute einsetzte.
    Sogar ein Kamerateam von CBS war vorbeigekommen, um einen kurzen Beitrag für die Lokalnachrichten aufzuzeichnen. Auch für dieses Interview hatte er sich zur Verfügung gestellt. Öffentlichkeit war wichtig. Er brauchte die Unterstützung der New Yorker Bürger. Die öffentliche Meinung war seine einzige Waffe.
    Sie und der beste Anwalt der Stadt. Und der war vor zwölf Stunden ermordet worden.
    Pedro horchte auf. Irgendwo war eine Fensterscheibe zu Bruch gegangen. Er hörte Stimmen, aber als er einen Blick aus dem Fenster warf, war niemand zu sehen.
    Pedro holte sich noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Nächtliche Ruhestörungen waren in dieser Gegend keine Seltenheit. Viele Einwanderer aus Südamerika lebten hier, fast jeder Zweite war arbeitslos. Kein Wunder, dass der Konsum von Alkohol und anderen Drogen an der Tagesordnung war.
    Und nachts, wenn friedliche Bürger im Bett lagen, um am nächsten Tag fit für die Arbeit zu sein, brach sich der angestaute Frust in Form von Pöbeleien, Schlägereien oder blindem Vandalismus Bahn. Die Notaufnahmen der umliegenden Krankenhäuser konnten viele traurige Geschichten erzählen.
    Wieder hörte er ein Geräusch. Es klang, als würde ein riesiger Vogel am Fenster vorbeifliegen. Aber die Pleasant Avenue lag ruhig im matten Schein der Straßenlaternen, und auch in dem mit Müll übersäten Brachland abseits der Straße rührte sich nichts. Pedro sog den Duft von frischem Sauerklee und wilder Minze ein. Der Geruch erinnerte ihn an seine Heimat. Peru. Über zehn Jahre war er nicht mehr dort gewesen. Sein Herz krampfte sich zusammen.
    Aber jetzt war keine Zeit für Sentimentalitäten. Er hatte längst eine neue Heimat gefunden. East Harlem, New York. Aus dieser Heimat wollte ihn ein egozentrischer Multimillionär vertreiben, um sie in ein Einkaufsparadies zu verwandeln. Das musste er um jeden Preis verhindern.
    Nächste Woche fand die entscheidende Verhandlung statt. Und nachdem Colin Banks nicht mehr lebte, der Mann, der seine Rechte vor Gericht durchsetzen wollte, bestand dringender Handlungsbedarf.
    Für Pedro Gonzales stand fest, dass Martin Knudson Colin Banks auf dem Gewissen hatte. Wenn er es nicht selbst erledigt hatte, hatte er jemanden dafür bezahlt. Für Geld konnte man in dieser Stadt alles kaufen. Auch einen Mord.
    Aber die Zeit bis zur Verhandlung war zu kurz, um ihm diesen nachzuweisen. Darum würde er sich anschließend kümmern. Zunächst musste er Ersatz für Colin Banks finden. Das war schwer genug, schließlich brauchte der neue Mann Zeit, sich in den komplizierten Fall einzuarbeiten.
    Und Zeit war das, was Pedro im Moment am wenigsten hatte. Abgesehen von Geld.
    Er trank einen Schluck und nahm sich noch einmal die Liste der Anwälte vor, die ihm ein Freund zusammengestellt hatte.
    Dann ging alles sehr schnell.
    Das Erste, was Pedro hörte, war ein markerschütternder Schrei von Mrs Feaver. Die alte Dame wohnte in dem Haus jenseits der zugemüllten Baulücke, gut hundert Meter entfernt. Trotzdem hatte er das Gefühl, als stünde sie direkt neben ihm.
    Dann ertönte ein lauter Knall, Glas splitterte, im nächsten Moment begannen mehrere Kinder wie am Spieß zu brüllen.
    Pedro stürzte zum Fenster. Zwei vermummte Gestalten überquerten eilig die Pleasant Avenue und verschwanden Richtung Sportplatz an der Ecke East 118th Street.
    Dann fiel sein Blick auf das Nachbarhaus. Aus der Wohnung von Mrs Feaver schlugen hohe Flammen.
    ***
    Als mein Handy klingelte, warf ich einen Blick auf den Wecker: 3.12 Uhr. Ich hatte zwar nur drei Stunden im Bett gelegen, trotzdem fühlte ich mich frisch und ausgeschlafen.
    Im Gegensatz zu Phil, der knapp eine halbe Stunde später an der üblichen Ecke in den Jaguar stieg.
    »Nicht mal zum Schlafen kommt man mehr«, maulte er schlecht gelaunt und nippte an dem dampfenden Coffee-to-go, den er sich unterwegs besorgt hatte. »Wo geht’s denn hin?«
    »East Harlem«, antwortete ich und schaltete das Blaulicht ein. »Ein Hausbrand.«
    »Sind wir die Feuerwehr?« protestierte Phil.
    »Das Haus, in dem es brennt, gehört einem gewissen Martin Knudson. Schon mal gehört?«
    Bis wir an der Pleasant Avenue ankamen, gab Phil keinen Ton mehr von sich.
    Die Straße war
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