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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem
Autoren: Oliver Buslau
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Informationen an jedes Team. Und wenn sie unterwegs sind, bleiben wir hier und passen auf das Handy auf.«
    »Welches Handy?«
    »Na, meins. Das ich dir noch gebe. Auf dem rufen die Leute an, falls es Probleme gibt.«
    »Was denn für Probleme?«
    »Keine Ahnung. Reifen platt. Verfahren. Unfall. Man muss auf alles vorbereitet sein.«
    Ich schlug einen der Plastikschnellhefter auf. Die ersten Seiten bestanden aus farbig kopierten Straßenkarten der Umgebung. Erfasst war in Nordsüdrichtung etwa das Gebiet zwischen Wuppertal und Bergisch Gladbach. Nach Osten ging es bis Wipperfürth, nach Westen bis Leverkusen und die Kölner »Schäl Sick«. Dazu gab es Stadtpläne.
    »Wer sich mit dem Material verfährt, dem ist wirklich nicht zu helfen«, sagte ich. »Und ansonsten wird schon nichts passieren.«
    »Du darfst nicht vergessen, dass manche von der linken Rheinseite kommen und sich hier nicht so gut auskennen.«
    »Wen erwartest du denn überhaupt so?«
    »Ingesamt sind es genau zwanzig. Zehn Männer und zehn Frauen. Sie werden gemischte Teams bilden, je ein Mann und eine Frau. Natürlich wird darauf geachtet, dass keine Paare zusammen fahren.«
    »Ist das hier eine Geburtstagsparty oder eine Verkupplungsaktion?«
    »Quatsch. Ich will, dass sich die Leute ein bisschen näher kennenlernen.« Sie griff in ihre Tasche und holte einen eng gefalteten Zettel hervor. »Also, da sind die Schönemanns aus Remscheid. Du weißt schon - der Inhaber der Werbeagentur, in der ich mal gearbeitet habe. Dann Siegfried Mathisen und seine Frau Hermine. Anwalt Dr. Heimlich und seine Frau, außerdem noch Theo, der Cousin meines verstorbenen Mannes, und …«
    Ich hörte nicht mehr zu. Die Namen dieser Leute tauchten immer wieder mal in Juttas Erzählungen auf, aber irgendwie war das nicht meine Welt. Eine Ausnahme war Dr. Heimlich, der mir vor einigen Jahren geholfen hatte, als ich bei einem meiner größeren Fälle unschuldig in U-Haft gelandet war.
    »Am besten, du machst dich jetzt mal nützlich«, sagte Jutta, die mein Desinteresse bemerkt hatte.
    »Es ist doch noch niemand da. Also kann ich auch keine Mappen verteilen. Und du hast Kellner. Hat die Bar eigentlich schon geöffnet?« Ich deutete auf die adrett Gekleideten, die ganze Batterien von Gläsern in Position gebracht hatten.
    »Später«, sagte sie.
    Ich zog eine Zigarette hervor und beschloss, sie in aller Ruhe zu rauchen. Meine vierte heute.
    »Wo gibt’s denn hier Aschenbecher?«, fragte ich.
    Jutta ging nicht darauf ein. »Du kannst was anderes tun. Erkundige dich, ob jemand Hilfe braucht.« Sie rauschte in Richtung des Hauses davon. Keine Ahnung, was sie dort wollte. Vielleicht aufs Klo. Oder der Rentnerband helfen.
    Ich beobachtete das geschäftige Treiben und beschloss, mich von den Kellnern fernzuhalten. Die wirkten selbstsicher und wussten offenbar, was sie taten. Man sollte sie nicht stören. Am Ende machte man noch irgendwas kaputt.
    Also wandte ich mich den Musikern zu. Sie hatten auf dem Vorplatz des Hauses Verstärker aufgestellt. Einer der Bärtigen war gerade dabei, ein Mikrofon anzuschließen.
    »He, Chef«, sagte er, als er mich kommen sah. »Wo gibt’s denn hier Strom?«
    »Im Haus«, behauptete ich und deutete auf die Tür. Der Mann nickte und bewegte sich mit der Kabelrolle dem Eingang zu. Die anderen hatten ihre Instrumentenkoffer aus dem Wagen geholt; einer nahm gerade eine E-Gitarre heraus.
    »Fangt ihr schon gleich an zu spielen?«, fragte ich. »Ich dachte, die Leute wollen noch auf die Rallye.«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir bauen erst mal auf. So richtig los geht’s dann heute Abend.«
    Der Mann kam mit leeren Händen zurück. Offenbar hatte es mit dem Stromanschluss hingehauen. Ich stellte mich unter die Kastanie am Haus und gab mich der sonnigen Landschaft hin, bis ich aus meinen Gedanken gerissen wurde.
    Ein Stück weiter hinten näherte sich etwas Winziges, Knallrotes. Ein stupsnasiges Auto von der Größe einer Maus. Eine leuchtend rot lackierte Nussschale. Sinfonische Musik donnerte aus dem offenen Faltdach. Die Rentner sahen erstaunt auf. Mit Klassik-Konkurrenz hatten sie offenbar nicht gerechnet.
    Es war ein wunderbar erhaltener Fiat 500. Ein alter, nicht die Retroversion, die inzwischen auf den Markt gekommen war. So einen hatte ich seit meiner Jugend nicht mehr gesehen. Die Musikanlage darin war wahrscheinlich neu.
    Als der Wagen fast herangekommen war, stellte die blonde Fahrerin die Musik aus. Ihr Mund lächelte. Ob ihre Augen
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