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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem
Autoren: Oliver Buslau
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da?«
    Ich holte tief Luft und sagte: »Ich werde an der Rallye teilnehmen.«
    »Was? Das ist aber so nicht vorgesehen.«
    »Es war ja auch nicht geplant, dass Yvonne auftaucht.«
    »Sei leise.« Jutta sah nervös zu den Gästen hinüber. Einige waren mittlerweile auf unsere Lagebesprechung aufmerksam geworden und prosteten in unsere Richtung. Mathisen rief sogar etwas. Wegen seiner lauten Stimme war es gut zu verstehen.
    »Jutta, wo bleibst du? Leiste uns Gesellschaft!« Er hob das Glas. Die Sonnenbrille hatte den Ausschnitt des T-Shirts verlassen und saß auf seiner Nase. Jetzt wirkte er wie ein alternder Mafioso.
    Jutta lächelte zurück. Dann wandte sie sich wieder mir zu, und ihr Gesichtsausdruck verwandelte sich blitzschnell in den eines Polizisten, der einen Verdächtigen in der Mangel hat.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte sie.
    »Aber warum? Es wäre die unauffälligste Methode.«
    »Also gut«, sagte sie schließlich. »Ich habe keine Wahl. Fangen wir an. Hier habe ich die Auslosung vorbereitet.«
    Sie ging um den Tisch herum und zeigte auf zwei Sektkühler. In jedem lagen zusammengefaltete Zettel. »Einen für die Damen, einen für die Herren«, erklärte sie. »Jeder zieht einen Zettel und findet den Namen des Partners oder der Partnerin.«
    »Vergiss es.«
    »Was? Ich denke, wir sind uns einig.«
    »Sind wir ja auch. Bis auf ein kleines Detail. Es wird keine Auslosung geben.«
    »Wieso das denn? Es funktioniert doch. Ich muss nur deinen und Yvonnes Namen hinzufügen. Wenn du Glück hast, landest du neben Hermine Weißenburg, die Ehefrau von Siegfried Mathisen. Sie ist sehr gebildet. Du wirst dich prächtig mit ihr unterhalten. Sie hat eine große Agentur für klassische Musik.«
    »Nein.«
    Sie wurde hektisch. »Remi, du hast versprochen, mitzumachen und mir zu helfen.«
    »Das tue ich ja. Ich will bloß, dass es keine Auslosung gibt. Das ist meine Bedingung. Du gehst jetzt hin, schreibst die Namen der Teilnehmer auf und stellst die Paare selbst zusammen. Damit verhinderst du übrigens auch, dass eventuell Ehepaare ein Team bilden. Das wolltest du doch so. Und mich«, fügte ich triumphierend hinzu, »mich teilst du bitte als Partner von Yvonne ein.«
    »So hast du dir das gedacht.«
    »Mach schon. Ich mische mich unter die Gäste und gebe bekannt, dass es gleich losgeht.«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    Von hinten meldeten sich Stimmen: »Jutta, wenn du nicht bald kommst, haben wir alles ohne dich ausgetrunken.«
    »Mein allerletztes«, erklärte ich.
    Jutta murmelte etwas vor sich hin. Ich verstand es nicht genau, aber es kam irgendwas von »Blondine« und »schwanzgesteuert« oder so was in der Art darin vor.
    Ich ließ die Einsatzzentrale hinter mir und näherte mich strahlend den Menschen, die erwartungsfroh die Wiese füllten. Yvonne stand jetzt etwas abseits. Offenbar hatten die Ehefrauen ihre besseren Hälften an die Kandare genommen, um sie von ihr fernzuhalten. Sie schien nicht darunter zu leiden und sah mich fröhlich an, das Cocktailglas in der rechten Hand.
    Und sie lächelte, lächelte, lächelte. Es war wohl ihr ganz natürlicher Gesichtsausdruck. Als ob sie auf die Welt gekommen wäre, um Sonnenschein zu verbreiten.
    »Liebe Gäste«, begann ich meine Ansprache mit einer Souveränität, die mich selbst erstaunte. »Liebe Gäste, während Jutta noch die letzten Vorbereitungen für die spannende Rundfahrt durchs Bergische trifft, zu der sie Sie alle eingeladen hat und zu der ich Sie herzlich begrüße - eine Rundfahrt, die uns allen viel Spaß machen wird, denn sie ist mit Aufgaben verbunden, wie sie eine Rallye so an sich hat, und es wird Teams geben, wobei immer zwei Leute in einem Auto …« Ich stockte, weil mir klar wurde, dass ich den Satz irgendwie vermasselt hatte und nicht mehr wusste, wie er losgegangen war. Yvonne hatte Spiel- und Standbein gewechselt. Ein laues Lüftchen wehte und erfasste den Saum ihres Rocks. Ihr Blick war die pure Aufforderung. Wozu auch immer.
    »Jedenfalls …« Ich räusperte mich. »Mein Name ist übrigens Remigius Rott. Ich bin Juttas Neffe. Ich glaube, ich bin vielen von Ihnen noch nicht vorgestellt worden. Und es wird sicher Gelegenheit geben, dass man sich heute näher kennenlernt…«
    Irrte ich mich, oder hatte Yvonne bei dieser Bemerkung das Glas etwas angehoben, als wollte sie mir zuprosten?
    Ich musste ein drittes Mal anfangen.
    »Ich wünsche uns allen einen schönen Tag. Wie gesagt, ich heiße Remigius Rott, und ich bin sehr glücklich, dass
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