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Alptraum-Sommer

Alptraum-Sommer

Titel: Alptraum-Sommer
Autoren: Jason Dark
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hinein, doch hier war alles ruhig.
    Bedrückend still…
    Die Natur hält in dieser Gegend den Atem an. Daran hatte Ben Culver oft genug gedacht, sich aber keine weiteren Gedanken über den Vergleich gemacht – bis eben in dieser Minute, als er auf dem Baumstamm hockte und rauchte, umgeben von einer für europäische Verhältnisse anmutenden exotischen Welt.
    Immer wieder schaute er auf den Tümpel. Die Oberfläche schimmerte geheimnisvoll. Sie war wie eine Decke, die man darüber ausgebreitet hatte, um die schreckliche Tiefe zu verbergen. Niemand sollte sehen, was sich dort tat. Obwohl Culver schwitzte, spürte er ein Frösteln auf seinem Rücken. Auch das war nicht normal.
    Eine Warnung?
    Culver stand auf wie in Zeitlupe, es sah beinahe unbeholfen aus. Er schaute zur Seite, drehte sich weiter, rauchte zwei Züge und warf die Kippe weg. In diesem Augenblick glaubte er, eine Bewegung gesehen zu haben. Irgendwo vor ihm. Etwas war durch das Unterholz gehuscht.
    Einige hohe Halme schwangen jetzt noch nach, pendelten aus, waren wieder starr.
    Ein Tier?
    Culver überlegte.
    Platsch!
    Er wirbelte auf der Stelle herum, weil er sehen wollte, was hinter ihm geschehen war. Es war nichts zu erkennen.
    Doch, auf der Oberfläche waren einige Ringe entstanden, die dem Ufer entgegenliefen.
    Und dann schwamm dort etwas…
    Culver räusperte sich. Er schaute hin, wollte sich abwenden, schaute wieder hin, schüttelte den Kopf. Zwei Schritte ging er vor. Seine Füße sanken in den Schlamm des Ufers ein. Er blieb stehen und verfolgte den Gegenstand, der ins Wasser gefallen sein mußte, dicht unter der Oberfläche schwamm und dabei leicht hüpfte.
    Ein Ball war es nicht. Es erinnerte mehr an einen Korken, obwohl es nicht so regelmäßig geformt war. Aber es näherte sich dem Ufer an der Stelle, wo er stand. Es sah so aus, als wäre jemand dabei, den Gegenstand mit einem Faden näher heranzuziehen.
    Komisch…
    Ben Culver wartete. Manchmal tauchte der Gegenstand unter, aber ebenso schnell erreichte er auch wieder die Oberfläche, wo er ihn besser erkennen konnte.
    Auf einmal wußte er, was es war.
    Ein Stück Wurzel, ziemlich dick sogar, größer als eine Männerhand, oval geformt, so daß ihm der Vergleich mit einem Kopf in den Sinn kam. Und noch etwas kam hinzu. Auf einer Seite war die Baumwurzel glatt, auf der anderen aufgerauht, als hätte dort jemand etwas hineingeschnitzt, um sein Zeichen zu hinterlassen.
    Culver war gespannt darauf. Er wollte es wissen und konnte es kaum erwarten, bis die Wurzel ans Ufer trieb. In dieser Umgebung war sie für ihn etwas Besonderes, ein Geschenk, das ihm ein Wassergeist überlassen wollte.
    Nicht mehr als eine Armlänge noch, dann konnte Culver es bequem fassen. Die Wurzel drehte sich noch einmal unter die Oberfläche, wurde wieder hochgedrückt und bekam Kontakt mit einer Männerhand, die Culver in das warme Wasser des Tümpels gestreckt hatte. Mit den Fingern umfaßte er ein glitschiges Etwas, zog es ans Ufer und ließ sich wieder auf dem Baumstamm nieder.
    Ein komisches Stück Wurzel, dachte er und überlegte, ob es tatsächlich menschliche Züge aufwies. Eigentlich war es mehr ein Oval, konnte auch als eine in die Länge gezogene Zwiebel durchgehen, und das obere Ende sah aus wie eine Zipfelmütze, die zusätzlich jemand auf die Wurzel gesetzt hatte.
    Der Fund war naß und glatt. Culver drehte ihn herum, ließ ihn auf seiner kräftigen Hand liegen – und erschrak.
    Er schaute in ein Gesicht.
    »Das gibt es nicht«, flüsterte er. »Das bildest du dir ein. Das kann kein Gesicht sein…« Er rieb sich die Augen, dann lachte er und sagte sich, daß er sich tatsächlich getäuscht hatte.
    Es war kein Gesicht.
    Es hatte nur so ausgesehen. Wieder suchte Ben nach einem Vergleich, der ihm auch in den Sinn kam. An dieser Wurzel hatte jemand herumgeschnitzt, war allerdings noch nicht fertig geworden.
    Da waren die Andeutungen dieser Merkmale zu erkennen. Der Mund, die Nase, auch die Augen, und alles wirkte sehr flach, beinahe wie aufgemalt.
    Culver fuhr mit der Fingerkuppe darüber hinweg. Er war ebenfalls der Meinung, daß er sich beim ersten Hinsehen getäuscht hatte. Aber komisch war dieser Fund schon. Er paßte ihm persönlich zwar nicht, doch in dieses große Rätsel des stockigen Waldes fügte es sich seiner Meinung nach nahtlos ein.
    Seltsam…
    Culver schaute es an, überlegte, merkte auch, daß dieses Wurzelstück gar nicht so hart war. Schon beim leichten Druck verzog es sich.
    Vielleicht
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