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Alptraum-Sommer

Alptraum-Sommer

Titel: Alptraum-Sommer
Autoren: Jason Dark
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konnte er auch daran herumschnitzen. Von der letzten Möglichkeit war er sehr angetan, und die Hand glitt in die Tasche, wo ein Messer steckte.
    Er klappte es auf. Ein verirrter Sonnenstrahl traf die Schneide und ließ sie funkeln.
    In der linken Hand hielt Culver die Wurzel, in der rechten das Messer. Er wollte an der oberen Seite beginnen und die weiche Masse mit einem Schnitt zerteilen.
    Culver setzte das Messer an – und schnitt nicht. Wie eine Sirene gellte etwas in seinem Kopf. Es war ein Schrei, eine Warnung, die ihm klarmachte, es nicht zu tun.
    Nicht verletzen!
    Ben schüttelte den Kopf. Gleichzeitig spürte er den Schauer. Er drehte sich um. Da war nichts, was ihn hätte mißtrauisch werden lassen. Nur die dumpfe Stille des Waldes.
    Trotzdem diese Warnung!
    Wer hatte sie ihm zugerufen! Warum war sie ausgerechnet in seinem Kopf aufgegellt? Für ihn gab es keinen anderen Grund als eine Täuschung. Jemand hatte sich einen Scherz erlaubt. Das bedeutete auch, daß sich Culver nicht mehr allein in dieser Umgebung befand.
    Irgend jemand war noch da, lauerte im Hintergrund, hatte gerufen, was auch Unsinn war, denn die Warnung hatte er auf keinen Fall als Rufen gehört, sondern nur mehr als Signal in seinem Kopf.
    Rätselhaft…
    Wieder schaute er auf die Wurzel. Er sah auch das Messer, und Culver war ein Mensch, der gewissen Dingen auf den Grund ging, auch wenn er sich dabei selbst in Gefahr brachte. Hier wollte er es einfach wissen und sich nicht aus dem Rennen schlagen lassen.
    Das Messer war scharf. Es würde dieses feuchte Wurzelstück mit einer Leichtigkeit durchschneiden, als bestünde es aus weichem Fett. Er setzte die Klinge an, und zwar dort, wo sich – hätte es tatsächlich ein Gesicht gegeben – die Stirn befinden mußte. Er wollte nur eine kleine Kappe von der Wurzel schneiden.
    Culver drückte die Klinge hinein.
    Sie glitt weiter.
    Er lächelte.
    Es war ganz einfach, und er kam sich vor, als würde er eine Kartoffel schälen.
    Nur rann aus denen niemals Saft hervor. Hier war es anders. In der Wurzel war eine dicke Flüssigkeit verborgen gewesen, vergleichbar mit dem Sirup.
    Sie quoll aus der Schnittwunde und benetzte Ben Culvers Finger. Culver schnitt plötzlich nicht mehr weiter. Seine Augen hatten sich geweitet.
    Was er sah, wollte er nicht glauben. Es war für ihn unmöglich, Grusel und Tragik zugleich.
    Nein, die Flüssigkeit hatte nur wie Sirup ausgesehen. Sie war etwas ganz anderes.
    Er tupfte dennoch mit einer freien Fingerspitze nach, schaute genau hin, und in seinem Magen brodelte es, als würde dort eine Säure kochen.
    An seinem Finger klebte Blut!
    ***
    Ben Culver wollte es nicht glauben, daß es Blut war, was noch immer aus der schmalen Schnittwunde quoll.
    Blut! Wieso Blut?
    Der Mann, der schon einiges hinter sich hatte, zitterte plötzlich. Er wurde kalt, und über seinen Körper wirbelten kleine Schauer hinweg. Schweiß stand ihm ebenfalls auf der Stirn. Wenn er nach Luft schnappte, sah es aus, als würde er trinken. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, und Culver fühlte sich wie ein Mensch, der erkannt hatte, einen Fehler gemacht zu haben.
    Es gibt leichte, es gibt schwere, es gibt aber auch tödliche Fehler. War dieser Fehler von ihm tödlich gewesen? Im Hals spürte er das Kratzen.
    Er dachte an diesen verdammten Dschungel, der überhaupt nicht in diese Gegend hineinpaßte, und in einem Anfall von Wut schleuderte er das Fundstück wieder zurück ins Wasser. Es glitt durch einen Sonnenstrahl und verlor dabei einige Blutstropfen, die wie rote Regentropfen auf die Oberfläche des Tümpels klatschten.
    Er atmete keuchend aus, erhob sich und spürte, daß seine Beine zitterten. Das Fundstück schwamm auf dem Wasser. Als Culver noch einmal hinschaute, überkam ihn das Wissen, einen verdammten Fehler begangen zu haben.
    Das war kein normales Stück Wurzel gewesen, das irgendwo abgerissen worden war. Es mußte etwas Außergewöhnliches sein. Ein Gegenstand, den es nirgendwo sonst gab, nur eben in diesem so unnatürlichen Urwald im Süden Irlands.
    Er dachte über sein Honorar nach. Es war fast unverschämt hoch gewesen. Niemand warf Geld zum Fenster hinaus. Für diese Summe hatte man ihn in eine Hölle geschickt.
    Er lachte böse auf, als er daran dachte. Die Hölle, das genau war es gewesen. Er steckte inmitten einer verdammten Hölle, ohne Hilfe, ohne Partner, und er mußte sich durchschlagen, bis er sein Ziel erreichte. Es lag ja nicht weit entfernt.
    Culver wollte den Wald so
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