Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Meute

Die Meute

Titel: Die Meute
Autoren: David Fisher
Vom Netzwerk:
DAVID FISHER
    Die Meute
    Originaltitel: THE PACK
     
    Aus dem Amerikanischen übertragen von Rudolf Ernst
    Das Foto auf der Rückseite veröffentlichen wir mit
    freundlicher Genehmigung des Warner-Filmverleihs
    Deutsche Erstveröffentlichung Mai 1978
     
    Cave canem
    Petronius
    Prolog
     
    Es war der zweite Sonntag im September. Die Urlaubssaison war zu Ende. Neben der Vordertür türmten sich die Dinge, die mit der Fähre wieder in die Stadt zurückbefördert werden sollten: fünf mit Kleidung vollgestopfte Koffer, der kleine Schwarz-Weiß-Fernseher, die Pappschachteln mit Töpfen, Pfannen und dem Geschirr, das nicht zerbrochen war. Außerdem der sorgfältig geputzte Gußeisengrill, ein Karton mit Kinderspielzeug und die rote Begonie, die die Mutter so hingebungsvoll gepflegt hatte, in der Hoffnung, sie möge vielleicht das Trauma der Verpflanzung in das Stadt-Appartment überleben.
    »Alles fertig?« rief der Vater vom ersten Stock aus.
    »Alles bis auf den Hund. Du erledigst das, ja?« Es war nicht als Frage gemeint.
    Nicht mehr gebraucht wurden fünf Zahnbürsten, einige dreiviertelleere Flacons und verschiedene Toilettenartikel, ein stumpfes Tranchiermesser, zwei schmutzige Rupfendecken, ein Bündel zu klein gewordener Kinderkleider, eine räudige Haarbürste und der Hund.
    Der Sommerhund, der Hund dieses Sommers, war eine Mischung aus verschiedenen Rassen, von denen am ehesten noch etwas Terrierartiges zu erkennen war. Nach dem grauhaarigen Liftfahrer in ihrem Haus hatten die Kinder ihn Jake genannt. Den Kindern, die ihn im Mai vor dem Ertränken bewahrt hatten, hatte er im Sommer als Spielgefährte gute Dienste geleistet.
    Der Vater ging nach oben ins Schlafzimmer. Er suchte nach einer Zigarette und fand schließlich eine im Kosmetikköfferchen seiner Frau. Diese letzte Arbeit vor dem Aufbruch nach Hause, diesen jährlichen Gang mit dem Sommerhund in den Wald, fürchtete er. »Liebling, bist du sicher, daß du ihn nicht mitnehmen willst? Die Kinder verstehen sich wirklich prächtig mit ihm.«
    Sie war sich ganz sicher. Sommerhunde konnte man im Winter nicht brauchen. Man mußte sie frühmorgens und spätabends ausführen, in Kälte, Regen und Schnee. Verreiste man über das Wochenende, dann brauchte man einen Nachbarn, der sie betreute. Sommerhunde bedeuteten Haare auf dem Teppich, Allergiegefahr, Impfungen, Hundemief in der Küche.
    Trotzdem. Bei dem Gedanken, was Jake jetzt bevorstand, war dem Vater nicht wohl.
    »Weißt du«, begann er zögernd, »die Kinder werden allmählich alt genug...«
    »Kein Wort mehr«, unterbrach sie ihn. »Und ich lasse nicht zu, daß ständig ein Hund durch die Wohnung streicht und an den Möbeln herumpißt.«
    »Und du glaubst nicht, daß wir in der Stadt jemanden finden können, der ihn nimmt?« Er machte einen nervösen Zug an seiner Zigarette.
    Sie bürstete ihr langes brünettes Haar – einhundertmal, wie immer. »Nein. Wir würden ihn doch nur ins Tierasyl geben, und dort würden sie ihn vergasen.« Einundzwanzig – zweiundzwanzig, sie hatte ihren eigenen Rhythmus. »Bring ihn also bitte in den Wald. Dort hat er zumindest eine Chance zu überleben.«
    »Und was für eine«, erwiderte der Vater resignierend.
    Sie hörte einen Moment zu bürsten auf. »Was?«
    »Nichts.« Es hatte keinen Zweck, sich wegen des Hundes zu streiten. »Schon gut, ich bringe ihn fort. «
    Er nahm die vier Meter lange Wäscheleine, die er für diesen Zweck gekauft hatte, und schabte mit einem Küchenmesser daran. Die Leine war jetzt an einer Stelle ganz dünn, hielt aber noch. Wenn der Hund lange und kräftig genug daran zerrte, dann würde der Strick hier reißen. Tat er es, dann hatte der Hund vielleicht eine Chance zu überleben.
    Er legte den Strick auf die Anrichte und ging ins Kinderzimmer. Seine beiden Söhne hatten Jake gewaschen und gebürstet und ihm zur Feier des Tages ein hellblaues Band um den Hals geknüpft.
    Jake hörte den Mann kommen, noch bevor er ihn sah. Voller Erwartung starrte er auf die Tür, die Ohren gespitzt, das Maul zu einer Art Lächeln verzogen. Wenn der Mann kam, dann bedeutete das, daß er am Kopf gekrault wurde oder zu fressen bekam.
    »So, Jungs, verabschiedet euch von Jake. Ich bringe ihn jetzt in sein neues Zuhause.«
    Jake versuchte sich zu befreien, als der ältere Junge ihn fest – zu fest umfaßte.
    »Können wir ihn denn nicht mitnehmen?« bat der jüngere Sohn. »Wir würden uns schon um ihn kümmern, Dad, ganz bestimmt.«
    »Du würdest gar nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher