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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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nicht das Geld rüber. Stattdessen steckte er seinen Kopf in das Schalterhäuschen.
    «Adamo», antwortete der Verkäufer zögerlich. Schüchtern schaute er durch die blonden Locken, die ihm über die Augen hingen, und deutete auf das Portemonnaie in Lupus’ Hand. «Darf ich, Sir?»
    «Sir? Das sind noch Umgangsformen!», brachte Lupus erfreut hervor und zog seinen Kopf zurück. Mit gewölbten Augenbrauen wandte er sich an Nanouk. «Manch einer vom jungen Volk sollte sich davon eine Scheibe abschneiden, meinst du nicht auch, Töchterchen?»
    «Enkeltochter», korrigierte Nanouk ihn murrend, packte seinen Arm fester und riss ihn vom Kartenschalter weg.
    Sie führte ihn in den Vorraum hinein, wo man seine Jacke abgeben und etwas zu trinken und zu knabbern kaufen konnte. Nanouk und Lupus taten weder das eine noch das andere. Sie stellten sich in eine Ecke und unterzogen alles ihrem prüfenden Blick.
    Von innen sah das Theater genauso heruntergekommen aus wie die Fassade. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Wände neu zu streichen oder den Holzboden auszubessern. Überall herrschte Verfall. Staub lag auf den Gardinenstangen. Die schweren Vorhänge, die den Durchgang zum Saal markierten, waren grau vor Schmutz und in den Ecken hatten zahlreiche Spinnen ihre Netze gespannt. Barockstühle standen hier und dort, aber niemand wagte es, sich zu setzen, weil die Stoffe zerschlissen waren und teilweise sogar Sprungfedern herausstanden. Früher musste die Einrichtung knallbunt gewesen sein, doch inzwischen waren die Farben kaum noch zu erkennen.
    Die Besucher schien das nicht zu stören. Nanouk hörte sogar eine Unterhaltung mit, in der sich zwei Paare über die außergewöhnliche, geheimnisvolle Atmosphäre einig waren.
    «Hier ist der Zauber der guten, alten Zeit konserviert.»
    «Wie in einer Märchenwelt.»
    «Dass es solch einen bezaubernden Ort noch gibt.»
    «Man spürt die Magie schon, wenn man das Theater betritt. Welch herrlich altmodisches Interieur!»
    Nanouk zog ihren Parka aus, weil es heiß war wie in einer Sauna. Dass die Heizung im Nostalgia Playhouse noch funktionierte, grenzte an ein Wunder. «Du kostest deine Rolle voll aus, was?»
    «Ich wollte Zeit gewinnen», erklärte er und lockerte seinen Schal.
    «Um Adamo auf den Zahn zu fühlen? Du hast wahrhaft bahnbrechende Informationen aus ihm herausgekitzelt.»
    Gelassen und selbstsicher lehnte Lupus sich gegen die Wand. «Nein, ich brauchte mehr Zeit, um seinen Körpergeruch zu analysieren.»
    «Wie bitte?» Ihre Sinne waren alarmiert.
    Lupus nahm die Strickmütze vom Kopf und strich durch sein dünnes Haar. «Er riecht seltsam.»
    Deshalb hatte er also seinen Kopf wie ein Narr in den Glaskasten gesteckt. «Wie meinst du das?»
    «Ein wenig nach Mensch, aber eher auf eine muffige Art wie ein Stoffmantel, der eine Ewigkeit zusammen mit Mottenkugeln auf dem Dachboden gelegen hat, und sogar ein wenig erdig wie ein Werwolf, allerdings fehlt die Wildheit.»
    Lupus musste sich täuschen. «Werwölfe sind niemals zahm!»
    «Ich kann es nicht beschreiben. Der Junge riecht nach allem und trotzdem nach nichts Konkretem.»
    «Ist er vielleicht der Werwolf, den wir suchen?» Wegen ihm waren sie schließlich gekommen.
    Lupus schüttelte den Kopf. «Er ist ganz bestimmt kein Werwolf.»
    «Könnte er ein anderer Lykanthrop sein? Ein Kojote oder ...»
    «Nein, nein, ganz bestimmt nicht. Wir wissen ja nicht einmal, ob andere Gestaltwandler existieren.»
    «Dann klebt wahrscheinlich nur der Geruch des Werwolfes an ihm, der sich während der Show exhibiert.»
    «Oder dazu gezwungen wird», gab er zu Bedenken. «Nein, der Geruch geht von Adamo selbst aus.»
    «Jedenfalls riecht er fremdartig und das ist nicht gut, denn es bestätigt unseren Verdacht, dass mit den Illusionisten etwas nicht stimmt», murrte sie.
    Nanouk fragte sich, ob Lupus’ Krankheit langsam Einfluss auf seinen Geruchssinn nahm und ärgerte sich, nicht selbst ihre Nase in den Glaskasten gesteckt zu haben. Bevor er zum Werwolf wurde, war er ein Vertrauter und der Arzt des Rudels gewesen. Als er plötzlich erkrankte, war Nanouk es, die ihn infizierte, damit er seine Frau, die er über alles liebte, nicht allein lassen musste. Claw war damals nicht hundertprozentig damit einverstanden gewesen, weil er keine Armee aus lebenden Toten haben wollte – Menschen, die nur gebissen wurden, um sie vor dem Ableben zu bewahren. Aber damals war Nanouk ebenfalls verliebt gewesen. Auch sie selbst hatte sich aus Liebe für
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