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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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Art. Wir präsentieren Ihnen Illusionen, die ihren Zauber nie verloren haben. Sie haben nichts mit den übertriebenen Las-Vegas-Spektakeln der heutigen Showmagier gemein, die eher Egotrips gleichen, bei denen der Zauberer wichtiger zu sein scheint als die Kunst. Vielmehr sehen wir uns als Botschafter altehrwürdiger Illusionen. Wir besinnen uns auf die Anfänge der Zauberkunst. Fühlen Sie sich herzlich eingeladen, uns in die Vergangenheit zu folgen. Lassen Sie sich bezaubern von den magischen Wundern, die wir Ihnen demütig präsentieren werden. Wir sind die Verführer der Nacht und wir haben es auf Sie abgesehen! Heute Nacht werden wir Ihnen gleich zwei Höhepunkte schenken.» Erneut verneigte er sich tief.
    Während Lupus sich köstlich über schwebende Gegenstände, zwei weiße Kaninchen, die aus einem Hut gezaubert wurden, und eine zersägte Jungfrau amüsierte, waren Nanouks Instinkte die ganze Zeit vollkommen angespannt. Sie konzentrierte sich mehr auf die Umgebung als auf die Show.
    «Wiss’n Sie, was Radim mit den Höhepunkten meinte?» Matt Jerkins grinste anzüglich.
    Nanouk bemühte sich, sein dummes Geschwätz zu ignorieren.
    «Angeblich soll sich ein Junge in einen Wolf verwandeln», ungeniert zog er die Nase hoch, «vor den Augen des Publikums. Was halten Sie davon, Ma’am?»
    «Schwachsinn», prustete sie, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, aber ihre Nackenhaare stellten sich auf. Da Jerkins nicht an Lupus herankam, hatte er wohl entschieden, ihr während der Vorstellung auf die Nerven zu gehen.
    Er kratzte sich mit dem Kugelschreiber am fettigen Ansatz seiner Haare, die dringend geschnitten werden mussten. «Das sehe ich anders. Haben Sie den Jungen geseh’n, der die Eintrittskarten verkauft?»
    Da sie nicht antwortete, sprach er weiter: «Der Bursche ist mit einer Hasenscharte verflucht.»
    «Wollen Sie sich etwa über ihn lustig machen?», knurrte sie ihn leise an.
    «Iwo, er tut mir leid. Aber ich habe auch Angst vor ihm.» Das klang wenig überzeugend.
    «Machen Sie sich nicht lächerlich.»
    «Wissen Sie nich’, wie die Alten eine Gaumen-Lippenspalte nennen?» Er machte eine Pause, um die Dramatik zu erhöhen. «Wolfsrachen.»
    Nanouks Wölfin wurde unruhig, denn was Jerkins da sagte, gefiel ihr gar nicht, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zusammenhang bestand, gering war. Der kleine Rufus war mit einem Feuermal im Gesicht gezeichnet, das man allgemein auch Kainsmal nannte, doch Nanouk war nie einem Menschen oder einem Werwolf mit einem reineren Herzen begegnet.
    Auf der Bühne nahm gerade eine Matrone in einer violetten Robe auf einem Thron Platz. Radim stellte Pani Miljena als Medium vor und legte ihr eine Schlafmaske an. Das erste Mal während der Mitternachtsshow wurden die Zuschauer mit einbezogen. Die Frau mit der Alabasterhaut und dem schwarzen Dutt, die angeblich Mentalmagie beherrschte, war in der Lage, Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Sie konnte sogar Gegenstände, die die Zuschauer hochhielten, benennen. Jedes Mal ging ein Raunen durch die Reihen, doch der Trick war einfach zu durchschauen. Radim, der zwischen der Zuhörerschaft und der Matrone vermittelte, musste ihr durch Codewörter Hinweise geben und die Befragung lenken. Wahrscheinlich hatte sogar ihre Maske Löcher.
    Jerkins schien nicht zu interessieren, was auf dem Podest vor sich ging. Es machte ihm mehr Spaß, Nanouk auf den Zahn zu fühlen. «Aber das sind nur zwei von drei Auffälligkeiten.»
    Sie reagierte nicht, auch wenn es ihr inzwischen schwer fiel, denn am liebsten hätte ihre Wölfin sich auf ihn gestürzt und ihm ihre Zähne in die Kehle geschlagen, ohne richtig zuzubeißen – nur zur Warnung, damit er endlich schwieg.
    Konspirativ neigte er sich zu ihr und flüsterte. «Scheiße, wir könnten gleich einen Mörder sehen.»
    «Wie meinen Sie das?» Mist! Jetzt hatte er sie doch an der Angel.
    «Les’n Sie keine Zeitung?», fragte er und schaute sie gespielt vorwurfsvoll von oben bis unten an. «Es wurden zwei Leichen gefunden. Böse Sache. Die erste tauchte ein paar Tage nach Wiedereröffnung des Theaters auf.»
    «Zufall», sagte sie kaltschnäuzig.
    «Mag sein, aber an den Hälsen der Opfer wurd’n jeweils zwei Einstichlöcher gefund’n.» Er lächelte verschwörerisch, ballte seine rechte Hand zur Faust, streckte Zeige- und Mittelfinger ab und knickte sie ein, um Zähne zu imitieren. «Wie Reißzähne sie hinterlassen.»
    «Reißzähne sitzen im Wolfsgebiss hinten und sind nicht spitz
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