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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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seiner Kamera, bis ihm einfiel, dass der Manager Jarek sie ihm abgenommen hatte. Missmutig stach er mit dem Stift auf den Block ein.
    «Das Tier in ihm ist wild, aber ich beherrsche es», fuhr Radim selbstgefällig fort. «Trotzdem gibt es einige Verhaltensregeln, die ich bitte einzuhalten. Bleiben Sie unter allen Umständen auf Ihren Plätzen sitzen. Werfen Sie nichts auf die Bühne. Und den Zuschauer in der ersten Reihe möchte ich von dem Versuch abraten, die Hand nach dem Wolf auszustrecken, um ihn zu streicheln.»
    Einen Moment lang fürchtete Nanouk, dass Pavel tatsächlich vor den Augen der Zuschauer die Gestalt wandeln würde, aber dann ging der dackelgesichtige Mann hinter den Paravent und sie atmete erleichtert aus.
    «Da haben Sie es, die vermeintliche Gestaltwandlung findet versteckt statt», sagte sie leise zu Jerkins. «Es ist alles nur ein Bluff.»
    Der Reporter murrte. «Das werden wir noch seh’n. Ich muss das prüfen. Die Bewohner von Anchorage haben ein Recht zu erfahr’n, ob ein verfluchter Werwolf unter ihnen lebt.»
    Leise Musik ertönte aus zwei Lautsprechern, die rechts und links von der Bühne an den holzvertäfelten Wänden angebracht waren. Das Stück bestand nur aus Streichern und mystischen Choralgesängen. Nanouk bekam eine Gänsehaut. Sie schnupperte unauffällig, doch anstatt Pavels Geruch zu wittern, roch sie nur Lemonengras, Lavendel und den Schweiß der Zuschauer, denn die Hitze im Saal war mörderisch.
    Als Pavel sich hinter der Papierwand krümmte, ballte Nanouk ihre Hände so fest zusammen, dass sich ihre Fingernägel in ihre Handballen bohrten. Aber sie spürte keinen Schmerz, denn Adrenalin rauschte durch ihre Adern. Sie konnte sich nur schwer davon abhalten, aufzuspringen und nach vorne zu laufen. Lupus sagte etwas zu ihr, aber sie verstand es nicht, weil sie sich vollkommen auf das Geschehen auf dem Podest konzentrierte. Sie nahm nur den Klang seiner Stimme wahr, die beruhigend auf sie einredete.
    Pavels Körper wurde von Krämpfen durchgeschüttelt. Aus der Entfernung war schwer festzustellen, ob er allen nur etwas vorspielte oder nicht. Er stöhnte, als würde er sich quälen, doch zwischen die menschlichen Wehlaute schoben sich immer öfter tierische, die echt klangen.
    Plötzlich streckte Pavel seine Hände nach oben. Breitbeinig stand er dort und wirkte, als würde er den Herrn im Himmel um Beistand anflehen. Nanouk hob kritisch eine Augenbraue. Das war zu theatralisch, um real zu sein. Kaum hatte sie sich entspannt, heulte Pavel wie ein Wolf. Ihm wuchsen Krallen. Ein Aufschrei ging durch das Publikum. Jerkins sprang auf, setzte sich jedoch sofort wieder hin, weil die Zuschauer hinter ihm nichts mehr sehen konnten und schimpften.
    «Meine Kamera, verdammt, ich brauche meine Kamera», zeterte er, wagte aber nicht, sich auf die Suche nach Jarek zu machen, weil er dadurch das Spektakel verpasst hätte.
    Pavel fiel zu Boden. Konvulsionen ließen seinen Körper erbeben. Das Knacken von Knochen war zu hören. Nanouk schaute zu den Lautsprechern hoch und fragte sich, ob die Geräusche in das Musikstück eingeflochten worden waren. Illusionisten arbeiteten mit allerlei Tricks. Sie waren Meister der Täuschung und blendeten alle fünf Sinne gleichzeitig, um Magie vorzugaukeln.
    Die Zuschauer waren außer sich. Sie rutschten auf ihren Stühlen herum. Eine Frau lief kreidebleich aus dem Saal, gefolgt von ihrem Mann. Einige Besucher hielten die Luft an, die Augen entsetzt aufgerissen, andere wiederum schrien ihre Fassungslosigkeit heraus.
    «Grauenvoll!»
    «Bereitet seinen Qualen ein Ende.»
    «Das ist ja widerlich.»
    «Er ist eine Bestie!»
    Nanouk schaute Lupus an. In seinem Blick lag eine tiefe Traurigkeit. Ihr selbst versetzten die Reaktionen einen Stich ins Herz und sie schwor sich, alles dafür zu tun, dass die Existenz der Werwölfe geheim blieb!
    Als würde ihm seine Kleidung auf einmal wie Säure auf der Haut brennen, riss Pavel sie sich vom Leib und stand unter großer Anstrengung auf. Er stützte sich auf den Knien ab und japste nach Luft.
    «Ha!» Sie wandte sich an Jerkins und nahm mit Genugtuung wahr, dass ihr Ausruf ihn erschreckt hatte. «Pavel hat seine Utensilien vom Boden aufgehoben, als er zu Boden ging. Das ist das ganze Geheimnis. Alles nur fauler Zauber. Nichts weiter als Hokuspokus.»
    Der Reporter ließ Block und Stift fallen und zeigte mit zitternder Hand zu Bühne. «Ach ja? Und wie erklären Sie sich das?»
    Instinktiv kamen Nanouks Krallen zum
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