Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Almuric

Titel: Almuric
Autoren: Robert E. Howard
Vom Netzwerk:
Mensch hat um der Entwicklung seines Intellekts willen vielleicht mehr aufgegeben, als er gewonnen hat. Auf jeden Fall aber hat die Zivilisation eine Lebensweise unmöglich gemacht, die der Mensch für Jahrzehntausende gewohnt war: die des wilden, frei umherstreifenden Jägers, der das Leben voll auskostet, weil er sich jeden neuen Tag erkämpfen muss, weil das Weiterleben für ihn nie eine Selbstverständlichkeit ist. Wenn jeder Augenblick der letzte sein kann, nur dann lebt man wirklich! Und ich hatte zuviel damit zu tun, für meine Nahrung zu sorgen und meine Haut heil in den nächsten Tag hinüberzuretten, als dass ich mich jemals hätte langweilen können. Für kompliziertere Charaktere, als ich es bin, ist ein solches Leben wahrscheinlich grässlich primitiv – ich fand es herrlich primitiv.
    Mein ganzes bisheriges Leben hatte ich meine Instinkte unterdrücken, meine Kräfte zügeln müssen. Jetzt endlich konnte ich mich mit allen meinen Fähigkeiten in den Kampf ums Dasein stürzen. Ich war frei!
    Auf allen meinen Wanderungen – und ich war sehr weit gezogen, seit ich das Tal verlassen hatte – war mir kein menschliches Wesen mehr begegnet, und ich hatte auch keinerlei Anzeichen menschlicher Existenz erblickt.
     
    An dem Tag jedoch, da ich endlich das Hügelland verließ und eine weite Grassteppe vor mir sah, bekam ich wieder einen Menschen zu Gesicht, das heißt, einen Angehörigen jener intelligenten Rasse Almurics, die uns am ähnlichsten ist. Durch die verstreuten Felsblöcke am Rande des Graslandes streifend, stieß ich plötzlich auf eine Kampfszene urzeitlicher Gnadenlosigkeit.
    In einer flachen Grasmulde vor mir kämpfte ein Mann, der meinem haarigen Widersacher von damals sehr ähnelte, mit einem Säbelzahn-Leoparden. Einen Augenblick starrte ich fassungslos hin – ich hatte nie gedacht, dass jemand in einem so entsetzlich aussichtslosen und ungleichen Kampf sich auch nur eine Sekunde behaupten könnte.
    Noch hielt das wirbelnde Schwert des Mannes die große Katze von ihrer Beute ab, und das Blut auf dem gefleckten Pelz zeigte, dass die Klinge auch öfters ihr Ziel gefunden hatte. Aber lange würde es nicht mehr dauern – und es gab nur einen möglichen Ausgang.
    Mit dieser Überzeugung sprang ich eilig den flachen Hang hinunter. Ich war diesem Unbekannten nichts schuldig, aber sein Mut und das plötzlich in mir aufkeimende Gefühl des Verwandtseins mit den ›Menschen‹ von Almuric zwangen mich, ihm zu helfen. Lautlos und mit gezogenem Dolch stürzte ich hinzu, und in diesem Augenblick sprang das Raubtier. Dem Mann wurde das Schwert aus der Hand geschleudert, das Gewicht der Bestie warf ihn zu Boden. Fast gleichzeitig stieß ich mit meiner Waffe zu und riss der Katze mit einem gewaltigen Stich den Bauch auf.
    Mit einem entsetzlichen Kreischen ließ sie von ihrem Opfer ab, schlug wild um sich, aber ich war wohlweislich zurückgesprungen. Sterbend wälzte sich das Raubtier im blutigen Gras, in seinen hervorquellenden Eingeweiden – es war ein scheußlicher Anblick, und ich atmete auf, als das Biest noch einmal zuckte und dann still lag.
    Für den Mann hatte ich kaum noch Hoffnung: Die fürchterlichen säbelartigen Zähne des Raubtiers hatten noch im letzten Augenblick seine Kehle zerfetzt.
    Bewegungslos lag er im blutnassen Gras; die Halsschlagader war freigelegt, schien aber nicht verletzt zu sein. Sein Hals, seine Schulter und seine Hüfte waren entsetzlich zugerichtet. Und trotz dieser furchtbaren Verletzungen lebte der Mann nicht nur, er war sogar bei Bewusstsein. Aber noch während er zu mir aufsah, verschleierte sich sein Blick.
    Er würde wohl sehr bald sterben – und ich konnte ihm nicht helfen. Ich fühlte eine seltsame Trauer, als ich so auf ihn hinunterblickte – aber da pfiff plötzlich etwas scharf an meinem Ohr vorbei und schlug dumpf in den Hang hinter mir. Ein langer Pfeil hatte sich in die Erde gebohrt, das gefiederte Ende zitterte noch. Ein wütender Schrei ertönte, ich fuhr herum und erblickte ein gutes Dutzend der haarigen Männer, die mit empörten Rufen auf mich zurannten und dabei neue Pfeile auf ihre Bogen legten.
    Ich hatte wenig Lust, auf sie zu warten. Zornig über dieses offensichtliche Missverständnis zog ich mich eilends zwischen die Felsen zurück. Zahlreiche Pfeile pfiffen mir nach. Auf Almuric waren offenbar Menschen wie Tiere gleichermaßen gefährlich, und so lief ich weiter, über die Felsen hinaus, am Rande der Ebene entlang. Niemand folgte mir.
    Erst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher