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Raven (Shadow Force) (German Edition)

Raven (Shadow Force) (German Edition)

Titel: Raven (Shadow Force) (German Edition)
Autoren: Andrea Mertz
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Prolog
     
    Lieutenant Colonel Frank Morgan , genannt Eagle , saß auf dem Rücksitz des staubigen Militärjeeps und hielt die Augen geschlossen. Die Sonne war bereits untergegangen und das makellose Azur des Himmels war nachtschwarz eingefärbt. Der Mond hatte sich zu einer fahlen, dünnen Sichel reduziert und wurde von unzähligen Sternen umrandet, die auf den Konvoi hernieder funkelten. Man hätte das Szenario romantisch nennen können, wären sie nicht im Kriegseinsatz und vollkommen übermüdet gewesen. Während sie tagsüber mächtig geschwitzt hatten, breitete sich nun eine unangenehme Kälte über der kargen Wüstenlandschaft aus, die sie in südlicher Richtung durchfuhren. Die Fahrt war holprig und die einfache Staubpiste mit Schlaglöchern übersät und Steinen gespickt. Frank war zu lethargisch, um die harten Stöße und Erschütterungen in seinem Rücken als störend wahrzunehmen. Er wollte lediglich ankommen und schlafen. Ihr Ziel war allerdings mehrere Stunden entfernt und die Jeeps kamen quälend langsam voran. Das Team und er hatten tagelange Kämpfe hinter sich und viel zu wenig geschlafen. Der Erfolg ihrer geheimen Mission war bis jetzt, bescheiden formuliert, minimal bis mäßig. Die libyschen Regierungstruppen hatten zu seinem Verdruss einen ersten Angriff auf Gaddafis Heimatstadt Sirte abwehren können. Mit Raketen und Panzergranaten hatten sie die vorrückenden Rebellen in die Flucht geschlagen, bevor diese eigene Raketenwerfer in Stellung bringen konnten. Unter dem Schutz von NATO-Kampfflugzeugen und mit Unterstützung von Frank und weiterer Agenten der Shadow Force hatten die Kampfverbände der Opposition zuvor die in den vergangenen Wochen verlorenen Gebiete zurückerobert. Sirte wurde von den Mitgliedern des Gaddafi-Stamms dominiert und diente dem Machthaber als eine Art zweite Hauptstadt. Die Eroberung von Sirte hatte für die Opposition eine hohe symbolische Bedeutung. Sie würde außerdem den Weg nach Tripolis frei machen. Dazu hatten die Rebellen Informationen erhalten, dass Gaddafi sich ganz in der Nähe verstecken sollte. Je früher der direkte Zugriff auf ihn erfolgen würde, desto eher würde dieser blutige Spuk vorbei sein.
    „Das ist die letzte Verteidigungslinie. Sie werden alles tun, um sie zu halten“, hatte der federführende Rebellenkämpfer Twate Monsuri gesagt. „Gaddafi greift uns nicht an, er verteidigt sich jetzt.“
    Bis jetzt tat er das verdammt gut. Frank knurrte innerlich. Es hatte viele Opfer unter den Rebellen und Zivilisten gegeben. Dazu gab es zahlreiche Verletzte. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass sich die Kämpfe monatelang und blutig hinziehen würden. Die bequemen Sesselpupser im fernen Europa stellten sich alles einfach vor. Kein Wunder, die Drecksarbeit machten andere und mussten ihre Köpfe für politische Schachzüge, wirtschaftliche Spekulationen und dadurch bedingte Verzögerungen hinhalten. Der Oberkommandierende der NATO in Europa US-Admiral James Stavridis hatte erklärt, er halte angesichts des internationalen Drucks einen freiwilligen Rücktritt Gaddafis für möglich. Wenn die USA und ihre Partner sämtliche Machtmittel bündelten, bestünde mehr als eine begründete Hoffnung, dass Gaddafi gehe. Frank glaubte nicht daran. Gaddafi war ein wilder Wüstensohn, nach seiner Ansicht vollkommen übergeschnappt und größenwahnsinnig. Ein Narziss wie er würde sich niemals ergeben. Dazu hatte er viele Anhänger, die für ihn durchs Feuer und in den Tod gehen würden. Vielleicht suchte Gaddafi sogar den Tod, um als potenzieller Märtyrer in Erinnerung zu bleiben und als Lichtgestalt aufzusteigen. Aber auch Märtyrer zerfielen irgendwann zu Staub und sie verblassten in den Köpfen der Menschen. Wie auch immer, die Ratten verließen bereits das sinkende Schiff. Außenminister Mussa Kussa war nach Tunesien geflohen. Der Minister war der amtlichen tunesischen Nachrichtenagentur TAP zufolge am späten Montagabend überraschend zu einem als privat deklarierten Besuch im Nachbarland eingetroffen. So nannte man heutzutage die feige Flucht der Menschen, die diesen ganzen Müll mit verzapft hatten. Frank machte sich nichts vor. Pack schlug sich und Pack vertrug sich, besonders wenn dieser Burgfrieden vergoldet war. Öl, Geld und Gold hatte das Regime gehortet wie Frauen ihre Schuhe. Unwillkürlich musste er an seine kleine Schwester Lianne denken, die in Begeisterungsstürme geriet, sobald sie ein Schuhgeschäft betrat. Er hoffte, bald wieder bei ihr in
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