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Alles, was ich will, bist du

Alles, was ich will, bist du

Titel: Alles, was ich will, bist du
Autoren: Abby Green
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auf das Pflaster unten auf der Straße. „Daher komme ich.“ Seine Stimme klang gepresst. „Genau wie du.“
    Plötzlich machte alles Sinn. „Genau wie ich?“, fragte sie atemlos. „Du meinst doch nicht etwa, dass du …“ Sie brach ab.
    Seine Augen schimmerten dunkel. „Dass ich auf der Straße groß geworden bin? Im übelsten Teil der Stadt ums Überleben gekämpft habe? Ganz genau das meine ich.“
    Er sah zur Seite und fluchte wüst auf Italienisch. Erst jetzt fiel Gracie auf, dass sie ihn zum ersten Mal in seiner Muttersprache reden hörte.
    „Ich will nicht länger darüber sprechen“, sagte er schließlich.
    „Warum nicht?“, fragte sie. Ich werde nicht mehr lange hier sein, wollte sie ergänzen, aber es tat zu weh.
    Rocco starrte in den dunklen Park, als wären dort Antworten verborgen. Dann begann er leise zu reden. Er erzählte Gracie, wie er in einer der ärmsten Städte Italiens aufgewachsen war, er erzählte von seiner Mutter, einer Edelprostituierten – so hatte sie seinen Vater kennengelernt, einen der reichsten Männer der Stadt.
    „Meine Mutter hat jeden Cent für ihren steigenden Drogenkonsum ausgegeben. Sie hatte meinen Vater ganz bewusst ausgewählt, um sich durch mich eine Zukunft zu schaffen. Sie war sogar schlau genug, einige Haare von ihm zu sammeln, damit sie sofort nach meiner Geburt einen Vaterschaftstest machen lassen konnte. Aber mein Vater wollte nichts von mir wissen. Er hatte zwei Töchter, und außerdem war er größenwahnsinnig. Ein Sohn passte nicht in seine Welt. Erst recht kein Sohn von einer Prostituierten.“
    Gracie sah, wie er seine Hände zu Fäusten ballte.
    „Du kannst dir nicht einmal vorstellen, wie ich gelebt habe. Der ständige Lärm, auf den Straßen die Kämpfe von rivalisierenden Gangsterbanden, Schlägereien, Morde und Drogenhandel fanden überall statt, Tag und Nacht. Eine Zeit lang musste ich für eine Gang Schmiere stehen.“ Er verzog bitter den Mund. „Die Polizei brauchten wir gar nicht erst zu rufen, sie wäre sowieso nie gekommen. Genauso wenig wie das Jugendamt oder das Sozialamt. Solange ich denken kann, habe ich diese allgegenwärtige Brutalität gehasst. Ich habe jeden Tag mit angesehen, wie Chaos und Zerstörung über Vernunft gesiegt haben. Meine Mutter ist von einer leidenschaftlichen, zerstörerischen Affäre in die nächste gerutscht, während ich mich nur nach einer anderen Welt gesehnt habe – einer Welt ohne Chaos und Drama und ständiger Gefahr.“
    Gracie konnte kaum atmen. „Was ist aus deiner Mutter geworden?“, brachte sie heraus.
    „Als ich siebzehn war, habe ich sie tot mit einer Nadel im Arm gefunden.“
    Gracie legte eine Hand auf seinen Arm. „Oh, Rocco …“
    Er schüttelte ihre Hand ab und funkelte sie an. „Ich erzähle dir das nicht, damit du mich bemitleidest. Ich brauche kein Mitleid. Ich habe es nie gebraucht. Sie hat mich nicht geliebt, dazu war sie viel zu verliebt in ihren nächsten Schuss oder einen reichen Gönner.“
    Gracie schluckte den Kloß in ihrer Kehle herunter. „Es tut mir leid.“
    Er wandte sich ab, und sie schlang ihre Arme um sich, als wollte sie sich festhalten.
    „Eines Tages habe ich meinen Vater vor seinem Palazzo angesprochen und ihm gesagt, dass ich sein Sohn bin. Ich wusste, wo er lebt. Meine Mutter hatte mir oft genug sein Haus gezeigt. Er hat mich angespuckt, auf den Boden geworfen und ist über mich hinweg gestiegen, als wäre ich ein Stück Dreck. Meine beiden Halbschwestern waren bei ihm. Obwohl sie gehört haben, wie ich ihn Vater genannt habe, haben sie mich nicht einmal angesehen. Ich habe sie so um ihre Sicherheit beneidet, um ihren Reichtum, der sie vor allem beschützt hat.“
    Bei seinem Lächeln wurde Gracie eiskalt.
    „Kaum waren sie außer Sicht, haben mich seine Leute so zusammengeschlagen, dass ich im Krankenhaus gelandet bin. Er muss ihnen ein Zeichen gegeben haben. Es sollte eine Warnung sein. Ich habe nie mehr versucht, ihn wiederzusehen. Damals habe ich mir geschworen, dass ich trotz allem meinen Platz in dieser Welt erobern und ihm dann noch einmal in die Augen sehen würde.“
    Er hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass seine Wangenmuskeln hervortraten. In dem schwachen Licht sah sie die helle Narbe auf seiner Wange. Sie konnte sich dieses letzte Treffen von Vater und Sohn ganz genau vorstellen.
    Sie sehnte sich danach, Rocco zu berühren, um seinen Schmerz zu lindern. Aber er war wie ein wildes, verletztes Tier. „Die Narbe auf deiner Schulter
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